Analyse
12:56 Uhr, 23.11.2007

Kursverfall im MDAX gerechtfertigt ?

Erwähnte Instrumente

  • MDAX
    ISIN: DE0008467416Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Auch der Mid-Cap-Aktienindex MDAX hat in den letzten Wochen eine enttäuschende Performance hingelegt und musste seine Jahresgewinne mittlerweile wieder abgeben. Bei derzeit 9068 Punkten (Schlusskurs vom 22.11.2007) notiert der Index in etwa auf dem Niveau des Jahresbeginns und das Jahreshoch, welches bei 11493 Punkten lag, befindet sich damit außer Reichweite. Alleine im laufenden Monat hat der MDAX rund 15% an Wert eingebüßt. Welche Gründe gibt es für die zuletzt enttäuschende Entwicklung?

Die Subprime-Krise hat das Vertrauen in internationale Finanztitel erschüttert. So gab es im MDAX insbesondere bei der IKB negative Überraschungen über das Ausmaß des Exposures. Offenbar erwartet der Markt weiteren negativen News-flow. Das Eingeständnis der Swiss Re, Abschreibungen von 1,2 Mrd. € vornehmen zu müssen, hat diese Erwartung zuletzt unterstützt. In der US-amerikanischen Kreditwirtschaft ist das ganze Ausmaß der Subprime-Krise schließlich auch noch nicht bekannt. Goldman Sachs befürchtet, dass auf die gesamte Branche allein aus dem Geschäft mit Hypotheken noch Verluste von 150 Mrd. Dollar (102,4 Mrd. €) zukommen werden. Jüngste Nachrichten legen zudem nahe, dass die Subprime-Krise auch auf andere Branchen übergreift. Einer Studie der Investmentbank Lehman Brothers zufolge lag die Zahl überfälliger Ratenzahlungen bei Autokrediten im September und Oktober über denen der vergangenen Jahre. Dies deutet darauf hin, dass die Krise auf die amerikanischen Autofinanzierer wie z.B. General Motors oder Ford übergreifen könnte.

Die gesamte US-Wirtschaft scheint zudem in Ihrem Wachstumstempo zurückzufallen. Zuletzt hat die Fed die Prognose für das BIP-Wachstum von 2,5% bis 2,75% auf 1,8% bis 2,5% für 2008 gesenkt. Dies würde bedeuten, dass die US-Wirtschaft unter ihren langfristigen Trend zurückfallen würde. Die Fed hat den Leitzins auf mittlerweile 4,50% reduziert. Es verbleiben Unsicherheiten im Markt, wobei die größte den US-Verbraucher betrifft, der im worst case scenario im Konsumverhalten infolge der Immobilienkrise und der reduzierten Verfügbarkeit von Krediten deutlich zurückhaltender agieren wird. Die Schwäche der US-Wirtschaft und die Befürchtungen, dass die Subprime-Krise weitere Kreise zieht, spiegeln sich im Wertverfall des Dollar gegen den Euro wider. Der Euro erreicht entsprechend stetig neue Allzeithochs (zuletzt 1,49 $/€) und steht kurz vor dem Überschreiten der wichtigen Marke von 1,50 $/€.

Auch das Sentiment für die deutsche Volkswirtschaft hat sich leicht eingetrübt. So stellt die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht November fest, dass sich die wirtschaftliche „Großwetterlage nicht mehr so günstig“ darstelle. Insbesondere Inflationssorgen und der starke Euro trüben das Sentiment ein. Zudem wird der politische Reformprozess zunehmend mit Sorge betrachtet.

Hierunter leiden auch die Wachstumsaussichten der deutschen Unternehmen, welche mit deutlich höherer Unsicherheit behaftet sind als noch im letzten Quartal. Ausländische Investoren haben diese Unsicherheit zum Anlass genommen, aus wachtumsgetriebenen Werten auszusteigen. Zyklische Werte wie K+S oder SGL Carbon wurden in besonderem Maße verkauft und verloren zuletzt rund 20% an Wert. Pfleiderer hat ein hohes Nordamerika-Exposure und trifft damit aktuell nicht die Präferenzen der Investoren. Bei Heidelberger Druck wirkt belastend, dass die Gesellschaft bislang nur zwei Drittel ihres Dollarexposures für 2008/2009 abgesichert hat.

Aber auch andere Branchen wie die Finanzdienstleister wurden vom Kursverfall nicht verschont. Hier regiert die Angst der Investoren, dass mit der Offenlegung der Provisionsstrukturen gegenüber dem Kunden im Zuge der MIFID-Regelungen die Nachfrage völlig einbricht. Auch nicht-zyklische Werte wie STADA oder Rhön-Klinikum gehören zu den Verlierern. Deshalb gilt es, bei der Betrachtung der Einzelwerte zu differenzieren und im Blick zu behalten, dass die Geschäftsentwicklung vieler Unternehmen weiterhin positiv ist.

Folgende Bullet-points ergeben sich bei der Fundamentalbetrachtung des MDAX:

- Der MDAX ist mit einem KGV von 12,9 (auf der Basis von 2008) weiterhin höher bewertet als der DAX (KGV von 11,8 für 2008), hat aber nach den jüngsten Kursverlusten den Bewertungsabstand reduziert.

- Das Kurs-Buchwert-Verhältnis der MDAX-Gesellschaften liegt auf Basis der Erwartungen für 2008 bei 2,0 und damit deutlich über dem entsprechenden Wert der DAX-Gesellschaften (1,1).

- Die Dividendenrendite für 2008 liegt für den MDAX gegenwärtig bei 2,5%, für den DAX liegt diese bei 3,2%.

FAZIT

Im Sommer 2007 haben wir auf die vergleichsweise hohe Bewertung der MDAXUnternehmen hingewiesen, die aber bereits deutlich nach unten korrigiert wurde. Die Korrektur wurde neben den fundamentalen Gründen auch von technischen Überlegungen getrieben. So haben einige Aktien technische Unterstützungen durchbrochen, wodurch zusätzlicher Druck auf diese Werte entstanden ist. Zudem ist zu beachten, dass auch „Window Dressing“ in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Umschichtungen in Aktienfonds gehen per Saldo offenbar deutlich zu Lasten der Small- und Midcaps. Des Weiteren sind Verkäufe dieser Werte liquiditätsgetrieben, da Aktienfonds derzeit Mittelabflüsse verzeichnen. Unweigerlich sind von den Abgaben auch „gute Werte“ betroffen.

Zusätzlich ist festzustellen, dass sich die Volatilität des MDAX sukzessive erhöht hat und Werte aus allen Branchen hiervon betroffen sind.

Unsere Empfehlung lautet weiterhin, Stockpicking zu betreiben und die guten Fundamentaldaten einzelner Titel im Fokus zu behalten. Exemplarisch lohnt es sich nach unserer Einschätzung, zwei unserer zuletzt veröffentlichten Kaufempfehlungen zu betrachten, die folgenden Kriterien gerecht werden:

- kein Exposure im Subprime-Markt
- Unabhängigkeit vom US-Absatzmarkt
- nicht-zyklische Ausrichtung
- geringes Dollarexposure

Externe Quelle: Bankhaus Lampe

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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