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17:02 Uhr, 14.03.2025

KONJUNKTUR IM BLICK/Zentrales Stillhalten - außer bei der SNB?

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Zentralbanken sollen und wollen möglichst langweilig sein. Die sprichwörtliche ruhige Hand ist es, die sie, wenn möglich, zeigen sollen. In einer Welt quasi täglich wechselnder US-Importzölle ist ein solches Verhalten besonders wünschenswert. Und wie es aussieht, werden sich in der vor uns liegenden Woche alle daran halten und ihre Leitzinsen unverändert lassen. Alle? Nein! Die Zentralbank eines von unbeugsamen Gebirglern bewohnten Landes tanzt möglicherweise aus der Reihe. Außer den Zinsentscheidungen von Schweizerischer Nationalbank, Federal Reserve, Bank of England, Bank of Japan und anderer Zentralbanken bringt die Woche einige europäische und US-Konjunkturdaten sowie eine überaus wichtige Entscheidung des Deutschen Bundestags.

US-Notenbank lässt Zinsen konstant

Die wichtigste, wenn auch nicht die erste Zentralbank, die ihre Zinsen in dieser Woche bestätigen wird, ist die Federal Reserve. Die US-Inflation hat sich im Februar etwas abgekühlt, was der Fed zusätzliches Vertrauen geben könnte, dass der Preisdruck in der US-Wirtschaft nachlässt, obwohl Präsident Donald Trump neue Zölle gegen China verhängt und mit höheren Zöllen gegen wichtige Handelspartner gedroht hat. Ökonomen und Börsianer erwarten gleichwohl, dass die Fed ihren Leitzins bei der anstehenden Sitzung in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen wird. Die Zinstermingeschäfte preisen einen konstanten Zins zu 97 Prozent ein.

Die Zinsentscheidung wird um 19.00 Uhr bekanntgegeben, die Pressekonferenz mit Chairman Jerome Powell beginnt 19.30 Uhr.

Bank of Japan hält dieses Mal noch still

Ein weiteres Jahr mit starken Lohnerhöhungen wird wahrscheinlich die Erwartung schüren, dass die Bank of Japan (BoJ) in naher Zukunft eine weitere Zinserhöhung vornehmen wird, obwohl die meisten Experten erwarten, dass die Zentralbank bei der anstehenden Ratssitzung stillhalten wird, nachdem sie Ende Januar den Leitzins auf 0,50 Prozent angehoben hat. Sie signalisierte seitdem ihre Bereitschaft, den Leitzins weiter zu erhöhen, sollten die Löhne weiter steigen und den Konsum stützen. Politiker und Notenbanker hoffen auf ein breiteres Einkommenswachstum, das die Ausgaben der privaten Haushalte ankurbeln und zur wirtschaftlichen Erholung Japans beitragen würde.

Auch die Bank of England bleibt vorsichtig

Ökonomen erwarten, dass die Bank of England (BoE) bei der anstehenden Ratssitzung noch stillhalten und auch kein schnelleres Tempo der Zinssenkungen andeuten wird. Laut LSEG-Daten rechnen die Märkte mit einer Wahrscheinlichkeit von 92 Prozent, dass die BoE die Zinsen bei 4,50 Prozent belässt. Sie legen außerdem nahe, dass die BoE ihre Zinsen dieses Jahr noch zwei Mal senken wird. Wie viele Staaten in Europa wird wohl auch Großbritannien seine Rüstungsausgaben steigern. Eine solche Erhöhung könnte die Inflation in die Höhe treiben und die britischen Zinssätze höher als bisher erwartet halten. Die BoE-Zinsentscheidung kommt am Donnerstag (13.00 Uhr).

SNB senkt Leitzins um 25 Basispunkte

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte ihre Geldpolitik dagegen erneut lockern. An den Finanzmärkten wird ein Zinsschritt nach unten um 25 Basispunkte eingepreist. Der Leitzins läge dann nur noch bei 0,25 Prozent. Anleger fragen sich, wie lange die SNB noch braucht, bis sie wieder negatives Territorium erreicht. Die Aussage ihres neuen Gouverneurs Martin Schlegel, dass man einen solchen Schritt nur im Notfall gehen würde, ist ein schwacher Trost. Der Franken als Fluchtwährung in unsicheren Zeiten ist eine Wachstums- und Inflationsbremse. Die Zinsentscheidung wird am Donnerstag (9.30 Uhr) bekannt gemacht.

Aber nun genug der Geldpolitik - in der Woche kommen auch noch ein paar Konjunkturdaten. In den USA werden Zahlen zu Einzelhandelsumsätzen (Montag, 13.30 Uhr) und Industrieproduktion (Dienstag, 14.15 Uhr) veröffentlicht und in Deutschland der ZEW-Index (Dienstag, 11.05 Uhr). Letzterer ist angeblich gut geeignet, konjunkturelle Wendepunkte anzuzeigen. Allerdings ist er auch ein bisschen "Mostrich nach Tisch", weil der ähnlich konstruierte Sentix-Index das Ergebnis meistens vorwegnimmt.

Die Erwartungen für die ZEW-Erwartungen steigen deutlich

Weil die von Sentix veröffentlichten Erwartungen für die deutsche Konjunktur im März wegen der Erwartung massiver Staatsausgaben durch die Decke gegangen waren, prognostizieren Analysten nun, dass die von Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobenen Erwartungen die gleiche Richtung einschlagen werden. Das wird nun von den Prognosen für die Erwartungen bestätigt: Laut Konsensprognose wird mit einem Anstieg auf 45,0 (Februar: 26,0) Punkte gerechnet.

Revidiert Eurostat die Inflationsdaten für Februar?

Die endgültige Veröffentlichung deutscher Verbraucherpreisdaten ist normalerweise eine langweilige Sache: In 99,9 Prozent der Fälle wird das vorläufige Ergebnis bestätigt. In letzter Zeit aber sorgen die Statistiker für Unterhaltung: Im Januar meldeten sie für Dezember zunächst einen Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) mit einer Jahresrate von 2,9 (November: 2,4) Prozent. Nach einem Tag wurde der Anstieg auf 2,8 Prozent korrigiert. Der ursprünglich für Februar gemeldete jährliche Anstieg um 2,8 (Januar: 2,8) Prozent wurde am Freitag auf 2,6 Prozent revidiert (nicht korrigiert). Eine Begründung lieferten die Statistiker nicht mit.

Analysten warten nun gespannt, ob auch Eurostat seine vorläufig gemeldete Inflationsrate von 2,4 (2,5) Prozent revidieren muss - erwartet worden war eigentlich ein Rückgang auf 2,3 Prozent. Die Zahlen werden am Mittwoch (11.00 Uhr) veröffentlicht. Und noch etwas sehr wirtschaftsrelevantes:

Bundestag ändert Schuldenbremse und beschließt Sondervermögen

Nachdem sich Union und die SPD der Unterstützung von Bündnis 90/Die Grünen versichert haben, kann der Bundestag am Dienstag zur Tat schreiten und die Änderung des Grundgesetzes in Sachen Schuldenbremse mit dem Ziel höherer Rüstungsausgaben und ein so genanntes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturausgaben beschließen. Wie die drei Parteien beschlossen haben, unterliegt letzteres dem Prinzip der Zusätzlichkeit, so dass keine Ausgaben aus dem Kernhaushalt in den Sonderhaushalt verschoben werden dürfen.

(Mitarbeit: Andreas Plecko)

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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