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15:23 Uhr, 23.05.2025

KONJUNKTUR IM BLICK/Der Preis ist kaum noch heiß

Von Hans Bentzien

DOW JONES--Das von US-Präsident Donald Trump ausgelöste Zoll-Debakel hat die Wachstumsaussichten weltweit eingetrübt. Zusammen mit den Wachstumsaussichten haben aber auch die Inflationsgefahren den Rückwärtsgang eingelegt. Das gibt der Wirtschaftspolitik Instrumente in die Hand, auf die sich abzeichnende zusätzliche Wachstumsschwäche zu reagieren. Konkret heißt das: Sollte die Inflation weiter sinken, könnten die Zentralbanken ihre Geldpolitik lockern und so die Wirtschaft stützen. In der Woche stehen weltweit Inflationsdaten an, die darauf abgeklopft werden dürften, ob sie oben genanntes Szenario stützen.

Euroraum-Teuerung sinkt im Mai

Die Teuerung im Euroraum dürfte im Mai gesunken sein, aber auf jeden Fall in der Nähe des Ziels der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent geblieben sein. Im April lag sie bei 2,2 Prozent. Eurostat veröffentlicht Verbraucherpreisdaten für Mai erst in der Folgewoche, aber die Eurostat-Datenbasis wird von vielen nationalen Bächen gespeist. Am Ende der Berichtswoche werden Zahlen von allen vier großen Volkswirtschaften vorliegen, so dass Analysten das Ergebnis für den Euroraum gut abschätzen können.

Deutsche HVPI-Teuerung sinkt im Mai

Der Inflationsdruck in Deutschland dürfte im Mai gesunken sein. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) gegenüber dem Vormonat um 0,1 Prozent gestiegen ist und um 2,0 (April: 2,2) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lag. Für den nationalen Verbraucherpreisindex werden Raten von 0,0 und ebenfalls 2,0 (2,1) Prozent prognostiziert. Bereits am Vormittag kommen Verbraucherpreisdaten aus sechs Bundesländern. Die Daten werden am Freitag (14.00 Uhr) veröffentlicht.

Weitere HVPI-Daten aus Frankreich, Italien und Spanien

HVPI-Daten werden auch in den anderen drei großen Volkswirtschaften veröffentlicht. Den Anfang macht Frankreich (Dienstag, 8.45 Uhr), am Freitag folgenden Spanien (9.00 Uhr) und Italien (11.00 Uhr). Weil wir gerade bei Freitag sind: Die Verbraucherpreisdaten des Großraums Tokio werden um 1.50 Uhr veröffentlicht. Japan kommt aus jahrzehntelanger Deflation, es hat das zarte Inflationspflänzlein bis vor kurzem gehegt und sich jeglichen verfrühten Optimismus verboten. Nun aber (im April) liegt die Inflation landesweit bei 3,2 Prozent und die Kerninflation bei 3,6 Prozent.

Die Bank of Japan (BoJ) ist nicht gerade für Aktionismus bekannt, und Volkswirte rechnen schon seit langem damit, dass die BoJ ihre Zinsen anheben wird - früher oder später. Zur Zeit sieht es wieder mal nach "später" aus. Das hat einerseits mit Zweifeln an der Stabilität der Inflation zu tun, denn Japan dürfte von den US-Einfuhrzöllen schwer getroffen werden. Andererseits streben die Renditen japanischer Staatsanleihen von Hoch zu Hoch, so dass die BoJ von so einem Schritt zurückschrecken könnte.

US-PCE-Inflation geht im April leicht zurück

Die am Preisindex der persönlichen Konsumausgaben (PCE-Deflator) gemessene US-Inflation dürfte im April leicht gesunken sein. Analysten rechnen laut Factset-Konsens damit, dass der PCE-Deflator gegenüber dem Vormonat um 0,1 Prozent gestiegen ist und um 2,2 (März: 2,3) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lag. Für den Kern-PCE-Deflator werden Raten von ebenfalls 0,1 und 2,6 (2,6) Prozent prognostiziert.

Die Fed wird diese Daten mit Aufmerksamkeit verfolgen. Viele Amerikaner und nicht zuletzt ihr Präsident Donald Trump hoffen auf eine baldige Zinssenkung der Fed. Aber deren Vertreter zeigten sich bis zuletzt unbeeindruckt von den präsidialen Forderungen nach Zinssenkungen. Derzeit gilt die Sprachregelung: Wir können warten, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit die Importzölle Beschäftigung und Inflation bewegen werden. Die PCE-Daten werden am Freitag (14.30 Uhr) veröffentlicht.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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