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20:10 Uhr, 23.01.2024

Lindner: Ziel neuer Kraftwerksstrategie nicht allein Dekarbonisierung

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat auch wettbewerbsfähigere Energiepreise als Ziel einer neuen Kraftwerksstrategie verlangt, über die laut Berichten Gespräche zwischen den Regierungsspitzen geführt werden. "Das Ziel einer neuen Kraftwerksstrategie kann nicht allein die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft sein", betonte er beim Neujahrsempfang des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft in Berlin.

Ein Ziel einer solchen neuen Kraftwerksstrategie müsse es vielmehr sein, "neben dem Klimaschutz und der Versorgungssicherheit auch ein wieder wettbewerbsfähiges Preisniveau anzustreben", sagte der FDP-Vorsitzende. Nachdem man sich in Deutschland über Jahre immer ehrgeizigere Daten gesetzt habe, wann man aus Technologien aussteige, müsse man "jetzt den Blick wenden", forderte er. Man solle nur noch Daten setzen, wenn bereits geklärt sei, wodurch sie ersetzt würden.

In seiner Rede forderte der Finanzminister für dieses Jahr eine "Wirtschaftswende" und stellte dafür besonders einen Abbau von Bürokratie und mehr Investitionen ins Zentrum. "Die Situation der deutschen Wirtschaft kann niemanden zufriedenstellen", sagte er. "Ich glaube, dass Deutschland ein enormes Turnaroundpotenzial hat." Man müsse sich aber die Frage stellen, "warum wir uns selbst eigentlich fortwährend im Weg stehen", und was man tun könne, damit dieses Potenzial tatsächlich zum Tragen komme. Das Wettbewerbspotenzial zu verbessern, sei keine Raketenwissenschaft, betonte der FDP-Vorsitzende.

Es gelte, das Bewusstsein zu stärken, dass alle sozialen und gesellschaftlichen Vorhaben ein stabiles wirtschaftliches Fundament zur Grundlage hätten. "Deshalb brauchen wir eine Wirtschaftswende, wo wir ganz konkret schauen, was kann getan werden", forderte Lindner. Dies beginne mit den Bürokratielasten. So sei "nicht der Zeitpunkt für eine zusätzliche EU-Lieferkettenrichtlinie", die zu enormen bürokratischen Lasten führe. "Auch die nationale Gesetzgebung dazu ist hinsichtlich ihrer Ziele wenig effektiv, aber hat ganz sicher den bürokratischen Aufwand erhöht", kritisierte er. "Ich glaube, dass wir so etwas brauchen wie ein Bürokratiemoratorium." Nötig sei "ein neuer Konsens für öffentliche Investitionen" in die Infrastruktur mit schnelleren Verfahren.

Lindner betonte vor den Vertretern der deutschen Ostwirtschaft auch die weitere Unterstützung der Ukraine, forderte allerdings auch eine stärkere Beteiligung anderer Länder. "Wir sind solidarisch an der Seite der Ukraine", sagte er. "Klar ist allerdings, dass nicht Deutschland allein und auf Dauer die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine aufrechterhalten kann." Es werde dabei nicht nur auf europäische Hilfen ankommen. "Auch andere werden ihre bilateralen Beiträge steigern müssen", forderte er und betonte, es bestehe "die Gefahr der Überdehnung unserer finanziellen Möglichkeiten".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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