Kommentar
09:36 Uhr, 31.10.2022

Leitzinsspekulationen bei zweistelligen Inflationsraten

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„Wie gewonnen, so zerronnen“, hieß es am Freitag im europäischen Staatsanleihemarkt. Waren die Renditen am Vortag unter dem Eindruck einer weniger hawkish anmutenden Pressekonferenz der EZB noch stark gefallen, sorgten unerwartet starke BIP-Zahlen und vor allem ein gewaltiger Anstieg der Inflationsraten für eine Kursumkehr an den Rentenmärkten. Die Hauptfrage in dieser Woche lautet: Wird die Fed im Rahmen ihrer allseits erwarteten 75-Bp-Zinsanhebung am Mittwoch eine Verlangsamung ihres Zinsanhebungszyklus in Aussicht stellen? Von der Antwort auf diese Frage dürfte der Großteil der dieswöchigen Kursentwicklungen nicht nur an den Renten-, sondern auch an den Aktien und den Devisenmärkten abhängen.

Vor zehn Tagen noch hatte die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht angedeutet, das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft sei im dritten Quartal zum Erliegen gekommen. Die Mehrzahl der Volkswirte erwartete sogar einen kleinen Rückgang im BIP und damit den Beginn einer mehrere Quartale anhaltenden konjunkturellen Durststrecke. Zur Überraschung aller Beobachter wurde am vergangenen Freitag dann aber ein BIP-Zuwachs von 0,3 % im Vergleich zum Vorquartal vermeldet. Wenngleich noch keine Details zu den Daten vorliegen, so betonte das Statistische Bundesamt doch, es sei vor allem der private Konsum gewesen, welcher die Konjunktur durch den Spätsommer getragen hätte. Das überraschte, war doch der GfK Konsumklimaindex im dritten Quartal von niedrigem Niveau aus auf neue Allzeittiefs gefallen. Die Wachstumszahlen für die gesamte Eurozone werden heute um 11 Uhr veröffentlicht. Wir erwarten ein kleines Plus von 0,1 % ggü. Vq.

Noch größere Verwunderung herrschte allerdings über die Inflationszahlen einiger europäischer Länder für den Monat Oktober. Fast schon routinemäßig lagen diese über den Erwartungen – das Ausmaß des Überschießens sorgte allerdings für Augenrollen. In Deutschland beschleunigte sich der Preisauftrieb nach hiesiger Berechnungsmethode von 10,0 % auf 10,4 %, was drei Zehntel über den Konsenserwartungen lag. Nach Berechnungsmethode Eurostat zog die Inflationsrate sogar von 10,9 % auf 11,6 % an – sieben Zehntel über der Erwartung. In Italien betrug die Abweichung der Zahlen gegenüber der Konsenserwartung sogar fast drei Prozentpunkte, nachdem eine administrativ veranlasste Anhebung der Energiepreise früher und deutlicher auf den Warenkorb durchschlug. Für die heute – ebenfalls um 11 Uhr – anstehende Veröffentlichung der Eurozonen-Inflationszahlen war ursprünglich ein weitgehend unveränderter Anstieg von rund 10 % erwartet worden (nach 9,9 % im September). Nach den Länderdaten dürfte diese Zahl jedoch um einige Zehntel Prozentpunkte höher ausfallen.

Ein abermals stärkerer Preisauftrieb und das (vorläufige) Ausbleiben eines Konjunktureinbruchs konterkariert in gewisser Weise den Eindruck, den wir Marktteilnehmer am Donnerstag von der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank mitgenommen hatten. Im Grundtenor antizipierten die Kommentarspalten nach der Pressekonferenz von Notenbankchefin Christine Lagarde für die Zukunft kleinere Zinsschritte als die zuletzt zwei Mal angekündigten Anhebungen um jeweils 0,75 %. Die nächste Zinsentscheidung steht erst Mitte Dezember an – bis dahin bleibt noch viel Zeit, diese Erwartungen zu justieren.

In dieser Woche steht zunächst mal die Zinsentscheidung der Fed auf dem Kalender. Ähnlich wie bei der EZB gehen die Beobachter davon aus, dass das Straffungstempo nach einer weiteren (der dann vierten) Zinsanhebung um 0,75 % am Mittwochabend auf der nächsten FOMC-Sitzung (ebenfalls Mitte Dezember) gleichfalls auf 0,50 % verringert wird. Bis dahin werden noch jeweils zwei Inflations- und Arbeitsmarktberichte veröffentlicht – auch diese Erwartung könnte also noch einigen Gegenwind erfahren. Entscheidend für die kurze Frist ist sowieso vielmehr, ob Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch bereits Hinweise auf ein möglicherweise verlangsamtes Zinsanhebungstempo geben wird. Dies könnte die Aktienmärkte beflügeln, den US Dollar schwächen – vor allem aber den allerjüngsten Trend zu höheren Renditen abermals umkehren und so für insgesamt etwas entspanntere Finanzierungsbedingungen an den Finanzmärkten sorgen…

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