Kräftige Rohstoffpreisanstiege bergen Rückschlagspotenzial
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Rückblick: Die sich weiter aufhellenden globalen Konjunkturaussichten werden auch an den Rohstoffmärkten gebührend gefeiert. Mit wenigen Ausnahmen konnten die Rohstoffpreise im vergangenen Monat zulegen. Am stärksten verteuerten sich die Energierohstoffe um 15 %. Agrargüter legten um 5 %, Edel- und Industriemetalle um gut 4 % zu. Diese Preisanstiege sind jedoch unserer Meinung nach noch nicht ausreichend fundamental unterstützt. Eine physische Verknappung von Rohstoffen ist derzeit angesichts der anhaltend hohen Lagerbestände kaum zu sehen. Die nicht-kommerziellen Rohstoffhändler weiteten hingegen im Mai ihre Netto-Long-Positionen im Eiltempo aus, was dafür spricht, dass ein bedeutender Teil der jüngsten Rohstoffpreisanstiege spekulativ getrieben sein könnte.
Ausblick: Aus unserer Sicht bergen die jetzigen Rohstoffpreisniveaus nach der Rallye der vergangenen Wochen und Monate Rückschlagspotenzial. Mit zunehmender Dauer der Aufwärtsbewegung an den Märkten rückt die Frage der Nachhaltigkeit dieser Entwicklung in den Vordergrund. Die Aussichten für die Weltwirtschaft hellen sich derzeit deutlich auf, das ist offensichtlich. Doch dass die bisherige Aufwärtsdynamik sich so fortsetzen wird, ist zu bezweifeln, solange die Rohstofflager so gut gefüllt sind, wie das derzeit der Fall ist. Eine temporäre Preiskorrektur ist durchaus wahrscheinlich, bevor die fundamental begründeten Preisanstiege anstehen.
Ölpreisanstieg noch nicht fundamental untermauert
1. Aktuelles:. Die Auswirkungen der konjunkturellen Wende werden am Rohölmarkt besonders stark wahrgenommen. Der Preis für ein Fass Rohöl der Sorte WTI hat sich an die 70 US-Dollar herangearbeitet. Nunmehr hat er sich gegenüber den Tiefständen Mitte Februar fast verdoppelt.
2. Fundamentale Faktoren: Neben der sich langsam ändernden Konjunktureinschätzung ist die Verknappung des Ölangebots ein weiterer wichtiger Faktor am Markt. Insbesondere die OPEC hat mit ihren Fördermengenkürzungen der vergangenen Monate das Angebot beträchtlich verringert. Beim OPEC-Treffen Ende Mai in Wien wurde erwartungsgemäß eine Beibehaltung der Fördermengen beschlossen. Für eine gewisse Zufriedenheit der Kartellmitglieder mit dem aktuellen Preis spricht, dass ein OPEC-Offizieller verlautbaren ließ, mit einem Preis zwischen 60 und 70 US-Dollar bis Jahresende könne man gut leben. Insofern hätte sich eine weitere Quotenkürzung kaum rechtfertigen lassen. Gleichzeitig nagen die wieder ansteigenden Preise an der Disziplin der Kartellmitglieder. Die Verteuerung von Rohöl ist eine gute Möglichkeit, die Fördermengen auszuweiten und damit den starken Einnahmeeinbußen der vergangenen Quartale langsam aber sicher ein Ende zu setzen. So erhöhten die OPEC-Länder ihre Rohölproduktion im Mai geringfügig, obwohl sie bereits in den Vormonaten über der Quote produziert hatten und die offiziellen Fördermengen ab Mai auch nicht geändert wurden. Noch sind die Produktionsmengen nahe bei den offiziellen Quoten. Doch eine Weiterführung der „Mogelpolitik“ würde nur kurzfristig den Einnahmen helfen, langfristig aber zulasten der Glaubwürdigkeit des Kartells gehen.
3. Unsere Meinung: Die Tatsache, dass die Rohölspekulanten ihre Netto-Long-Positionierung deutlich auf ein Vierteljahreshoch ausbauten, bestätigt unsere Meinung, dass die aktuellen Preisanstiege noch nicht nachhaltig, sondern eher von Spekulation getrieben sind. Dies zeigt sich auch in den noch immer sehr hohen Lagerbeständen. Wir gehen davon aus, dass der Ölpreis erst in den späteren Sommermonaten dauerhaft über die 70 US-Dollar-Marke springen wird.
Inflationssorgen verankern Goldpreis auf hohem Niveau
1. Aktuelles: Die Goldpreisentwicklung hat sich wieder stark an den Außenwert des US-Dollars gekoppelt. Das sieht man auch daran, dass die Verteuerung von Gold in Euro viel schwächer ausfiel als in US-Dollar. Die Spekulanten spielen mit ihrer Positionierung derzeit sicherlich eine wichtige Rolle.
2. Fundamentale Faktoren: Das weltweite Goldangebot hat im ersten Quartal 2009 mit einem Plus um 34 % im Vergleich zum Vorjahresquartal seinen Aufwärtstrend fortgesetzt. Wie schon Ende 2008 verhalfen die hohen Preise zu einer vermehrten Wiederzuführung von Altgoldbeständen in den Goldkreislauf. Mit 558 Tonnen hat Altgold im ersten Vierteljahr ähnlich stark zum Angebot beigetragen wie die Minenproduktion mit 560 Tonnen. Das ist bemerkenswert, denn in den vergangenen Jahren betrug das Altgoldangebot nur circa die Hälfte der Minenproduktion. Das schwierige wirtschaftliche Umfeld in Verbindung mit den hohen Goldpreisen sollte die Ursache für den vermehrten Verkauf von Altgold gewesen sein. Auch bei der Nachfrage haben sich die Tendenzen aus dem Vorjahr fortgesetzt. Die schwache Schmuck- und Industrienachfrage (-26 % bzw. -31 % im Vgl. zum Vorjahr) wurde mehr als wettgemacht durch die starke Suche der Investoren nach dem sicheren Anlagehafen Gold. Insgesamt nahm die weltweite Nachfrage im ersten Vierteljahr mit 35 % im Vergleich zum ersten Quartal 2008 ähnlich stark zu wie das Angebot. Während in den Vorquartalen allerdings die Investmentnachfrage weltweit von Barren- und Münzkäufen dominiert wurde, zeigte sich im ersten Quartal eine Dominanz von mit Gold hinterlegten Wertpapierkonstruktionen (ETFs). Dies gilt jedoch nicht für Deutschland. Die deutsche Nachfrage nach Barren und Münzen war im ersten Quartal mit 59 Tonnen weltweit die stärkste, was zeigt, dass die Deutschen im internationalen Vergleich eher stark von Inflations- und Währungsängsten geprägt sind.
3. Unsere Meinung: Die Entspannung an den Finanzmärkten erfolgt im Zuge der Aufhellung des weltwirtschaftlichen Ausblicks, der aber einhergeht mit der Erwartung höherer Inflation. Die Inflationssorgen verankern den Goldpreis auch in den nächsten Quartalen auf einem hohen Niveau.
Aluminiumvorräte auf Rekordniveau
1. Aktuelles: Der Aluminiumpreis hat zwar erst einmal den Boden gefunden, aber eine ausgeprägte Trendwende nach oben, wie sie bei einigen anderen Industriemetallen zu beobachten ist, sieht man bei der Aluminiumnotierung nicht.
2. Fundamentale Faktoren: An der fundamentalen Situation hat sich am Aluminiummarkt in den vergangenen Monaten kaum etwas geändert. Nach wie vor besteht ein massives Überangebot, da die Produktionsrückgänge trotz der inzwischen nennenswerten Kürzungen dem Nachfrageeinbruch noch immer nicht nachkommen. Die Weltrezession lässt die Konsumnachfrage im Bauwesen, im Transportwesen, in der Verpackungsindustrie und auch im Bereich Elektrizität zurückgehen. Den Daten des Internationalen Aluminiuminstituts (IAI) zufolge liegt die weltweite Aluminiumproduktion seit Dezember 2008 unterhalb ihres Vorjahresniveaus. Im April 2009 wurde global 9,3 % weniger Aluminium produziert als noch ein Jahr zuvor. Dass diese Kürzungen nicht ausreichen, um ein Überschussangebot zu verhindern, zeigt die anhaltende scharfe Lageraufstockung an der London Metal Exchange. Im ersten Quartal 2009 wurden die Aluminiumvorräte im Vergleich zum Schlussvierteljahr 2008 erneut um 50 % aufgebaut, nachdem sie bereits im Vorquartal um 70 % angestiegen waren. Es liegt nunmehr mehr als dreimal so viel Aluminium in den Lagern der LME wie noch ein Jahr zuvor. Lagerbestände um 3500 Tausend Tonnen wie im ersten Quartal sind ein historischer Rekord. Das letzte Mal gab es im Jahr 1994 mit 2600 Tausend Tonnen Aluminium einen nicht annähernd so hohen Lagerbestand an der LME. Eine Trendwende bei der Lagerentwicklung ist bislang nicht abzusehen.
3. Unsere Meinung: Wir sehen auf absehbare Zeit ein Überangebot am Aluminiummarkt herrschen. Selbst wenn aufgrund der weltweiten Konjunkturpakete und der in der zweiten Jahreshälfte anziehenden globalen Konjunkturdynamik die Nachfrage wieder zunimmt, wird zuerst auf die massiven Lagerbestände zurückgegriffen und dann die überschüssigen Produktionskapazitäten reaktiviert, bevor nennenswerter Preisdruck entstehen kann. Daher sehen wir den Aluminiumpreis erst auf Sicht von 12 Monaten wieder auf dem Niveau vom Mai 2009.
Autor: Dr. Dora Borbély
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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