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10:42 Uhr, 16.04.2024

Lindner und Nagel wollen Fokus des IWF auf Kernmandat

BERLIN (Dow Jones) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel haben zum 80-jährigen Bestehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) einen Fokus auf dessen Kernmandat angemahnt. "Über die Zeit hat es der IWF immer wieder geschafft, aus Krisen gestärkt hervorzugehen. Selten waren die äußeren Umstände jedoch herausfordernder als heute", schrieben beide in einem Gastkommentar im Handelsblatt. "Ein IWF, der sich auf sein Kernmandat fokussiert, kann das globale Wirtschafts- und Währungssystem am besten stärken."

Der IWF sei "ein Stabilitätsanker im globalen Finanzsystem". Mit den 1944 von den Vereinten Nationen im US-amerikanischen Bretton Woods neu geschaffenen Organisationen IWF und Weltbank sollte die wirtschaftliche Entwicklung durch Zusammenarbeit unterstützt und damit letztlich auch der Frieden in der Welt gefördert werden, betonten Lindner und Nagel. "Diese Ziele haben an Aktualität nicht verloren: Kriege, geopolitische Spannungen und der Klimawandel setzen die internationale Staatengemeinschaft unter Druck - mit erheblichen Auswirkungen auf die globale Stabilität und auf die weltwirtschaftliche Entwicklung, beides Kernbereiche des IWF-Mandats."

Gemäß seiner Kernkompetenz solle der IWF internationalen Handel fördern und dadurch zur wirtschaftlichen Entwicklung in seinen Mitgliedsländern beitragen. Nach seinen Statuten sei er für die Überwachung der Wirtschafts-, Geld- und Wechselkurspolitik sowie der Finanzstabilität verantwortlich und erfülle damit für seine Mitgliedsländer eine wichtige Beraterfunktion. Daneben leiste er technische Hilfe zum Beispiel für den Aufbau effizienter Steuerverwaltungen oder bei der Geldwäschebekämpfung. "Diese Kernkompetenz des IWF muss erhalten bleiben und gegebenenfalls gestärkt werden, damit er auch weiterhin Anker für die Stabilität der Weltwirtschaft sein kann."

   IWF-Hilfen kein Ersatz für Stabilitätspolitik 

Eine weitere Kernaufgabe des IWF sei die Vergabe von Finanzhilfen an Länder mit gravierenden Zahlungsbilanzproblemen. Dabei leiste er nur Hilfe zur Selbsthilfe. Die finanzielle Unterstützung des IWF könne "eine dauerhaft stabilitätsfördernde Wirtschaftspolitik nicht ersetzen", betonten sie. Die Rolle des IWF als Kreditgeber für Länder mit angeschlagenen Finanzen sei immer stärker in den Vordergrund gerückt. Insbesondere Entwicklungsländer erhielten oftmals wiederholt Kredite. "In der Konsequenz hängen die betroffenen Länder allerdings immer mehr am Finanztropf des IWF. Das kann nicht das Ziel sein", warnten Lindner und Nagel.

Auch die Finanzierung einer entwicklungspolitischen Agenda sei "nicht originäre Aufgabe des IWF und sollte eher Institutionen wie der Weltbank überlassen werden". In diesem Zusammenhang seien Bestrebungen, die sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR) für die Entwicklungsfinanzierung zu gebrauchen, "mit Skepsis zu betrachten". Dies könnte die Erwartungen an den IWF schüren, SZR vermehrt auch aus anderen Gründen zuzuteilen. Es bestehe die Gefahr, "dass dem IWF nicht genügend Mittel bereitstehen, um seine Kernaufgaben erfüllen zu können".

Schließlich kümmere sich der IWF seit Kurzem auch darum, den Klimawandel zu bekämpfen. "Hier kann er einen wichtigen Beitrag leisten, wenn er sich auf seine Kernkompetenzen beschränkt", betonten der Finanzminister und der Notenbankchef. Zum Beispiel könne er im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit Auswirkungen des Klimawandels für die Haushaltspolitik seiner Mitgliedsländer analysieren und bewerten. Auch über den jüngst geschaffenen Kreditrahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit könne er seine Mitglieder unterstützen - in enger Abstimmung mit der Weltbank.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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