Lindner: Zinssenkung hat positiven Konjunktureffekt in nächsten Monaten
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) rechnet nach der Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) mit einer günstigeren Konjunkturentwicklung in Deutschland. "Die Europäische Zentralbank hat gestern die Zinswende eingeleitet, auch wegen unserer stabilitätsorientierten Fiskalpolitik, zumal in Deutschland", sagte Lindner beim Tag des Familienunternehmens in Berlin. "Die Schuldenbremse hat sich als eine Inflationsbremse bewährt und damit überhaupt erst möglich gemacht, dass die Zinsen sinken, was einen positiven Effekt auf die Konjunktur in den nächsten Monaten haben wird." Die Schuldenbremse sei nicht nur ein Gebot der Verfassung, sondern "auch ein Gebot der ökonomischen Klugheit".
Lindner betonte, es gebe derzeit dennoch einen für die deutsche Wirtschaft "zu hohen Zins", was er aber "nicht als Kritik an der Europäischen Zentralbank" sage. Die deutsche Wachstumsschwäche habe allerdings nicht allein mit verteuerten Gaspreisen und der Zinssituation und "auch nicht mit der Ampel" zu tun. "Jetzt ist die Zeit, wo alles unternommen werden muss, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Und es muss alles unterlassen werden, was uns weitere Wettbewerbsfähigkeit kostet", forderte der FDP-Chef. "All das, was wir an sozialen und ökologischen Vorhaben haben, ist nur finanzierbar mit einer starken wirtschaftlichen Entwicklung."
Lindner forderte unter anderem eine "zusätzliche Mobilisierung am Arbeitsmarkt" mit einer Verbesserung der Kinderbetreuung und einer Überprüfung der Anreizstruktur des Bürgergelds, Anreize für eine Vergrößerung des Arbeitszeitvolumens etwa durch die steuerliche Privilegierung von Überstunden und die Auszahlung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung an Beschäftigte, die über die Regelaltersgrenze hinaus arbeiteten. Nötig sei neben Bürokratieabbau auch ein Umsteuern in der Energiepolitik. "Wir haben sehr lange in der Energiepolitik ausschließlich auf das Ziel der Dekarbonisierung geschaut. Ich glaube, wir müssen auch das noch mal revidieren", sagte er. Auch spare etwa ein Wechsel von Strom-Erdleitungen zu Freileitungen "hohe zweistellige Milliarden-Euro-Beträge" an Netzentgelten ein.
In der Steuerpolitik kündigte Lindner ein "Nachschärfen" über das Wachstumschancengesetz hinaus an. "Die steuerliche Forschungszulage wird ausgedehnt auf die Größe, die das europäische Beihilferecht erlaubt", sagte er. Zudem müsse die degressive Afa ausgeweitet und verlängert werden. "Mein Vorschlag 25 Prozent bis mindestens 2027, weil man ja Zeit braucht, um auch Investitionsvorhaben im Betrieb überhaupt einmal zu planen und umzusetzen", sagte er. Zudem machte sich Lindner erneut für eine schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags stark, die er "eine Investition in unsere Wettbewerbsfähigkeit und am langen Ende auch in die besseren Finanzierungsbedingungen dieses Staates" nannte.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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