Kommentar
10:01 Uhr, 27.04.2004

Konjunkturoptimismus in Japan beflügelt Börse

Nach der vorangegangenen Kurskorrektur hat sich der bereits seit vier Wochen eingeschlagene Aufwärtstrend der Weltaktienmärkte fortgesetzt. Während die Indizes an den kontinentaleuropäischen Börsen im Durchschnitt mehr als ein Prozent und damit überdurchschnittlich zulegen konnten, zeigte Wall Street mit einem Indexanstieg von 0,5% eine unterdurchschnittliche Performance. Allerdings verzeichnete die Nasdaq einen kräftigen Indexsprung von knapp 3%. Japan hielt nach mehrwöchiger Kurskorrektur mit den europäischen Aktienmärkten nahezu Schritt. Insgesamt zeigten die Weltaktienmärkte einen Indexanstieg von 0,8% (FT-Weltindex).

Nachdem Zinsängste die US-Börse in der vergangenen Woche unter Druck gesetzt hatten, entspannte sich die Lage zum Wochenschluss zunehmend. "In der zweiten Wochenhälfte setzten sich schließlich auch die unverändert positiven Gewinnberichte durch", berichtet ADIG-Fondsmanager Klaus Breil. "Bei Ford und Caterpillar wurden die Erwartungen weit über 50% übertroffen. Auch Microsoft überzeugte sowohl mit ordentlichen Gewinnen als auch mit ungewohnter Dynamik bei den Umsätzen: diese stiegen im 1. Quartal 2004 um 17% gegenüber dem Vorjahresquartal." Insgesamt haben über die Hälfte der Unternehmen aus dem S&P 500 berichtet. Nachdem das Gewinnwachstum gegenüber dem Vorjahr noch zu Beginn der Berichterstattungssaison im Konsens bei etwa 20% gelegen hatte, zeichnet sich derzeit ein Anstieg von gut 22% und mehr ab. "Dabei kommt der Gewinnanstieg nicht nur über Kostensenkungen zustande, auch die Umsätze überzeugten mit einem Anstieg von gut 11% gegenüber dem - wenn auch schwächeren - Vorjahresquartal", so Breil. "Der schwächere US-Dollar macht sich mit etwa drei Prozentpunkten positiv bemerkbar."

In Europa entwickelte sich lediglich der spanische Aktienmarkt mit einem Indexrückgang von 0,6% negativ. Aber auch Italien hat mit einem Indexanstieg von nur 0,3% eher enttäuscht. Dagegen waren die kerneuropäischen Aktienmärkte Deutschland (+ 1,7 %) und Frankreich (+1,6 %) erstmals seit längerem klare Outperformer. Das Verbrauchervertrauen vom April blieb in Euroland allerdings mit einem leichten Rückgang gegenüber dem Vormonat hinter den Erwartungen zurück. Auch die Verbraucherausgaben vom März in Frankreich haben mit einem kräftigen Rückgang um 1,4% zum Vormonat Erwartungen einer Belebung im Frühjahr enttäuscht. Dieses steht in klarem Gegensatz zu Großbritannien, wo im gleichen Zeitraum ein beschleunigtes, positives Monatswachstum sowie ein mit 6,4% nur wenig schwächeres Jahreswachstum registriert wurde. Vom Aktienmarkt wird dieses nicht mehr uneingeschränkt positiv bewertet, da mit den robusten Konjunkturdaten die Gefahr weiterer nach oben gerichteter Zinsschritte der Bank von England akut bleiben dürfte. In Kontinentaleuropa zeigen auch repräsentative Frühindikatoren, wie der unerwartet stark rückläufige ZEW-Indikator, dass Hoffnungen auf eine Belebung der Binnenachfrage in Euroland im Laufe des ersten Halbjahres nun wohl endgültig ad acta gelegt werden müssen. Der unerwartet starke Sprung des belgischen OECD-Frühindikators im April gibt allenfalls einen Fingerzeig für eine mögliche Konjunkturbelebung im Verlauf des zweiten Halbjahres. So kamen die Anregungen für die europäischen Aktienmärkte vor allem von Unternehmensmeldungen. Unter anderem zeigte der niederländische Lebensmitteleinzelhandelsriese Ahold - nach zweimonatiger Verzögerung der Bekanntgabe - nun für das abgelaufene Finanzjahr eine merkliche Verbesserung der Bilanzrelationen. Insbesondere hat der Konzern nach einem hohen Verlust im Vorjahr nahezu wieder die Gewinnzone erreicht. Die britische Supermarktkette Tesco hat auch im abgelaufenen Geschäftsjahr mit kräftigen Wachstumsraten bei Umsatz und Ertrag ihren Marktanteil innerhalb der Branche weiter ausgebaut. Der Schweizer Pharmariese Roche hat im ersten Quartal ein deutlich über dem Branchendurchschnitt liegendes Umsatzwachstum erzielt. Wachstumsmotoren waren insbesondere die Bereiche Transplantationsmedizin sowie Virologie. Der britische Nachrichtenkonzern Reuters zeigte ein erneut negatives Quartalswachstum, will aber - insbesondere im US-Geschäft - eine spürbare Verbesserung der Marktlage erkennen. Auch der zweitgrößte britische Versicherer Prudential sieht sich mit einem 14 prozentigen Wachstum bei Versicherungs- und Investmentprodukten eindeutig auf dem Weg der Besserung. Der weltweite Marktführer in Unternehmens-Software SAP baute seinen Marktanteil insbesondere im US-Geschäft mit einem Anstieg des Betriebsergebnisses um 12% und des Konzernergebnisses um 23% weiter aus. Die liquiden Mittel haben sich im Vergleich zum Vorjahr um etwa ein Drittel auf knapp 3 Mrd. Euro erhöht. Dagegen war das Konzernergebnis bei Akzo trotz umfangreicher Sparmaßnahmen im ersten Quartal leicht rückläufig. Insbesondere verzeichnete der Pharmabereich stärkere Umsatzeinbußen. Die Entscheidung von Aventis zum Wochenende, dem erhöhten Übernahmeangebot seitens Sanofi-Synthelabo zuzustimmen, dürfte die generelle Übernahmephantasie und Spekulationen auf weitere spektakuläre M&A-Aktionen in Europa tendenziell weiter anregen.

In Japan sorgte der wachsende Konjunkturoptimismus erstmals seit Wochen wieder für einen kräftigen Anstieg der Aktienkurse. Insbesondere ist der Frühindikator vom Februar merklich angestiegen. Ein neu konstruierter Business Survey Index (BSI) lässt für das erste Quartal zudem eine Stimmungsbesserung bei den japanischen Unternehmen erkennen. Der weltweit zweitgrößte Konsumelektronikkonzern Sony hat seine Gewinnschätzung für das Geschäftsjahr per 31.März deutlich nach oben revidiert. Insbesondere dürften unerwartet niedrige Steuerbelastungen, sowie Wechselkursgewinne und stärker als erwartete Ertragssteigerungen bei Tochtergesellschaften positiv zu Buche schlagen.

Ausblick:

Auch in dieser Woche steht die Gewinnberichterstattung für die Marktteilnehmer in den USA im Mittelpunkt. Es berichten große Schwergewichte wie DuPont, McDonalds (Dienstag), Boeing, Comcast, Halliburton (Mittwoch), DowChemical, ExxonMobil, Gillette, Southern Company (Donnerstag), ChevronTexaco und Procter & Gamble (Freitag). Von den Konjunkturdaten werden am Donnerstag die BIP-Zahlen für das 1. Quartal 04 bekannt gegeben. "Nach den zuletzt nach oben revidierten Investitionskennziffern und den stabilen Konsumdaten ist ein stärkeres Wachstum in Höhe von circa fünf Prozent denkbar", sagt ADIG-Fondsmanager Klaus Breil. Insgesamt sollten die Märkte dazu übergehen, ähnlich wie mit den Terrorängsten, nunmehr auch mit der bevorstehenden Zinswende zu leben. Nach einer zwischenzeitlichen Verschiebung der Zinswende auf das Jahresende haben die Märkte mittlerweile den ersten Zinsschritt auf die letzte Sitzung vor der Sommerpause am 29./30. Juni eingepreist. In zwei weiteren kleineren Schritten könnten die Fed Funds dann zum Jahresende auf 1,75 nach derzeit 1,0 steigen. Größere Schritte mit der Annäherung an ein "normales" Niveau bei 3,5% bis 4% werden dann erst im Laufe des nächsten Jahres erwartet. "Wir erwarten, dass die Zinsbefürchtungen kurzfristig keine negativen Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben sollten", so US-Experte Breil. "Im Gegenteil, getrieben vom hervorragenden Gewinnsentiment und der technisch verbesserten Verfassung sollte der Markt bald die Jahreshochs vom Februar/März überwinden."

In Europa werden insbesondere die Ifo-Indikatoren Deutschland sowie Daten zu Geschäftsklima, Inflation, Verbraucher- und Unternehmensvertrauen in verschiedenen Ländern erwartet. Von Unternehmensseite stehen Quartalsergebnisse diverser Unternehmen an. Insbesondere im internationalen Geschäft dürften positive Überraschungen mit Blick auf die starke Gewinndynamik von US-Unternehmen eher die Regel als die Ausnahme sein. Das könnte die Aktienkurse günstig beeinflussen.

In Japan sind weitere positive Kursimpulse sowohl von den Konjunkturdaten - unter anderem Konsumklima, Stimmungsindikator kleinerer Unternehmen, Einzelhandelszahlen und Hausbaubeginne - als auch von Unternehmensseite wahrscheinlich.

Quelle: ADIG Investment

Die ADIG Allgemeine Deutsche Investment-Gesellschaft mbH, Fondstochter der Commerzbank, wurde 1949 gegründet. Das verwaltete Fondsvermögen beträgt mehr als 24,6 Mrd. Euro in 270 Publikumsfonds. Die Aktivitäten der ADIG werden seit kurzem unter dem Dach der COMINVEST Asset Management GmbH geführt.

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