Macht Jens Weidmann den Weber?
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Heute wurde an den Märkten ein Gerücht herumgereicht, das den Euro kurzzeitig deutlich unter Druck brachte: „Jens Weidmann will zurücktreten“.
Die Bundesbank beeilte sich, ein Dementi heraus zu schicken. Natürlich sei an diesem Geschwätz nichts dran.Tatsächlich wäre es aber nicht verwunderlich, wenn Weidmann selber diese Gerüchte streuen würde. Mit seiner völlig isolierten Position im EZB-Rat kann der Zentralbank-Falke nicht glücklich sein. Seine kritischen Reden, die den Finger immer wieder sehr schmerzhaft in die offenen Wunden legen, mögen intellektuell ansprechend und inhaltlich korrekt sein – aber sie erreichen nichts. Das muss einen Menschen wie Weidmann frustrieren, der nicht nur dozieren, sondern gestalten will. Sein Vorgänger Axel Weber ist an der Thematik schon zerbrochen und gab den Chefposten auf, weil seine Kritik an den Anleihekäufen der EZB zwar gehört, aber offensiv ignoriert wurde. Die EZB-Politik ist seitdem noch mal um mehrere Potenzen gelockert worden, inzwischen ist das unlimitierte Aufkaufen von Bonds quasi bereits betriebliche Übung. Die Differenzen in der Vorgehensweise zwischen der US-amerikanischen Fed und EZB sind schon stark nivelliert worden. Mario Draghi hat als EZB-Chef die in ihn gesteckten Erwartungen (bzw. Befürchtungen) erfüllt.
Am meisten gezittert hat heute wahrscheinlich Angela Merkel. Die Kanzlerin hält nicht nur sehr viel von Weidmann, sie weiß auch, dass Sie als potenzielle Nachfolger nur noch Tauben finden wird. Wenn Weber UND Weidmann mit ihrem Ansatz des Primats der Wahrung der Preisstabilität gescheitert sind, wer soll sich dann überhaupt noch zutrauen, glaubwürdig und vor allem wirksam eine harte Linie im EZB-Rat zu fahren?
Auf der anderen Seite steht natürlich eine ganze Armee von Politikern und Notenbankern, die den Tag gar nicht erwarten können, an dem der Spielverderber Weidmann abtritt. Sie wollen am liebsten der EZB eine neue, aggressive Rolle geben und das Mandat entsprechend erweitern.
Jens, bitte bleib!
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