Kommentar
09:00 Uhr, 23.06.2007

Kursaufschwung an der Börse dürfte sich langfristig fortsetzen

Der ukrainische Aktienmarkt orientiert sich bei seiner Entwicklung wie zuvor schon beschrieben erfreulicherweise mehr an der nach wie vor gut laufenden Wirtschaft sowie an der allgemein guten Stimmung unter den Anlegern mit Blick auf die Schwellenländerbörsen. Pünktlich zur Drucklegung dieser Ausgabe markierte der richtungsweisende PFTS-Index mit 925,43 Punkten ein neues Rekordhoch. Damit hat der Index in diesem Jahr schon um 86 Prozent zugelegt. Begleitet werden die steigenden Kurse übrigens von vergleichsweise hohen Umsätzen. So wurden zuletzt an einem Tag 28,5 Mio. Dollar umgesetzt, was verglichen mit dem Vorjahresschnitt von rund fünf Mio. Dollar (plus 87 Prozent, siehe Grafik) beträchtlich ist. Wobei zu bedenken ist, dass auch 2006 die Umsätze verglichen mit dem Jahr zuvor bereits deutlich zugenommen hatten. Das ändert aber nichts daran, dass die 25 größten Aktien 2006 nur auf einen Tagesumsatz von im Schnitt 160.000 Dollar kamen, wobei es durchschnittlich 1,7 Trades bei diesen Aktien am Tag gab. Viele Deals werden allerdings auch in Blöcken außerhalb der Börse abgewickelt.

Insgesamt bleibt die relativ geringe Liquidität aber ein Problem. Trägt dieser Punkt doch auch mit dazu bei, dass die ukrainische Börse wie 21 andere Aktienmärkte von Standard & Poor´s nur als „Frontier Market“ eingestuft wird. Dass ist die niedrigste Stufe die einer Börse im Universum der Schwellenländermärkte zugewiesen werden kann. Und auch manche Großinvestoren dürfte die geringe Liquidität immer noch abschrecken. Wobei zu berücksichtigen ist, dass in den zuvor genannten Zahlen der OTC-Handel sowie die Geschäfte mit den ADRs und GDRs nicht enthalten sind. Diese mit einbezogen, würden sich die Umsätze etwa um 50 Prozent erhöhen. Ein Manko stellt auch die noch immer geringe Markttiefe dar. So beträgt die Marktkapitalisierung der im PFTS-Index vertretenen Aktien gerade einmal 66,5 Mrd. Dollar (siehe Grafik). 17 Einzelwerte kommen dabei derzeit auf einen Börsenwert von mehr als einer Mrd. Dollar. Angeführt wird diese Liste von Mittal Steel Kryviy Rih, Ukrnafta, Ukrtelecom und Raiffeisen Bank Aval, die jeweils eine Marktkapitalisierung von mehr als vier Mrd. Dollar aufweisen. Unter den Sektoren ist die metallurgische Branche mit Abstand das Schwergewicht, standen die fast 30 Titel aus diesem Bereich doch Ende 2006 für eine Marktkapitalisierung von zwölf Mrd. Dollar oder umgerechnet 26,2 Prozent. Die Bankaktien kamen als Nummer zwei nur auf acht Mrd. Dolalr oder 17 Prozent, gefolgt von den Minenwerten mit sechs Mrd. Dollar oder 12,7 Prozent. Wissen sollte man in diesem Zusammenhang aber auch, dass sich der Free Float im Schnitt nur auf acht Prozent beläuft oder umgerechnet auf 5,1 Mrd. Dollar. Das ist natürlich ein weiterer Punkt, der noch so manchen institutionellen Investor abhält.

Bei Liquidität und Free Float ist etwas Besserung in Sicht

Erfreulich sind aber die Verbesserungen, die sich auch hinsichtlich Free Float und Zahl der gehandelten Aktien abzeichnen. Das Emissionskarrusell hat begonnen, sich mit einer höheren Geschwindigkeit als bisher zu drehen und selbst die großen Konglomerate das Landes machten zuletzt Andeutungen, sich mehr zum Kapitalmarkt hin öffnen und die Transparenz sowie die Rentabilität verbessern zu wollen. Hinweise in dieser Hinsicht gab eben erst die Metinvest Holding. Diese ist über System Capital Management in den Bereichen Eisenerz, Koks und Stahl aktiv und gemessen an dem für 2006 gemeldeten ungeprüften Nettogewinn von einer Mrd. Dollar handelt es sich dabei um die größte Unternehmensgruppe des Landes (beim Umsatz steht man mit 5,6 Mrd. Dollar auf Platz zwei). Und nur wenige Tage zuvor hatte Ferrexpo, die 85,84 Prozent am Eisenerzproduzenten Poltavskiy hält, IPO-Pläne für die London Stock Exchange bekannt gegeben. Für den ukrainischen Aktienmarkt spricht unter Diversifikationsaspekten übrigens auch die nach wie vor geringe Korrelation mit anderen Märkten. Wie uns Peter Keller, Head of Research bei Millennium Capital, erläuterte, ist die Korrelation mit der chinesischen Börse noch am höchsten. Aber auch dieser Wert ist mit 0,211 relativ gering. Gering ist dagegen anders als meistens vermutet das Zusammenspiel mit dem russischen Aktienmarkt. Hier beträgt der Wert nur 0,042 und liegt damit sogar unter der Korrelation mit der deutschen Börse, die 0,091 beträgt (siehe Grafik).

Dass den Anlegern im Westen der Appetit auf Aktien aus der Ukraine durch die politischen Querelen nicht verdorben worden ist, zeigt sich auch an der erfolgreichen Börsennotiz von Dragon Ukrainian Properties and Development (DUPD). Der Immobilienfonds des Brokers Dragon Capital hat soeben an der Londoner AIM 208 Mio. Dollar eingesammelt und damit so viel wie zuvor noch keine andere ukrainische Gesellschaft. .Und der Immobilienentwickler TMM Real Estate Development (ISIN: US87260H1041, 12,40 Euro), auf den wir bereits in Ausgabe 20-06 hingewiesen hatten, hat beim Börsengang an die Frankfurter Börse für 13 Prozent aller Aktien 105 Mio. Dollar eingesammelt. Die Gesellschaft kommt somit jetzt auf einen Börsenwert von 800 Mio. Dollar. Bei einem zum Juni 2006 ausgewiesenen Nettoinventarwert von 400 Mio. Dollar kann hier augenblicklich zwar nicht von einer günstigen Bewertung gesprochen werden. Aber die 1992 gegründete Gesellschaft ist als einer der führenden Entwicklungs- und Immobilienunternehmen mit dem Geschäftsschwerpunkt in Kiew und der Ausrichtung auf hochqualitative Wohnimmobilien sehr gut positioniert, um vom Immobilienboom zu profitieren. Für TMM spricht zudem das Management, das im Gespräch mit uns einen sehr soliden Eindruck hinterlassen hat, sowie der Vorteil, dass TMM der einzige integrierte Anbieter (unter anderem hat man eine eigene Zementfabrik) ist. Der Vorstand glaubt, den Börsenwert seines Unternehmens binnen zwei Jahre auf zwei Mrd. Dollar steigern zu können und wenn die Analysten von Konsortialführer Concorde Capital mit ihrer Prognose Recht behalten, wonach der Nettogewinn 2008 schon 90 Mio. Dollar erreichen soll, dann könnte das durchaus drin sein.

Die Broker, mit denen wir gesprochen haben, zeigten sich dennoch nicht durch die Bank positiv gestimmt. Zumindest kurzfristig rechnen etliche Marktteilnehmer zur Abwechslung auch einmal mit einer Korrektur. Diese wäre sicherlich auch angebracht nach der jüngsten Hausse, auch um eine Überhitzung zu vermeiden. Als marktbeherrschendes Thema wird den Akteuren dabei sicherlich die Politik erhalten bleiben. Weil ansonsten neue kurstreibende Impulse nicht in sich sind, könnte es über die traditionell ruhigen Sommermonate durchaus zu einer Konsolidierung kommen. Mit einem kompletten Dreh des Sentiments ist aber nicht zu rechnen.

Fazit: Bei einem Aktienmarkt, der einen derart guten Lauf hat wie der ukrainische, ist es schwer vorstellbar, dass plötzlich aus heiterem Himmel die Stimmung umschlägt und die Kurse nachhaltig nach unten driften. Eine zwischenzeitliche Kurskorrektur ist dagegen jederzeit möglich und die Sommermonate sind dafür geradezu prädestiniert. Zumal diese Jahreszeit in der Vergangenheit schon oft auch an der Kiewer Börse fallende Kurse bewirkt hat. Doch insgesamt stehen die Kursampeln aus unserer Sicht weiter auf Grün. Zumindest langfristig und vor allem dann, wenn sich die Politiker endlich zusammenraufen sollten und eine Politik machen sollten, die nicht an ihren eigenen Interessen orientiert ist, sondern am Wohl des Volkes und des gesamten Landes. Bei dieser Konstellation dürften stimulierende Faktoren wie eine gut laufende Wirtschaft, die bevorstehende Aufnahme in die Welthandelsorganisation, die mit der Fußball-Europameisterschaft 2012 verbundenen Investitionen sowie die zunehmende Zahl an Investoren, die sich erstmal für die ukrainische Börse interessieren, für einen Fortbestand der Hausse sorgen. Die meisten Chancen wittern wir neben inlandsorientierten Werten, die von der gut laufenden heimischen Konjunktur profitieren, dabei zusehends in der zweiten Reihe. Während viele Standardwerte längst nicht mehr so günstig sind wie noch vor zwei oder drei Jahren, finden sich unter den Nebenwerten noch einige Schnäppchen – man muss sich nur die Mühe machen, diese zu finden. Um solche Titel dann letztlich auch kaufen zu können, agiert man am besten über einen Broker vor Ort. Geeignet sind dabei alle Anbieter, von denen wir regelmäßig Informationen gehören. Wie teilweise an den Zitaten ablesbar ist, handelt es sich dabei um Adressen wie Dragon Capital, Millennium Capital, UFC Capital, Foyil Securities, Sokrat oder Alpha Bank. Und wer sich für den Erwerb eines Ukraine-Fonds interessiert, der kann sich an Kinto wenden.

Herzlichst Ihr Jürgen Büttner

Chefredakteur Ostbörsen-Report, www.ostboersen-report.de

Der Ostbörsen-Report ist eine Online-Publikation der BörseGo GmbH und kann unter obiger Web-Adresse durch Eintragung Ihrer E-Mail-Adresse abonniert werden.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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