Kommentar
15:51 Uhr, 07.07.2009

Kupfer als Konjunktur-Vorlaufindikator - Zu viel Hoffnung eingepreist

Um die Lage der Weltkonjunktur einzuschätzen, ist neben einer Analyse der wichtigsten Wirtschaftsdaten (Wachstumswerte, Zinsniveaus, Inflationsdaten oder Einkaufsmanagerindizes) auch ein Blick auf die Preisbildung am Kapitalmarkt notwendig. Die meisten Spekulanten konzentrieren sich auf die Aktien-und Devisenmärkte. Die Analyse der Rohstoffmärkte wird meist vernachlässigt, liefert aber sehr wichtige Informationen. Unter den Industriemetallen ist Kupfer ein besonders wichtiger Konjunktur-Vorlaufindikator. 50% der weltweiten Produktionsmenge des Industriemetalls gehen in die Bauwirtschaft. Der Maschinenbau und die Elektroindustrie verschlingen jeweils 16% der Jahresproduktion. Weitere wichtige Abnehmer sind der Transportsektor und die Lichttechnik. Mit einem Drittel ist Chile der weltgrößte Kupferproduzent, gefolgt von Peru und den USA.

Steigende Preise implizieren Wirtschaftsaufschwung

Ohne Industriemetalle ist kein volkswirtschaftliches Wachstum möglich. Die Preise für Industriemetalle reagieren sehr sensibel auf konjunkturelle Schwankungen. Läuft es auf dem Bau nicht mehr rund oder kommt der Autoabsatz ins Stocken, so deutet die Preisbildung der Industriemetalle dies im Vorfeld fast immer schon an. Steigende Kupferkurse erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass die Weltwirtschaft vor einem Aufschwung steht. Seit Beginn des Jahres konnten die Kupfernotierungen in der Spitze um über 60 Prozent steigen. Dies ist aber auch als Gegenreaktion auf den Kursrückgang im zweiten Halbjahr 2008 zu verstehen. Die Frage ist nun, ob das wirtschaftliche Umfeld den jüngsten Kursanstieg des Metalls rechtfertigt.

China füllt Lagerbestände auf

Das Reich der Mitte hat die niedrigen Preise genutzt, um ab Januar 2009 die Rohstofflager deutlich aufzufüllen. In den ersten vier Monaten des Jahres erreichten die chinesischen Kupferimporte jeweils neue Rekordniveaus, was zu einem Rückgang der Lagerbestände an der Londoner Metallbörse um 20 Prozent in diesem Zeitraum führte. Vertreter der London Metal Exchange äußerten jüngst, dass ein weiteres Motiv der Chinesen in der Dollarschwäche zu suchen ist und die Aufstockung der Kupferbestände als Diversifizierung des USD-Portfolios gewertet werden kann. Die chinesischen Devisenreserven werden derzeit auf etwa 2.000 Mrd. USD taxiert, so dass die Aussage sicher nicht verkehrt.

Angebots- und Nachfragesituation noch unverändert

Betrachtet man die Industrieproduktion oder die Auftragseingänge, so lässt sich keine signifikante positive Änderung bei den Fundamentaldaten erkennen. Viele Kupferproduzenten haben im letzten Herbst Produktionskürzungen vorgenommen, die immer noch Bestand haben. Weder die Daten zur europäischen noch die zur amerikanischen Industrieproduktion haben sich bisher deutlich verbessert, es kann allerdings konstatiert werden, dass das Konjunkturtal vermutlich in Q2/2009 erreicht wurde, so dass der wirtschaftliche Abwärtssog langsam zum Erliegen kommen wird. Die derzeitige Geldpolitik der Fed ist äußerst expansiv. Die Aktiva der Notenbank betragen derzeit etwa 30% des US-Bruttoinlandsproduktes und die Geldbasis ist mehr als doppelt so groß wie vor der Krise. Dies wird helfen, dass sich die Wirtschaft in den nächsten Monaten stabilisieren wird. Je länger sich dieser Prozess hinziehen wird, desto deutlicher werden die Kupferpreise noch zurücksetzen.

Preisanstieg zu weit gelaufen

Der Preisanstieg bei Kupfer seit Jahresbeginn ist von der Hoffnung und der Spekulation auf einen zügigen Wirtschaftsaufschwung geprägt. Zu behaupten, dass der Rohstoffmarkt derzeit nicht die realwirtschaftliche Lage wiederspiegelt, ist zwar richtig, allerdings ist dies am Kapitalmarkt selten der Fall. Vielmehr wird derzeit ein mögliches zukünftiges Konjunkturszenario vorweggenommen, dass sich als zu optimistisch erweisen wird. Im Sommer dünnen sich traditionell die Umsätze aus. Damit trudeln die Rohstoff- und Aktienmärkte dann meist kraftlos nach unten. Kaufspekulanten werden ihre Kaufpositionen in Kupferkontrakten zur Gewinnsicherung mit Stoppkursen abgesichert haben, was Kursrückgänge dann beschleunigen wird.

Kein Ersatz für chinesische Nachfrage

Die Metallpreise reagierten in der letzten Woche sehr empfindlich auf die schwachen US-Arbeitsmarktdaten. Sobald sich die chinesischen Reservekäufe abschwächen, wird eine Nachfragelücke auftreten, was sich dann in fallenden Metallpreisen niederschlagen wird. Lediglich eine schnelle Erholung der Metallnachfrage im Zuge einer unerwartet schnellen Erholung der Weltwirtschaft könnte dies verhindern, was aber unwahrscheinlich ist.

Kuper ringt mit der langfristig entscheidenden 200 Tagelinie und wird diesen Kampf verlieren. Nachdem die Notierungen jeweils im April und im Mai an der 200-Tagelinie scheiterten, gelang schließlich Mitte Juni doch noch die temporäre Überwindung. Intraday ist der Kurs wieder unter die 200 Tagelinie zurückgefallen und wird erstmals seit dem 03. Juni wieder unter diesem wichtigen Durchschnitt schließen. Solange der Kurs nicht über 2,3000 USD steigt, wird sich die laufende Konsolidierung weiter ausdehnen, worauf auch die technischen Indikatoren deuten, die erschöpft sind. Abgaben von mindestens 10-15% in Richtung der 2,0000 USD sind einzukalkulieren.

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Fazit

Der Großteil der Länder kämpft mit tiefen Rezessionen, die Kupferpreisentwicklung suggeriert aber, dass eine wirtschaftliche Erholung unmittelbar bevor steht, was nicht der Fall ist. Kupfer ist damit innerhalb der nächsten Wochen für Korrekturen anfällig. Spekulanten sind gut beraten, nicht mehr auf Kurssteigerungen zu setzen. Vielmehr sollten temporäre Erholungen und Zwischenhochs zum Verkauf genutzt werden.

Jens Lüders
FXdirekt Bank

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