Kommentar
14:22 Uhr, 26.05.2009

Konjunktur: Ernsthafte Zweifel an dauerhafter Erholung

Das Vertrauen der Anleger in eine weltweite Konjunkturerholung ist in den letzten Wochen gestiegen. Damit hat sich die Angst vor einer Wiederholung der Großen Depression ver­flüchtigt. Die freundlichere Stimmung ist über­wiegend auf die Stabilisierung der Wirtschafts­indikatoren zurückzuführen, die in den ver­gangenen Monaten vielfach die – wenn auch niedrigen – Erwartungen übertroffen haben.

Auch ist es der US-Regierung gelungen, das Marktvertrauen im Finanzsektor erheblich zu steigern, wie sich vor allem am enormen Kursanstieg bei US-Bankenaktien zeigt. Die Stresstests bei 19 amerikanischen Großbanken sind ein gutes Beispiel für diese Entwicklung. Die Ergebnisse wurden bereits vor der offiziellen Veröffentlichung bewusst an die Öffentlichkeit getragen, so dass die endgültigen Resultate (zehn Banken müssen ihr Eigenkapital in den kommenden Monaten um $ 74,6 Mrd. aufstocken) kaum mehr für Überraschung am Markt sorgten.

In dieser Phase des Konjunkturzykluses spielt das Vertrauen in die Wirtschaft eine wichtige Rolle. Im letzten Jahr war dieses Vertrauen bei Verbrauchern und Unternehmen angesichts der realen Aussicht auf eine tiefe und von Deflation geprägte Rezession stark angeschlagen. Diese negative Stimmung machte sich an den Aktien- und Kreditmärkten durch dramatische Kursstürze bemerkbar. In den vergangenen Monaten ist es hier zu einer erfreulichen Wende gekommen und vor diesem Hintergrund kann sich die Zuversicht schnell wieder erholen. Das zeigt sich auch an der jüngsten Markt-Rally.

Ernsthafte Zweifel an dauerhafter Erholung

Wenn wir auch den Tiefpunkt dieses Konjunkturzyklus hinter uns haben dürften, bestehen dennoch ernsthafte Zweifel an der Nachhaltigkeit des aktuellen Aufschwungs. Allem Anschein nach liegt die jüngste Belebung weniger an einem Anstieg der Investitions- und Konsumausgaben, sondern vielmehr am Aufstocken der Warenlager.

In den USA hat sich nach zwei Quartalen, in denen die Wirtschaft um über 6 % geschrumpft ist, eine riesige Lücke aufgetan. Diese Lücke zu schließen wird schwierig und zeitaufwendig sein – vor allem, weil die Verbrauchernachfra­ge vor dem Einbruch lange Zeit durch einen dramatischen Anstieg der Schulden angekurbelt wurde.

US-Konjunktur hängt von anderen Ländern ab

Die USA können einen nachhaltigen Aufschwung nicht im Alleingang umsetzen. Voraussetzung ist eine Erholung der Nachfrage in den drei Sektoren Haushalte, Unternehmen und Außenhandel.

In der gegenwärtigen Situation wird die Auslandsnachfrage voraussichtlich eine entscheidende Rolle spielen. US-Haushalte (auf die über 70 % des amerikanischen BIP entfallen!) sehen sich massiven Problemen gegenüber. Ihre Finanzlage hat sich infolge fallender Hauspreise und Aktienkurse bereits deutlich verschlechtert und auch ihre Verschuldung ist nach wie vor zu hoch. Hinzu kommen die höchsten Arbeitslosenzahlen und die geringsten nominalen Einkommenszuwächse seit 25 Jahren. Die Amerikaner müssen mehr sparen (und tatsächlich ist die Sparquote in den letzten Monaten beträchtlich gestiegen), aber dadurch bleibt weniger Raum für Konsumausgaben, wenn die Wirkung von Steuersenkungen und niedrigerer Ölpreise erst einmal verflogen ist.

Vom Finanzsektor abgesehen ist der US-Unternehmenssektor nicht so stark verschuldet wie die Privathaushalte. Gleichwohl sieht man sich hier höheren Finanzierungskosten gegen­über, während die Möglichkeiten für eine Aus­weitung der Verkaufszahlen bzw. Preisan­passungen begrenzter sind.

Erholungsprozess in China hält an

Den jüngsten Zahlen zufolge steigt die Binnennachfrage in China wieder. Das Kredit- und Investitionswachstum hält an. So finden beispielsweise umfangreiche Infrastrukturin­vestitionen statt (allein im April stiegen die Investitionen in den Schienenverkehr um 85 % auf annualisierter Basis). Gleichwohl ist die chinesische Volkswirtschaft noch nicht groß genug, um als Wachstumsmotor der Weltkonjunktur zu fungieren. Aber schon allein wegen des wachsenden Bedarfs an Rohstoffen ist China einer der wichtigsten Treiber für die Emerging Markets.

Quelle: ING Investment Management

ING Investment Management ist der globale Asset Manager der ING Gruppe. Mit annähernd 375 Milliarden Euro Assets under Management, vertreten in 37 Ländern mit mehr als 3.700 Mitarbeitern, ist ING Investment Management (ING IM) weltweit auf Platz 27 im Asset Management.

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