Kommentar: Irak-Krieg - Konjunkturszenario
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Kopie einer Meldung vom 20.03.03
Kommentar: Irak-Krieg - Konjunkturszenario ()
20.03. 14:54
Externe Quelle :
Einschätzung der Deka
Seit heute ist der Krieg im Irak Realität. In den vergangenen Wochen hatte sich die Wahrscheinlichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung stetig erhöht und war zuletzt fast Gewissheit geworden. Die zu erwartenden konjunkturellen Auswirkungen eines möglichen zweiten Irakkriegs für die Vereinigten Staaten wurden von der volkswirtschaftlichen Abteilung der DekaBank im September skizziert (siehe Volkswirtschaft Spezial vom 11.09.02: Irakkrieg: Risiken für die Weltwirtschaft). Die Belastungen eines derartigen militärischen Großkonflikts für die Weltkonjunktur haben insbesondere zwei Ursachen:
1. Ein erhöhter Rohölpreis, der zu einer Produktionsverringerung sowie zusammen mit einer Verringerung des Investorenvertrauens zu einer Einschränkung der Investitionstätigkeit führt.
2. Aufgrund der Kriegsängste der Bevölkerung kommt es zu einer Verschlechterung der Konsumentenstimmung sowie einer Verringerung der Konsumtätigkeit. Im Resultat führt dies insgesamt zu einer vorübergehenden Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität. An dieser Einschätzung hat sich gegenüber unserer Sicht vor einem halben Jahr nichts geändert. Allerdings sind in den vergangenen Monaten aufgrund der langen Vorbereitungszeit in vielen Bereichen bereits negative Vorzieheffekte bemerkbar gewesen: An Aktien-, Renten- und Devisenmärkten wurde der Militärkonflikt mit seinen Unwägbarkeiten zu einem großen Teil bereits seit Jahresbeginn zunehmend eingepreist. Ähnliches gilt für die Rohölmärkte. Auch beim Konsumenten- und Investorenvertrauen traten schon vorher belastende Wirkungen auf. Das bedeutet, dass die Weltwirtschaft bereits mit den oben genannten dämpfenden Effekten zu leben hat; der Kriegsausbruch wird diese Effekte fortsetzen, aber nicht mehr wesentlich vertiefen, wenn die Operationen ohne große militärische und politische Komplikationen verlaufen.
Unserer Konjunkturprognose liegt eine kurze Periode (etwa sechs Wochen) von Kriegshandlungen zugrunde, gefolgt von einer kontrollierten Nachkriegsordnung. Dies ist das einzige Szenario, das wir ökonomisch einigermaßen verlässlich abschätzen können. Im Falle von möglichen Schreckensszenarien sind die negativen Auswirkungen eher der Phantasie des Analysten und weniger der wissenschaftlichen Analyse ausgeliefert. In unserem Szenario gehen wir ebenfalls davon aus, dass innerhalb der ersten Kriegstage für die Finanzmärkte offensichtlich wird, dass der Krieg nur begrenzter Natur ist. Dies hätte zur Folge, dass es an den Finanzmärkten zu keinen nennenswerten Turbulenzen kommt und damit keine Rückwirkungen auf die Konjunktur entstehen. Diese Annahme beinhaltet auch, dass es während und auch nach dem Krieg zu keinen größeren terroristischen Anschlägen in den Vereinigten Staaten kommt. Eventuelle schnelle positive Effekte, aufgrund des Wegfallens einer eingepreisten Risikokomponente an den Finanzmärkten, schließen wir allerdings ebenfalls weitgehend aus. Zwar wird sich diese Risikokomponente nach einer Beruhigung der militärischen Lage reduzieren, jedoch werden diese Effekte nur begrenzte positive Impulse für die konjunkturelle Entwicklung generieren können. Für den Rohölpreis (WTI) erwarten wir einen kurzfristigen Anstieg auf bis zu 45 US-Dollar/bbl, so dass sich im Quartalsdurchschnitt ein Preis von nicht mehr als 40 USDollar/ bbl ergibt. Im weiteren Verlauf insbesondere im zweiten Quartal sollte sich dann eine Erholung auf etwa 30 US-Dollar/bbl einstellen. Durchschnittswerte unterhalb dessen erwarten wir aufgrund der weiterhin bestehenden Lieferschwierigkeiten in Venezuela zumindest im zweiten Quartal nicht. In diesem Szenario sind zudem keine weiteren Lieferengpässe beim Rohöl enthalten. Schließlich wird der als "CNN-Effekt" bekannte Konsumrückgang nur begrenzt im März/April zu spüren sein und einen Rückpralleffekt im Mai generieren.
Annahmen der Konjunkturprognose
- zeitlich und territorial begrenzter Konflikt (etwa sechs Wochen)
- frühzeitiges Ende des Krieges für die Finanzmärkte erkennbar
- keine terroristischen Anschläge größeren Ausmaßes in den Vereinigten Staaten
- kurzfristiger Anstieg des Rohölpreises auf bis zu 45 US-Dollar/bbl
- Rohölpreis erst zur Jahresmitte unter 30 US-Dollar/bbl
- keine Lieferengpässe aufgrund von eventuell zerstörten Öl-Pipelines
- Finanzpolitik bleibt nur noch wenig Spielraum für Impulse
- Zentralbanken reagieren mit zusätzlichen Zinssenkungen
Auswirkungen auf die Konjunktur
In den Vereinigten Staaten lag unsere bisherige Prognose für den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr mit 1,8 % klar unter dem Consensus mit 2,4 % (Stand vom März). An unserem zugrundeliegenden Szenario, dass die amerikanische Volkswirtschaft aufgrund von Aufräumarbeiten mit Kapazitätsbereinigungen nach dem Platzen der Technologieblase nur eine unterdurchschnittlich schwungvolle konjunkturelle Erholung erleben wird, halten wir fest. Kurzfristig sehen wir über die Eintrübung der Stimmung folgende Effekte auf die Konjunktur für unser neues Basisszenario: Durch den CNN-Effekt im März/April gibt es Rückgänge bei den Konsumausgaben und die Unternehmen halten Investitionen bis zur Klärung des Konflikts zunächst etwas zurück. Die Nachfragedämpfung führt zu ungeplantem Lageraufbau, der im dritten Quartal zurückgeführt wird. Insgesamt erwarten wir in den ersten drei Quartalen und dabei vor allem im zweiten Quartal geringere Zuwachsraten beim Bruttoinlandsprodukt. Ab dem vierten Quartal 2002 jedoch prognostizieren wir in unserem neuen Basisszenario etwas höhere Veränderungsraten, da die Verunsicherung der letzten Monate gewichen sein wird. Insgesamt gehen wir in 2003 von einem jahresdurchschnittlichen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,5 % aus, hingegen erhöht sich die Zuwachsrate für 2004 von 2,6 % leicht auf 2,8 % (Consensus im März: 3,7 %). Die negativen Effekte des Irakkriegs halten sich aus unserer Sicht ebenso in Grenzen wie das Aufwärtspotential der amerikanischen Volkswirtschaft in der Zeit nach dem Konflikt.
In Euroland wird der Krieg über zwei bremsende Effekte das zweite Quartal beeinflussen. Zum einen wird die Investitionstätigkeit stark zurückgehen, da die Unternehmer aufgrund des Krieges zusätzlich verunsichert werden und da der stark angestiegene Ölpreis den Kostendruck kurzfristig erhöht, was durch eine zeitliche Verschiebung von Investitionen kompensiert wird. Zum anderen wird der private Verbrauch schwächer zunehmen als es ohne Krieg der Fall gewesen wäre. Hier ist weniger ein CNN-Effekt, sondern vielmehr die durch den Krieg gestiegene Zukunftsangst Ursache der Konsumschwäche. Dagegen wird ein ungeplanter Lageraufbau die Wachstumsrate im zweiten Quartal stützen, ein verstärkter Lagerabbau im dritten Quartal wird dies jedoch wieder neutralisieren. Für Euroland wird trotz des Krieges kein negatives Quartal resultieren. Sobald sich ein erfolgreicher Verlauf des Krieges abzeichnet, werden die psychologischen negativen Effekte wegfallen, Investitionen und Konsum werden wieder auf die alten Wachstumspfade zurückkehren. Ein zusätzlicher Schubeffekt wird in 2004 aufgrund der zusätzlichen Zinssenkung der EZB zu erwarten sein. Dessen Wachstumswirkungen werden jedoch erst in der Jahresdurchschnittsrate von 2005 erkennbar. Insgesamt erwarten wir jetzt für 2003 eine Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts von 0,8 % (bisher 1,1 %), in 2004 wird die Wirtschaft in Euroland um 2,1 % wachsen (bisher 2,2 %).
Die schwache Konjunktur und die ungelösten Strukturprobleme haben die deutsche Volkswirtschaft im Winterhalbjahr an den Rand der Rezession gebracht. In diesem Umfeld bedarf es nicht viel, um vollends in eine Rezession abzugleiten: Allein schon der temporäre Kaufkraftentzug beziehungsweise die vorübergehende Verschlechterung der Gewinnmargen in Folge des Ölpreisanstiegs reichen in diesem Umfeld hierfür schon aus. In unserem "best case"-Szenario ist dann für den weiteren Verlauf nicht nur ein Rückgang des Ölpreises, sondern auch die Stabilisierung der Zukunftserwartungen von Haushalten und Unternehmen unterstellt. Unter dieser Annahme wirkt der kurze und erfolgreiche Krieg zwar wie eine Befreiung, doch die spezifisch deutschen Probleme bleiben ungelöst. Wir erwarten daher zunächst lediglich ein Einschwenken auf den Pfad der gedämpften Erholung ohne den Bremseffekt "Irak". Allerdings sollte das zweite Halbjahr 2004 eine gegenüber dem Vorkriegsszenario dynamischere Entwicklung bringen. Dafür ist auch die zusätzliche Zinssatzsenkung der Europäischen Zentralbank im April 2003 verantwortlich. Alles in allem revidieren wir unsere Prognose für das Bruttoinlandsproduktwachstum im laufenden Jahr von 0,6 % auf 0,2 % und im kommenden Jahr von 1,8 % auf 1,7 %.
Finanzmärkte und Rohölpreis
Hinsichtlich der Inflationsentwicklung gleichen sich in Euroland die preistreibenden Effekte der höheren Ölpreise und die inflationsbegrenzenden Effekte des höheren Außenwertes des Euro nur tendenziell aus. Da der Ölpreis schneller in den Inflationsraten Eingang findet als der Außenwert, erhöhen wir unsere Prognose der Jahresinflationsrate von 1,9 % auf 2,0 % in 2003 und senken sie von 1,7 % auf 1,6 % in 2004. Höhere Ölpreise werden zwar auch in den USA die Inflationsraten tendenziell nach oben treiben (Prognose für 2003: 2,2 %); die Risiken für eine energiepreisgetriebene Lohn-Preis-Spirale sind seit den 80er Jahren aber nachhaltig gesunken, weil die Fed eine hohe Intoleranz gegenüber höheren Inflationsraten an den Tag legt.
Sollte sich der Krieg wie angenommen über etwa sechs Wochen hinziehen, wird zumindest die EZB unserer Einschätzung nach mit Zinssenkungen reagieren, die über das bisher von uns bislang erwartete Niveau hinausgehen. Zinssenkungen zwischen den regulären Sitzungen der EZB erwarten wir nicht. Mittelfristige Vertrauensstabilisierung ist jedoch notwendig. Mögliche Zinssenkungstermine sind der 3. April und der 8. Mai für die EZB. Wir erwarten hier eine Zinssenkung von 50 Basispunkten. Der Anstieg der Ölpreise macht aufgrund der stabilen Inflationserwartungen für die USA tendenziell zwar auch eher Zinssenkungen als Zinserhöhungen wahrscheinlich. Wir erwarten aber, dass vor dem Hintergrund der massiven Unsicherheit und der sowieso schon niedrigen Federal Funds Target Rate die Fed eine "wait-andsee"- Strategie verfolgt, und die Zinsen konstant halten wird: "steady but ready" ist hier wohl ihre Devise.
Ein kurzer Irakkrieg war an den Kapitalmärkten bereits übermäßig eingepreist gewesen. Schon in den Tagen nach dem Ultimatum ist ein Teil der Unsicherheit aus den Märkten gewichen. An den Rentenmärkten bedeutete dies einen deutlichen Anstieg der Umlaufsrenditen. Wir erwarten in den nächsten Wochen eine volatile Entwicklung an den Rentenmärkten. Bei Anzeichen für militärische Probleme wird es zu Kursgewinnen kommen, bei Erfolgsmeldungen werden die Rentenkurse weiter sinken. Unsere 6- und 12- Monatsprognosen für das lange Ende des Kapitalmarkts bleiben dagegen fast unverändert: Wir sehen insgesamt vor dem Hintergrund der konjunkturellen Entwicklung nur einen moderaten Zinsanstieg auf 4,40 % für Euroland (10-jähr. Bunds) und 4,60 % für die USA (10 jähr. Treasuries). Im Umfeld eines erfolgreichen Irakkriegs kann es auch zu darüber hinaus reichenden Zinsanstiegen kommen; wir gehen davon aus, dass solche Übertreibungen jedoch nicht nachhaltig sind. Am kurzen Ende wird es in Euroland durch Zinssenkungen der EZB zu einem weiteren Renditerückgang kommen, in den USA erwarten wir keine Veränderungen. Insgesamt bedeutet dies tendenziell eine leicht steilere Zinskurve nach dem Ende des Irakkriegs.
Die Aktienmärkte waren im langen Vorlauf zu diesem Krieg sehr stark nach unten gelaufen, teilweise deutlich in eine Unterbewertung hinein. Von diesen sehr niedrigen Ständen hat mit dem US-Ultimatum eine Erholung eingesetzt, da damit die Unsicherheit um den Zeitpunkt eines Golfkrieges beendet war. Dies geschah in Analogie zum ersten Golfkrieg als ebenfalls mit Kriegsbeginn die Kurse stiegen. Bei dem hier unterstellten Kriegsverlauf sollte diese Erholung dauerhaft sein, wenngleich mit starken Volatilitäten in den ersten Kriegswochen zu rechnen ist. Allerdings fällt nach dem Irakkonflikt das Augenmerk wieder auf die konjunkturelle Entwicklung als Basis für Unternehmensumsätze und -gewinne. Bei einer nur als moderat einzustufenden Wirtschaftsdynamik fehlt es von dieser Seite her an Unterstützung für eine stürmische Erholung an den Aktienmärkten.
An den Devisenmärkten dürfte sich der generelle Trend einer Abwertung des US-Dollar fortsetzten, der in den letzten Tagen aufgrund der spekulativen Bewegungen im Vorfeld des Krieges unterbrochen worden war. Allerdings gilt auch hier, wie schon beim Rentenmarkt erwähnt, dass ein Teil des Krieges sicher schon in den Kursen enthalten ist. Aus diesem Grund sehen wir keinen Absturz der US-Währung begleitet von einer regelrechten Flucht in "sichere Häfen" wie den Euro, Yen oder Schweizer Franken. Nach Kriegsende dürfte sich der US-Dollar zunächst erholen, ähnlich wie nach dem Golfkrieg 1991. Allerdings werden nach einiger Zeit wieder die fundamentalen Rahmenbedingungen in den Vordergrund treten und die sprechen derzeit eindeutig für einen schwächeren US-Dollar. Möglicherweise dürften sie nach Kriegsende deutlicher hervortreten, als sie das bisher getan haben.
Wir gehen davon aus, dass der Rohölpreis in der Spitze auf 40 bis 45 USD pro Barrel (USD/bbl) ansteigen wird, getrieben durch den Ausfall der irakischen Rohölproduktion, die präventive Schließung von Kuwaits nördlichen Ölfeldern und die Sorge über weitreichendere Lieferausfälle aus der Region am Persischen Golf. Damit beurteilen wir den drastischen Preisrückgang in den letzten Tagen als vorübergehende Reaktion, ausgelöst von spekulativen Marktbewegungen. Wie lange sich der Ölpreis auf einem dann wieder höheren Niveau halten wird, hängt vom Verlauf des Krieges ab. Sollte sich eine schnelle Lösung abzeichnen und sollten vor allem in den USA schon zu Beginn Bestände aus den strategischen Ölreserven freigegeben werden, gehen wir davon aus, dass sich der Preis bald wieder auf Niveaus von knapp über 30 USD/bbl zurückbilden wird. Aufgrund der auch ohne Irak-Krieg sehr angespannten Situation am Ölmarkt erwarten wir aber erst Mitte des Jahres einen Rückgang auf Niveaus unter 30 USD/bbl. Im Jahresdurchschnitt gehen wir von einem Preis von USD 29 für ein Fass Rohöl der Sorte Brent Blend aus. Für Rohöl der US-Benchmark-Sorte WTI erwarten wir aufgrund der angespannteren Fundamentalsituation in den USA einen um ca. 2 USD/bbl höheren Ölpreis.
Prognoserisiken
Negativszenario: Eine schlechtere Entwicklung als in unserem Hauptszenario beschrieben, kann zum einen daraus resultieren, dass wir die Effekte aus dem Kriegsausbruch auf Konsumenten- und Investorenvertrauen unterschätzen und dass selbst bei einem relativ reibungslosen Kriegsverlauf die Produktions- und Verbrauchseinbrüche tiefer sind und länger anhalten als nur ein Quartal. Zum anderen aber sieht sich die Weltwirtschaft gegenwärtig nicht nur den Belastungen rund um den Irakkrieg ausgesetzt. Immer noch ergeben sich darüber hinaus Risiken für die Weltwirtschaft durch die Nachwirkungen der Finanzmarktturbulenzen der letzten Jahre. Späte Folgewirkungen von Vermögenspreiseinbrüchen etwa könnten den privaten Verbrauch in den Vereinigten Staaten immer noch beeinträchtigen. Eine darauf folgende Anpassung von Investitionsplänen bei den Unternehmen könnte zu weiteren Entlassungswellen führen, die über ein sinkendes Verbrauchervertrauen wiederum Rückwirkungen auf den privaten Konsum hätten. Eine Abwärtsspirale könnte die US-Volkswirtschaft so in die nächste Rezession führen. Den negativen Außenwirkungen hätten Euroland und Japan keine binnenwirtschaftliche Gegenkräfte entgegenzusetzen, sodass der Abwärtssog die gesamte Weltwirtschaft erfassen würde. Aufgrund der von uns betrachteten Makroparameter halten wir die derzeitige Erholung der US-Wirtschaft jedoch eher für robust, auch wenn sie weniger schwungvoll als in früheren Zyklen verläuft. Daher räumen wir diesem ökonomischen Negativszenario nur eine Wahrscheinlichkeit von 20 % ein.
Positivszenario: Viele Finanzmarktteilnehmer (Consensus) gehen derzeit von einer besseren Entwicklung aus, als es unser Hauptszenario ausweist. Dieser Standpunkt baut darauf auf, dass die US-amerikanischen Konsumenten und Investoren durch einen Irakkrieg wenig beeinträchtigt werden, so dass kaum bremsende Effekte auf die Gesamtwirtschaft zu verzeichnen sind. Hiernach wird sich der private Konsum in den USA in diesem Jahr schnell wieder festigen, weil die massiven Impulse von Finanz- und Geldpolitik aus den vergangenen beiden Jahren wirken. Die Anpassungen der US-Wirtschaft an die Post New Economy-Ära ist bereits vollzogen, der Investitionszyklus springt wieder kräftig an. Damit würde das Bruttoinlandsprodukt in den USA bereits im zweiten Halbjahr wieder mit etwa 4 % ansteigen, Euroland würde aus der konjunkturellen Stagnation herausfinden. Wir sind für solche positiven Überraschungen nicht ganz so optimistisch. Die Trümmer der Finanzmarktblase zu beseitigen, wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ein solches positives Szenario gewichten wir mit 10 % Wahrscheinlichkeit.
Eine andere Prognosewelt
Die oben entwickelten Szenarien stehen alle unter den zu Beginn gemachten Annahmen, insbesondere der Annahme eines relativ kurzen Irakkriegs ohne unerwartete Folgewirkungen. Sollte sich der Krieg im Irak oder die weltpolitische Lage in anderen Regionen jedoch gravierend anders als oben angenommen entwickeln, so liegen andere Ausgangsbedingungen und damit andere ökonomische Folgewirkungen vor. Wahrscheinlichkeiten solcher unterschiedlicher Kriegsverläufe anzugeben, ist selbst für Militärs oder politische Nahostexperten äußerst schwierig. Aus ökonomischer Sicht wären Wahrscheinlichkeitseinschätzungen reine Spekulation, daher verzichten wir darauf. Allerdings lassen sich mögliche weitere Szenarien und ihre Folgen für die Weltwirtschaft beschreiben:
- Sollte sich nach einem Angriff auf den Irak eine unkontrollierbare Destabilisierung der Region ergeben und sich daraufhin ernsthaft eine Gefährdung der Rohölversorgung abzeichnen, dann blickt die Welt in den Abgrund einer tiefen Rezession. In Erwartung dieser würden die Finanzmärkte heftig reagieren. Eine Gefährdung der Stabilität des Finanzsystems und eine Kreditklemme wären die Folge. Dieser würden sich die Zentralbanken durch Zinssenkungen bis zur Nullgrenze und unbegrenzte Bereitstellung von Liquidität entgegenstemmen.
- Es ist jedoch auch ein fast kampfloser, unerwartet schneller Kriegsverlauf vorstellbar. In einer geordneten Nachkriegszeit ohne große Kriegsschäden ist auch ein massiv sinkender Rohölpreis möglich. Dies wären Bausteine für eine "Erleichterungsrallye" an Finanzmärkten und in der Realwirtschaft.
Nochmal: Eine Wahrscheinlichkeit für solche Szenarien ist aus ökonomischer Sicht nicht zu benennen, zu eindeutig hängt sie von exogenen Schocks aus dem politischen oder militärischen Bereich ab.
Quelle: Deka
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