Kommentar
11:17 Uhr, 19.08.2024

Krypto und Verbraucherschutz: Schluss mit der Doppelmoral!

Verbraucherschutz wird in Deutschland großgeschrieben. Insbesondere bei Krypto. Doch steckt vielleicht ein ganz anderes Interesse dahinter? Ein Kommentar. BTC-ECHO

Jeder erwachsene Mensch in Deutschland kann innerhalb von einer Minute sein gesamtes Vermögen verlieren, staatlich reguliert versteht sich. Wie das geht? Ganz einfach: Alles Kapital auf ein gehebeltes Derivat, beispielsweise ein Turbo Knock Out Zertifikat, mit maximalem Hebel, setzen. Läuft der Kurs des Basiswertes nur minimal in die entgegensetzte Richtung, ist alles weg. Ein strenger Verbraucherschutz, wie wir ihn grundsätzlich in Deutschland haben, mit einer besonders strengen Finanzaufsicht, sieht bei diesen Finanzprodukten anscheinend keinen Handlungsbedarf.

Wer nichts mit dem Finanz-Kasino anfangen kann, kann aber auch direkt alles im richtigen Kasino verzocken. Betrieben und lizenziert vom Staat beziehungsweise dem jeweiligen Bundesland. Doch auch Lottospieler, siehe Eurojackpot oder 6aus49 bis hin zu Rubbellosjägern, können sich auf den staatlichen Segen verlassen.

Doch wehe, es geht um die Geldanlage in Bitcoin oder Wagniskapital. Bei Krypto sehen sich Verbraucherschützer direkt in der Verantwortung und Behörden wie die BaFin neigen dazu, Warnungen auszusprechen. Wie passt das zusammen?

Geht es dem Staat wirklich um Verbraucherschutz?

Jeder erwachsene Mensch sollte frei entscheiden können, worein er sein Kapital steckt. Dass der Staat also auch Hebelzertifikate und Rubbellose zulässt, ist vollkommen legitim.

Weniger nachvollziehbar ist allerdings, dass der Staat Kleinanlegern einen nennenswerten Teil an Investitionsmöglichkeiten verwehrt. Sehr viele Fonds, insbesondere Alternative Investmentfonds (AIFs) und Anleihen, sind ausschließlich professionellen oder institutionellen Investoren vorbehalten.

Gerade in der Wagniskapitalfinanzierung oder bei Finanzierungen für Bauprojekte schauen Kleinanleger oftmals in die Röhre. Nur die wenigsten Emittenten machen sich die Mühe, teure Wertpapierprospekte zu erstellen, die notwendig sind, damit auch Kleinanleger investieren dürfen. Sehr viele substanzielle und vielversprechende Anlagemöglichkeiten bleiben damit nur den sehr vermögenden Investoren, VC- und Private-Equity-Investoren und sonstigen Formen von Asset Managern vorbehalten.

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Schutz der Vermögenden

Man mag sich die Frage stellen, wen der Staat mit seinem Verbraucherschutz eigentlich schützt. Wie kann der Staat auf der einen Seite CFD-Handelsplattformen oder Turbo-Knock-Out-Zertifikate mit dreistelligem Hebel zulassen und gleichzeitig nachhaltige und langfristig gedachte Emissionen von grundsätzlich bodenständigen Investitionen nur einer kleinen Elite vorbehalten?

Es kann dabei der Eindruck entstehen, dass der Verbraucherschutz im Finanzsektor vor allem die sehr vermögenden Verbraucher und Unternehmen schützt. Nicht vor etwaigen Risiken, sondern vor dem gemeinen Kleinanleger. Schließlich lässt sich niemand gerne die Filetstücke vom Teller nehmen.

Verbraucherschutz: Ein Geschenk an die Banken?

Nicht nur staatliche Akteure, sondern auch Banken sind Teil dieses Problems. Schließlich sind sie daran interessiert, Provisionen zu verdienen. Eine fragwürdige Riesterrenten-Police oder ein in Zeiten von ETFs vollkommen überteuerter aktiv gemanagter DAX-Fonds werden gerne an die Kleinanleger vertrieben.

Für Bitcoin und Kryptowährungen fehlt es hingegen den meisten Banken an Angeboten, mit denen sie Geld verdienen können. Investieren ihre Kunden in Bitcoin, geht dies in den meisten Fällen mit Mittelabflüssen einher.

Entsprechend häufig haben wir in der Vergangenheit warnende Worte von Banken und Sparkassen gegenüber Krypto gehört. Auch hier stellt sich die Frage: geht es wirklich um Verbraucherschutz oder um den Schutz der eigenen Provisionserträge?

Tokenisierung ist kein Gamechanger

Die Tokenisierung, insbesondere in Form von Security Token Offerings (STOs), verspricht eine Demokratisierung des Finanzsektors. Durch die digitale Abbildung sollen Emissionen kostengünstiger und für Kleinanleger leichter zugänglich gemacht werden. In der Theorie sollen damit auch Kleinanleger in den Genuss von Vermögensanlagen wie beispielsweise VC- oder Private-Equity-Fonds kommen.

So groß die Vorteile der Tokenisierung in der Praxis auch sein mögen, ändern sie allerdings nichts an der regulatorischen Realität, am vermeintlichen Verbraucherschutz. Auch eine tokenisierte Emission, ganz gleich, ob Start-up-Finanzierung, VC-Fonds oder Bauprojekt, muss den gleichen Anlegerschutzbestimmungen folgen wie eine urkundlich verbriefte Emission.

Entsprechend wundert es auch nicht, dass die erhoffte Demokratisierung durch Tokenisierung ausgeblieben ist. Allerdings muss man an dieser Stelle auch so fair sein und einräumen, dass daran nicht nur die Finanzaufsicht, ergo der deutsche Verbraucherschutz schuld ist. Vielen Emittenten fehlt schlichtweg die Muße, sich mit Kleinanlegern herumzuschlagen, die dann nur wenige hundert Euro investieren.

Eigenverantwortung statt Bevormundung

Eine liberale Finanzregulierung ist wichtig. Welche Finanzangebote beziehungsweise Produkte nachgefragt werden, muss letztlich der Markt entscheiden. Unter keinen Umständen aber sollte der Staat essenzielle Investitionsmöglichkeiten, wie bereits aufgeführt, mit unnötig hohen Zugangsbeschränkungen versehen.

Es wäre daher wünschenswert, wenn der Staat beziehungsweise die BaFin die Zugangsvoraussetzungen für bestimmte Vermögensanlagen lockert, damit auch Kleinanleger von den überdurchschnittlichen Renditen profitieren können. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Wagniskapitalfinanzierung, siehe STOs und (tokenisierte) VC-Fonds.

Ebenfalls sollten es die Behörden und Verbraucherschutzverbände unterlassen, vor Bitcoin und Kryptowährungen zu warnen. Für Aktien, Fonds oder Anleihen finden derartige Warnungen auch nicht statt. Oder haben im Fall Wirecard Warnungen seitens der Behörden stattgefunden? Dies nun bei Kryptowährungen zu tun, ist schlichtweg anmaßend.

Source: BTC-ECHO

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