Kommentar
12:10 Uhr, 08.01.2009

Konjunkturprogramme bremsen Abschwung in 2009

Auslöser der jüngsten Achterbahnfahrt an den globalen Aktienmärkten ist die „Hin- und Hergerissenheit zwischen einer Wachstumsflaute mit nachlassendem Umsatzwachstum und sinkenden Gewinnen auf der einen und staatlichen Rettungs- und Konjunkturpaketen auf der anderen Seite”, schreibt der Chefvolkswirt von Invesco, John Greenwood, in seinem Wirtschaftsausblick für das Jahr 2009. Die zentralen Fragen, die sich seiner Meinung nach nun stellen, lauten: Wann wird das „Deleveraging“, also die Rückführung der Verschuldungsquote, abgeschlossen sein? Und wann werden die geld- und fiskalpolitischen Anreizprogramme der globalen Notenbanken und Regierungen den Umschwung von Rezession und Deflation zu wirtschaftlicher Erholung und vielleicht Inflation bringen?

Wie Greenwood erklärt, fallen wirtschaftliche Abschwünge, die in einer Überschuldung gründen, zumeist heftiger aus und münden häufiger in einer Deflation als andere Abschwünge. Aktuell verhindert die Bilanzreparatur im privaten Sektor die volle Entfaltung der staatlichen Konjunkturprogramme. Solange die Kreditverknappung im privaten Sektor schwerer wiegt als die Kreditausweitung im öffentlichen Sektor, würden auch die Assetpreise an den Finanzmärkten unter Druck bleiben und die deflationären Tendenzen überwiegen – weil „die normalen Multiplikatoren nicht funktionieren, wenn Verbrauchern und Unternehmen vor allem daran gelegen ist, Schulden abzubauen und ihre Bilanzen zu reparieren (anstatt neue Schulden aufzunehmen)”, so Greenwood. Daher meint der Invesco-Volkswirt auch, dass bis zur Rückkehr zu einem normaleren Ausgabeverhalten zwei Jahre vergehen könnten.

Für das Jahr 2009 prognostiziert Greenwood für die meisten Industrieländer eine Rezession und steigende Arbeitslosenraten. Aufgrund der hohen Abhängigkeit vieler Schwellenländer vom Handel mit den reicheren OECD-Ländern rechnet Greenwood außerdem mit einem gleichzeitigen Wachstumseinbruch in diesen Regionen. „Keines der Entwicklungsländer – nicht einmal China oder Indien – verfügt über die nötige Dynamik, um als unabhängiger Wachstumsmotor ein Gegengewicht zum Abschwung in den Industrieländern zu bilden”, meint Greenwood. Dabei ist der Wirtschaftsexperte überzeugt, dass die geld- und fiskalpolitischen Anreize der globalen Notenbanken und Regierungen letztlich die Wende vom Abschwung zu einem erneuten Aufschwung einläuten werden. Und obwohl er nicht mit einer raschen Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2009 rechnet, hält er eine moderate Erholung im Jahr 2010 für möglich. Der von den aktuellen staatlichen Konjunkturprogrammen ausgelöste Inflationsdruck hingegen dürfte seiner Ansicht nach frühestens 2011 problematisch werden. Derweil dürften Anleger angesichts der nahe bei Null liegenden offiziellen Zinssätze in den Jahren 2009 und 2010 nach neuen Renditequellen Ausschau halten.

Der Chefvolkswirt von Invesco rechnet im Jahr 2009 in den USA mit einer negativen Wachstumsrate von 1,3%, da die staatlichen Konjunkturpakete die durch deutlich negative Vermögenseffekte ausgelöste Konsumschwäche im privaten Sektor nicht wettmachen können. Dabei geht er davon aus, dass die nachlassende Teuerung und die niedrigen Zinsen ein sehr günstiges Umfeld für Rentenmarktanleger sowie eine solide Grundlage für einen ausgedehnten Aufwärtstrend am Aktienmarkt darstellen.

Ein negatives Wachstum von 1,5% im Jahr 2009 erwartet Greenwood für die mit ähnlichen Problemen kämpfende britische Wirtschaft. Derweil rechnet er in der Eurozone mit einer weniger heftigen Schrumpfung des BIP um 0,9%. Allerdings meint Greenwood, dass das Wirtschaftswachstum im Euroraum länger hinter seiner Potenzialrate zurückbleiben wird als das anderer Wirtschaftsregionen, was er unter anderem auf die weniger drastischen Zinssenkungen der EZB zurückführt. „Wenn die Erholung aber einmal in Gang gekommen ist, dürfte sie aufgrund der insgesamt geringeren Verschuldungsraten in den meisten Teilen Europas und der moderateren geldpolitischen Lockerung nachhaltiger ausfallen“, so Greenwood.

Die Erholung der exportabhängigen japanischen Wirtschaft wird nach Meinung des Chefvolkswirts von Invesco durch den starken Yen gedämpft werden. Hier rechnet Greenwood in den nächsten zwei Jahren mit einem Rückfall in die Deflation. Auch mit Blick auf das restliche Asien meint er, dass die Konjunkturprogramme die Auswirkungen des globalen Abschwungs kaum abfedern werden können. Auch hier prognostiziert er für das Jahr 2009 eine Wachstumsverlangsamung mit deutlich nachlassendem Inflationsdruck. Obwohl Lateinamerika mit einer besseren Außenwirtschaftsposition in den globalen Abschwung gegangen ist als in früheren Jahrzehnten, verweist Greenwood auf die insgesamt hohen Portfolioabflüsse aus den Schwellenländern und rechnet auch in Lateinamerika im kommenden Jahr mit einer Wachstumsflaute.

„Neue staatliche Konjunkturprogramme können die in den vergangenen zehn Jahren angehäuften Schuldenberge der privaten Haushalte und des Finanzsektors nicht einfach wegwischen. Der Prozess der Bilanzgesundung und gesamtwirtschaftlichen Erholung wird einige Zeit in Anspruch nehmen“, so Greenwoods Fazit. „Einen Lichtblick in diesem insgesamt trüben Ausblick stellt der fast überall nachlassende Inflationsdruck dar, der dafür sorgt, dass die expansive Geldpolitik der Notenbanken ihre Wirkung entfalten und die Grundlage für eine Rückkehr zu realen Einkommenszuwächsen legen kann.“

Quelle: INVESCO

INVESCO zählt als Teil der AMVESCAP Gruppe zu den führenden Asset Managern weltweit. Zusammen mit den Schwesterunternehmen verwaltet INVESCO weltweit über 470 Milliarden Euro (Stand: 31.5.2008). Über 5.000 Mitarbeiter, darunter rund 500 Investmentspezialisten, sind in 19 Ländern im Einsatz.

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