Konjunktur: Aufschwung nicht von Dauer
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Die Anzeichen dafür, dass wir die Talsohle des Konjunkturzyklus bereits hinter uns haben, mehren sich. Vielfach spricht man bereits von einem konjunkturellen Frühling. Es ist allerdings durchaus nicht sicher, ob diese Erholung auch von Dauer sein wird.
Sicher ist derzeit nur, dass Wachstumsraten in den USA von -5 bis -6 Prozent vorerst überwunden sind. Eine V-förmige Erholung ist weiterhin möglich, auch wenn die Rückkehr zu Wachstumsraten nahe am langfristigen Durchschnitt (rund 2,5 Prozent) wohl noch auf sich warten lässt. Die Lücke zwischen Wirtschaftskapazität und tatsächlicher Auslastung wird sich während der gesamten Erholungsphase noch ausweiten. Bis die Wirtschaft wieder das langfristige Trendwachstum erreicht hat, dürfte diese Produktionslücke sich stetig vergrößern. Mit anderen Worten: Auslastungs- und Belegungsquoten von Produktionsstätten und Büros werden weiter zurückgehen und weitere Arbeitsplätze vernichtet.
Zudem deutet einiges darauf hin, dass es sich beim gegenwärtigen Aufschwung um eine bloße Bestandskorrektur handelt. Das bedeutet, dass der aktuelle Trend weniger von einem tatsächlichen Anstieg der Endnachfrage bei Unternehmen und Haushalten getrieben wird, sondern vielmehr von Bestands- und Produktionsprozessen im Anschluss an einen ungewöhnlichen starken Nachfragerückgang ab September 2008.
In solchen Fällen sinkt die Produktion anfangs unter die Nachfrage, so dass Unternehmen ihre Überbestände abbauen können. Die Produktionsmenge wird so lange unter der Gesamtnachfrage gehalten, bis das Gleichgewicht zwischen Beständen und Endnachfrage wiederhergestellt ist. Selbst wenn die Nachfrage dann nicht mehr steigt, muss die Produktion trotzdem angekurbelt werden, um die Balance zwischen Angebot und Nachfrage aufrechtzuerhalten. Das führt über ein, zwei Quartale zu einem Anstieg der Produktionsleistung, auch wenn die Gesamtnachfrage sich kaum erholt. Genau das scheint momentan der Fall zu sein.
Die allgemeine Unsicherheit im Hinblick auf eine dauerhafte Erholung hält an. Einer der maßgeblichen Faktoren ist in diesem Zusammenhang die Gesamtnachfrage, die ein Gradmesser für Konsum und Bedarf an Wohnimmobilien ist. Bevor man von einer echten Erholung sprechen kann, muss erst noch ein anhaltender Aufwärtstrend bei den Verbraucherausgaben einsetzen. In jüngster Zeit gab es zwar Hinweise auf eine Entspannung (unerwartet positive Zahlen bei Einzelhandel und Wohnimmobilienmarkt). Gegenläufige Trends wie geschwächter Arbeitsmarkt und negative Vermögenseffekte bremsen jedoch eine konsumgetriebene Erholung.
Vielmehr wird die wachsende Angst um den Arbeitsplatz wohl eher dafür sorgen, dass die Amerikaner jetzt mehr sparen. Auch wenn fiskalische Maßnahmen zu Einkommenszuwächsen führen, bedeutet dies nicht zwangsläufig einen nachhaltigen Anstieg der Verbraucherausgaben.
Expandierendes Wachstum in China
Die Aussichten sind im Osten etwas positiver. China, größtes Schwellenland und drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, scheint den Tiefstpunkt bereits überwunden zu haben. Mit 6,7 Prozent bzw. 6,1 Prozent in Q4 2008 bzw. Q1 2009 ist das Wirtschaftswachstum für chinesische Verhältnisse niedrig (2007 wuchs die chinesische Wirtschaft um 13 Prozent), aber für Industrieländer sind derartige Wachstumsraten schlichtweg unmöglich.
Die von der chinesischen Regierung ergriffenen Konjunkturmaßnahmen scheinen bereits zu greifen. So ist das Kreditwachstum im vierten Monat in Folge deutlich gestiegen. Seit Q3 2008 werden Banken gedrängt, mehr Kredite zu vergeben.
Eine Erholung in China könnte die Wiederbelebung des Welthandels bedeuten. Die Metallpreise, die vor der Krise vor allem von der explodierenden Nachfrage in China angetrieben wurden, zogen in Erwartung einer Nachfrageerholung bereits wieder an. Davon werden auch andere Schwellenländer, insbesondere Rohstoffexporteure wie Brasilien und Chile, profitieren. Bisher deuten die chinesischen Importzahlen jedoch noch nicht auf eine solche Erholung hin.
Quelle: ING Investment Management
ING Investment Management ist der globale Asset Manager der ING Gruppe. Mit annähernd 375 Milliarden Euro Assets under Management, vertreten in 37 Ländern mit mehr als 3.700 Mitarbeitern, ist ING Investment Management (ING IM) weltweit auf Platz 27 im Asset Management.
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