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09:58 Uhr, 17.07.2009

Kräfte bündeln gegen faule Früchte

London (BoerseGo.de) – Angenommen man kauft ein abgepacktes Paket Erdbeeren, dann besteht immer noch ein Risiko, dass sich am Boden der Packung einige faule Früchte befinden. Genauso sieht es beim Kontrahenten-Risiko von ETFs aus: Bisher mussten die Anleger in Kauf nehmen, dass von 100 Erdbeeren bis zu 20 ungenießbar sind. Vor Kurzem haben drei finanzkräftige Marktteilnehmer ihre Kräfte gebündelt – nämlich die Investmentbanken Morgan Stanley, Goldman Sachs und die Bank of America Merrill Lynch. Das Ergebnis: Source. Und bei Source ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass weniger als fünf Früchte faul sind.

Der neue Anbieter will die dritte ETF-Generation einläuten. Denn bei seinen Produkten wird das Kontrahentenrisiko auf mehrere Schultern verteilt. Statt – wie von UCITS erlaubt – zehn Prozent an Risiko, beschränkt Source sich auf 4,5 Prozent, die wiederum auf die drei Banken verteilt werden. Die Partnerschaft der drei Banken wurde allerdings nicht nur deswegen geschlossen. Die Anbieter haben ihre Kräfte gebündelt, um die Penetrationslücke zu schließen. In den USA sind 4,6 Prozent des gesamten investierten Vermögens in ETFs angelegt, das entspricht den Angaben von Source zufolge 400 Milliarden Dollar. In Europa liegt der Anteil bei 1,4 Prozent. Gelingt es die Lücke, zwischen 4,6 Prozent und 1,4 Prozent zu schließen, also Europa auf den Stand der USA zu bringen, entspricht das einem Plus von 288 Milliarden Dollar. Der neue ETF-Anbieter will also nicht Marktanteile von den Konkurrenten erobern, sondern den Markt erweitern. Das Potenzial dazu sei eindeutig vorhanden. Dass Source aus drei erfahrenen Investmentbanken besteht, will man sich zu Nutze machen. Den gemeinsamen Kunden sollen die neuen ETFs angeboten werden. Source stehen dafür die bereits vorhandenen Vertriebsstrukturen der drei Banken zur Verfügung. Dabei setzt der ETF-Anbieter mit dem eingängigen Namen auf Einfachheit. Wie ein Erdbeerbauer, der seine Früchte nicht zu verschiedenen Märkten trägt, sondern nur zu dem am meisten besuchten Großmarkt geht, listet Source , abgesehen von einer Ausnahme, seine ETFs nur bei der Deutschen Börse. Bisher sind das 35 Produkte. Denn in Deutschland werden derzeit in Europa die meisten ETFs gehandelt – und das nach Angaben von Source in Frankfurt. „In Deutschland gibt es die meisten Selbstentscheider in ganz Europa“, sagt Michael John Lytle, Marketing Director von Source.

Wie die faulen Erdbeeren aussortiert werden sollen

Faule Erdbeeren im Vorfeld auszusortieren beziehungsweise das Kontrahentenrisikos ist mit Blick auf die auf die anhaltenden Sensibilität gegenüber Ausfallrisiken zu minimieren, ist eines der größten Asse im Ärmel von Source. Seit der Pleite von Lehman-Brothers im September vergangenen Jahres ist das Ausfallsrisiko eines Emittenten mehr als graue Theorie. Zwar war und ist in erster Linie der Zertifikatemarkt betroffen, aber auch bei anderen Finanzprodukten steht nun immer unterschwellig die Frage im Raum: „Wie sicher ist mein Investment eigentlich?“. Zwar sind ETFs Sondervermögen und keine nachrangigen Inhaberschuldverschreibungen wie Zertifikate. Bei Zertifikaten droht der Totalverlust, wenn die emittierende Bank – wie im Fall von Lehman Brothers – Bankrott geht. Bei Sondervermögen gibt es dieses Problem nicht. Das Vermögen ist auch im Falle einer Insolvenz geschützt. Dennoch sind auch ETFs nicht hundertprozentig sicher.

Die erste Generation

Die ETFs der ersten Stunde, wie von iShares, verfolgen den Full-Replication-Ansatz. Für den Index, der von einem ETF eins zu eins nachgebildet werden soll, werden Aktien benutzt. Da es bei den gerade die „großen“ wie dem MSCI World, der 1.900 Aktien beinhaltet, zu teuer und zu aufwendig ist, jeden einzelnen Index-Wert nachzukaufen, wird beim Full-Replication-Ansatz vereinfacht. Das heißt, für die Nachbildung werden nur einige repräsentative Aktien aus dem Index ausgewählt. Das Prinzip basiert auf wissenschaftlichen Studien, die belegt haben, dass ein Index durch einen Aktienkorb nachgebildet werden kann. Wie Lytle sagt, besteht das Risiko darin, dass die Wertentwicklung des Index möglicherweise durch eine Aktienauswahl doch nicht korrekt wiedergegeben wird. Die Emittenten können darüber hinaus die im Sondervermögen gehaltenen Aktien an andere Marktteilnehmer verleihen. Hier gibt es nach Angaben von Lytle ein Black-Box-Problem: Es nicht klar wie viele Kontrahenten an dem Aktientauschgeschäft beteiligt sind. Bei einem Ausfall eines Kontrahenten kommt es zudem zu Lieferproblemen, die zu Lasten der Performance gehen könne. Zudem gibt es ein Zeitrisiko, wenn die Märkte schwanken, kann mitunter nicht schnell genug reagiert werden. Ein weiterer Nachteil ist, dass die ETFs der ersten Generation verglichen mit denen der zweiten Generation teurer sind. Auch der Tracking Error – eine Kennzahl, die umso höher ist desto höher ein der Fonds von seiner Benchmark abweicht – ist in der Regel höher als bei den jüngeren Produkten.

Die zweite Generation

Die ETFs der zweiten Generation, wie die Produkte von db x-trackers und Lyxor, basieren auf Swaps. Ein Swap ist ein Tauschgeschäft zwischen zwei Partnern. Laut UCITS sind Swap-Geschäfte zu einem Anteil von zehn Prozent erlaubt, das heißt der Swap-Kontrahent kann maximal zehn Prozent aus dem Vermögen des ETFs dem Fonds schulden, bevor er das ausgleichen muss. Laut den UCITS-Normen kann ein Sondervermögen zudem auch aus bis zu zehn Prozent aus Schulverschreibungen, wie zum Beispiel Zertifikaten bestehen, die auch vom Swap-Kontrahenten emittiert worden sein können. Aus diesem Grund könnte das Risiko also im schlimmsten Fall bei 20 Prozent bestehen – also 20 faule Erdbeeren. db x-trackers hat auf das bestehende Kontrahentenrisiko reagiert. Um die schlechten Erdbeeren auszusortieren, setzt dieser Anbieter auf Übersicherung. Der Net Asset Value wird nach Unternehmensangaben zu mindestens 108 Prozent durch Wertpapiere besichert. Bei db x-trackers ist die Deutsche Bank, also die Mutter, der Kontrahent. Das könnte laut Lytle eventuell Interessenskonflikte generieren – bei Source gibt es deswegen auch unabhängige Asset Manager. Thorsten Michalik von db x-trackers sieht grundsätzlich keine Gefahr eines Interessenkonflikts. „Fondsmanager der db x-trackers ETFs ist State Street Global Advisors. Sie handeln die Swap-Kontrakte mit der Deutschen Bank aus und achten darauf, dass die Wertentwicklung des unterliegenden Index genau abgebildet wird. Die historischen Wertentwicklungen belegen, dass diese Aufgabe sehr gut erfüllt wurde“, erläutert er.

Die dritte Generation

Source liefert die dritte Generation an ETFs. „Wir benutzen ebenfalls Swaps“, erläutert Lytle. Allerdings werde die UCITS-Richtlinie nicht voll ausgeschöpft. Der Swap-Anteil liege maximal bei 4,5 Prozent. „Diese 4,5 Prozent werden wiederum auf die Goldman Sachs, Bank of America Merrill Lynch und Morgan Stanley verteilt“, erläutert er. Zudem wird die Frequenz der sogennanten Reset-Events, bei denen der Swap-Anteil auf null gesetzt wird und die Investmentbanken Aktien nachschießen müssen, erhöht, indem nicht nur die 4,5-Prozent-Schwelle diese Resets auslöst. Sie tritt auch in Kraft , wenn neue ETFs kreiert oder zurückgenommen werden. In der Praxis liegt das nach Angaben von Source einzelne Kontrahentenrisiko damit deutlich unter 4,5 Prozent. Darüber hinaus sei Source als offene Platform gegründet worden, bei der auch zusätzliche Swap-Kontrahenten aufgenommen werden können. Bis zum Ende des Jahres sollen nicht drei, sondern fünf Banken dahinter stehen. Welche die neuen im Bunde sind – das behält Lytle vorerst noch für sich. In punkto Kontrahentenrisiko liefert Source noch ein weiteres Quäntchen Sicherheit: Der Anbieter verzichtet nach eigenen Angaben auf strukturierte Produkte im Sondervermögen.

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