Kuschen vor der Lobby
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Laut Zeitungsberichten will die Bundesregierung nun doch nicht die Offenlegung der Dax-Vorstandsgehälter per Gesetz erzwingen. Die Lobby der Geheimniskrämer hat vorerst gesiegt. Im Fondsbereich wird derartiges noch nicht einmal diskutiert.
Erst vor wenigen Tagen hatte es die hoffnungsfrohe Nachricht gegeben, dass Volkswagen als erster der drei Automobilwerte im Dax die dementsprechenden Empfehlungen der Corporate-Governance-Kommission beherzigen will. Hingegen sträuben sich die beiden anderen Autokonzerne BMW und DaimlerChrysler weiterhin.
Nun aber meldet die Financial Times Deutschland in ihrer heutigen Ausgabe, dass die Bundesregierung das Einlenken von VW als Signal wertet, dass man auch ohne gesetzlichen Zwang auskommen könnte. Ich denke eher, man hat in Berlin Angst vor der eigenen Courage bekommen. Kein Ruhmesblatt für die Bundesregierung.
Denn bislang veröffentlichen nur neun der 30 Dax-Unternehmen die Vorstandsbezüge, weitere sieben (darunter VW) haben es angekündigt, sechs Firmen sind zumindest generell dazu bereits. Zu den verbleibenden acht Verweigerern zählen laut FTD BASF, Continental (deren Chef Manfred Wennemer doch erst im vergangenen Jahr zum Manager des Jahres von FINANZEN gekürt wurde), Lufthansa, Fresenius, Infineon und MAN.
Als Aktionär der genannten Firmen wäre ich gelinde gesagt verärgert über diese sture Weigerung, sich internationalen Grundregeln der Transparenz anzupassen. Das Wort shareholder value nehmen die Herren immer gerne in den Mund, nur wenn es um konkrete Schritte wie diesen geht, entpuppt sich das Ganze oft als Lippenbekenntnis.
Ist es denn zuviel verlangt, dass ein Anteilsinhaber wissen möchte, ob sich der Vorstand leistungsangemessen bezahlt, oder die Unternehmenskasse eher als Selbstbedienungsladen verstanden wird? Wer ein Problem mit Offenheit hat, kann ja gerne sein Unternehmen von der Börse nehmen. Viele nichtnotierte Firmen sind außerordentlich erfolgreich. Daher müssen etwa die Aldi-Brüder niemandem Rechenschaft ablegen.
In den USA ist man übrigens mittlerweile auch auf Fondsebene im Begriff, mehr Transparenz bei den Managementinformationen zu schaffen. Die zuständige Behörde SEC fordert von den Fondsgesellschaften zukünftig konkrete Angaben zur personellen Struktur des Fondsmanagements (also kein Verstecken mehr hinter dem auch hierzulande so beliebten Begriff "Team"), deren Bezahlung (Struktur der Boni, Optionen, anderer Anreize), Offenlegung der persönlichen Depots hinsichtlich Engagements in eigenen Fonds und anderen Wertpapieren, sowie Angabe anderer Fonds und Mandate, die vom jeweiligen Fondsmanager betreut werden.
Von derartig anlegerfreundlichen Schritten ist in der deutschen Fondsbranche bislang keine Rede. Dabei wäre es für die Fondsparer ungemein aufschlussreich zu erfahren, welchen potenziellen Interessenkonflikten ihr Fondsmanager ausgesetzt ist und ob er seinen eigenen Fähigkeiten auch mit seinem eigenen Geld vertraut.
Zu hoffen wäre, dass der BVI diesbezüglich freiwillig tätig wird. Von der Schnarchbehörde Bafin irgendeinen Druck in dieser Richtung zu erwarten, ist momentan wohl noch illusorischer.
Quelle: Morningstar Deutschland
Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de
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