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14:27 Uhr, 18.11.2007

Lukoil: Der Tanz des Bären

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Der russische Bär tanzt wieder. Die riesigen Öl- und Gasbestände des Riesenreiches machen es möglich. Sie füllen die Kassen Putins und der ihm nahe stehenden Energiekonzerne. Wer sich an dem Tanz beteiligen will, sollte sich Lukoil (WKN: 899954 ISIN: US6778621044) anschauen. Das ist Russlands größter Energiekonzern und zugleich der der sechstgrößte börsennotierte Ölkonzern der Welt. Lukoil ist außerdem der erste Ölkonzern in Russland, der vertikal integriert ist. Das bedeutet, Lukoil verfügte über die ganze Pipeline des Ölgeschäfts von den Quellen, über die Raffinerien bis hin zu den Tankstellen.

Lukoil, dessen Hauptquartier in Moskau steht, fördert pro Tag fast zwei Millionen Barrel Öl und Gas. Der Konzern verfügt über ein Öläquivalent von 20,1 Milliarden Barrel. Damit liegt er weltweit auf Platz zwei nach ExxonMobil und vor BP. Bei den Rohölreserven übertrifft der russische Energieriese alle anderen an der Börse gehandelten Unternehmen der Welt. Sie betragen 16 Milliarden Barrel. Das sind 0,4 Prozent der weltweiten Ölreserven.

Erben der Sowjets

Der Lukoil-Konzern ist allerdings wenig mit westlichen Konzernen vergleichbar. Das liegt an der politischen Struktur Russlands. Dort sind die Machtverhältnisse der angeblich untergegangenen Sowjetunion noch immer am Leben. Lukoil gehört mehrheitlich seinen russischen Managern. Der US-Ölkonzern ConocoPhillips hält allerdings20 Prozent der Anteile. Nach Angaben von Moskauer Medien hält der russische Milliardär und Ex-Ölminister des Sowjetunion Wagit Alekperow einen Anteil von 13 Prozent. Der Konzern befindet sich also im Einflussbereich Putins und der ihm verbundenden Ex-Sowjets und ist Teil deren Strategie. Daher gibt es kaum neutrale Informationen zu dem russischen Konzern.

Die Aktie (Marktkapialisierung rund 50 Milliarden Euro) wird außerhalb Russlands auch in London und in den USA, dort aber nur in einem sehr abgelegenen Freiverkehr der Nasdaq (Pink Sheet) gehandelt. Die Amerikaner - abgesehen von den Managern bei ConocoPhillips - können anscheinden mit dem politisch bedingt undurchsichtigen Firmengebilde wenig anfangen. Der umsatzstärkste Auslandsmarkt des russischen Papiers ist Deutschland.

Im Reich des roten Zaren
Wer in Russland investiert, sollte sich auch auf die ot herrschende Politik einstellen. Das von Putin und seinen Freunden regierte Imperium ist eine Mischung aus Zarenreich und Sowjetunion. Von Demokratie keine Spur. Unliebsame Manager fliegen hinter Gitter, falls man sie am Leben lässt. Herbeigezogene Vorwürfe, wie etwas Steuerhinterziehung oder Amtsmissbrauch, lassen sich beliebig konstruieren, um unliebsame Personen aus dem weg zu räumen. Die Aktie hat also nichts mit Marktwirtschaft zu tun, sondern ist ein Spielball der Oligarchien, also einem Klüngel mächtiger politisch vernetzter Personen.

Tribut an Putin

Trotz explodierender Ölpreise - seit Jahresanfang hat sich der Energieträger um mehr als 50 Prozent verteuert - brachten es die Russen es fertig, in diesem Jahr bislang einen Gewinnrückgang auszuweisen. In der ersten Jahreshälfte 2007 fiel der Nettogewinn gegenüber dem Vorjahr um 4,8 Prozent auf 3,816 Milliarden Dollar. Der Gewinn je Aktie ging im selben Zeitraum um 5,2 Prozent auf 4,59 Dollar zurück. Der Umsatz war allerdings im ersten Halbjahr 2007 um 7,5 Prozent auf 35,932 Milliarden Dollar geklettert. Für die Diskrepanz macht der Konzern einen überproportionalen Anstieg der Betriebskosten verantwortlich.Diese operativen Kosten stiegen um 30,5 Prozent auf 2,914 Milliarden. Noch stärker zehren aber die exorbitanten russischen Steuern am Gewinn: Die Steuern (einschließlich des sogenannten Exportzolls) kletterten um 9,5 Prozent auf 10.712 Milliarden Dollar. Das bedeutet ungefähr ein Drittel der Umsätze fliessen als Abgaben an den russischen Staat.

Wohlwollende Investmentbanken

Die internationalen Investmentbanken beurteilen die Aktie allerdings wohlwollend. Schließlich wollen die Finanzkonzerne weiterhin mit Russland Geschäfte mache. Die UBS und Merrill Lynch empfehlen „Kaufen“, JP Morgan rät „Übergewichten“

Energieflop des Jahres

Die Aktie hat in diesem Jahr jedoch die Preisexplosion völlig verpasst. Die Aktie lief nicht prima - wie etwa die US-Energieriesen ExxonMobil oder Chevron - sondern dümpelt heute tief unter dem Vorjahresstand. Damit ist Lukoil der Flop des Jahres unter den Energie-Titeln. Anscheinende misstraut der Aktienmarkt der Willkür des russischen Staates. Putin und sein Gefolge brauchen sehr viel Geld, um ihre Macht auszuweiten. Der Traum von der Wiederaufstehung des Zarenreichs oder der grossartigen Sowjetunion, kostet viel Geld. Für den Traum einer Rückkehr zur Weltmacht werden - etwa mit Hilfe der russischen Exportsteuer auf Öl - die Kassen von Lukoil geplündert. Der Tanz mit dem russischen Bären ist eben gefährlich.

Wichtige Termine:
Januar 2008: Zahlen drittes Quartal 2007

Zusammenfassung:

Lukoil ist Russlands größter Energiekonzern und zugleich der sechstgrößte börsennotierte Ölkonzern der Welt. Der Konzern fördert pro Tag fast zwei Millionen Barrel Öl und Gas und verfügt über ein Öläquivalent von 20,1 Milliarden Barrel. Bei den Rohölreserven übertrifft Lukoil alle anderen an der Börse gehandelten Unternehmen der Welt. Der Konzern ist aber stark von der russischen Poltitik abhängig, die wenig mit westlichen Demokratien gemein hat. In der ersten Jahreshälfte 2007 fiel der Gewinn wegen steigender Betriebskosten und Steuern.

Zusatzinfo: Auf Anordnung des Ministerrates

Am 25. November 1991 wurde auf Anordnung des Ministerrates der Sowjetunion der staatliche Ölkonzern LangepasUraiKogalymneft (LUKOIL) aus mehreren kleineren Erdölförder- und -verarbeitungsbetrieben geschaffen. Benannt wurde er nach den drei westsibirischen Städten Langepas, Urai und Kogalym, in deren Gebiet die drei damaligen Haupt- und auch heute noch wichtigen Fördergebiete des Konzerns lagen. 1993 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unter dem nunmehr alleinigen Namen Lukoil und im Folgejahr begann die Privatisierung.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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