Kutzers Kommentar : Der Exodus der Aktionäre

Sie sind gewiss keine Überraschung und bestätigen den Trend. Dennoch, die weiter schrumpfenden Aktionärszahlen in Deutschland sollten bei den Verantwortlichen Besorgnis erregen, denn: So darf es im volkswirtschaftlichen Interesse nicht mehr weiter gehen! Die am Dienstag vom DAI vorgelegte Halbjahresstatistik und ihre Einzelergebnisse sind schlicht und einfach verheerend. Man sollte sich folgendes einmal durch den Kopf gehen lassen: Innerhalb weniger Monate verliert die Nation weitere 528 000 Direktaktionäre (-13,1 %) – das sind inzwischen 43 % weniger als beim Höchststand im Jahr 2000! Damit sind wir wieder auf dem Niveau von 1992 angelangt, also einem Zeitpunkt lange der entscheidenden Phase der Aktienrenaissance, die von der Telekom-Platzierung ihren Anfang nahm.

Internationale Finanzkrise und Abgeltungsteuer hinterlassen tiefe Spuren. Da kann auch der Boom bei den Mischfonds als Alternative kein Trost sein. Die Deutschen haben die Nase voll von der Aktie. Die Spekulanten konzentrieren sich zunehmend auf Derivate und Zertifikate oder schwenken auf andere Anlageklassen um (Rohstoffstoffe, Private Equity). Und all zu viele ziehen sich in ihr Spar-Schneckenhaus zurück.

Wir dürfen das nicht einfach hinnehmen. Ausgerechnet im beginnenden Zeitalter der Eigenverantwortung, wenn sich der Staat immer weiter zurück ziehen muss und die Bundesbürger früher denn je zuvor an ihren Vermögensaufbau fürs Alter denken sollten, sorgen schlechte Rahmenbedingungen für einen schleichenden Exodus aus der Aktie – einer langfristig doch so renditestarken Kapitalanlage. Die Politik kann zwar an den Erdbeben der amerikanischen Kreditkrise wenig ändern. Doch wären Nachbesserungen und Korrekturen bei der kommenden Abgeltungsteuer, wichtige Signale pro Aktie. Alle anderen Institutionen sollten über neue Aufklärungsmaßnahmen nachdenken – am Besten fangen die Aktienförderer noch einmal ganz von vorne. Auf Dauer brauchen alle neuen Märkte auch solide alte Märkte. Starten wir also neue Aktionen zugunsten der Aktie!

Herzlichst,

Hermann Kutzer