Kommentar
00:00 Uhr, 04.05.2007

Königsdisziplin Daytrading - Was man vor dem Eingehen eines Trades wissen sollte

Die internationalen Börsen bieten Chancen und Risiken. Auf dem Weg Chancen zu nutzen und Risiken auf ein Minimum zu reduzieren trifft man immer wieder auf psychologische Barrieren. Man stellt sich immer wieder die Frage, ob man zu einem guten Kurs eingestiegen ist, oder zu einem vorteilhaften Preis wieder aussteigen konnte. Vor allem beim Daytrading sind diese Kriterien von Bedeutung, da man einerseits viele Trades eingeht, und andererseits durch die Beschränkung auf die Intradayhaltedauer von jedem Punkt besserer bzw. schlechterer Ausführung partizipiert. Beim Handel mit gehebelten Produkten sogar überproportional. Um die eigenen Emotionen im Griff zu behalten, sollte man sich zunächst Gedanken darüber machen, welche Faktoren man beeinflussen kann, und welche nicht.

Der Einstieg. Der Einstieg ist ein sehr wichtiger Punkt für einen Daytrader. Wird man zu einem guten Preis ausgeführt, dann kann sich das Chance/Risiko Profil deutlich verbessern. Kommt es jedoch zu einer ungünstigen Ausführung, dann kann sich das Chance/Risiko Verhältnis dermaßen verschlechtern, dass eine Position gar nicht mehr gerechtfertig ist. Der Feind heißt in diesem Fall Slippage und beschreibt, die Abweichung von gewünschten und tatsächlich erhaltenen Ausführungspreis. Doch wie wehrt man sich gegen Slippage? Sie tritt ja nicht immer auf, und außerdem kann sie sich sowohl zu meinen Gunsten (äußerst unwahrscheinlich) als auch zu meinen Ungunsten auswirken. Dem kann man ganz einfach entgegenwirken. Vor allem als Daytrader darf man sich von Launen des Marktes bzw. des Brokers nicht von seinem Plan abbringen lassen. Da man immer ein Worst Case Szenario parat haben sollte, sollte man davon ausgehen, dass man bei jedem Trade mit einem gewissen Maß an Slippage bestraft wird. Jedoch nicht in der Höhe der maximal erlittenen Slippage, sondern mit einem Durchschnitt, den man sich aus vergangenen Trades berechnet. Tatsächlich bedeutet dies nichts anderes als die Position ein wenig zu verkleinern. Damit das eingegangene Risiko langfristig kalkulierbar bleibt.

Der Ausstieg. Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Szenarien ehe ein Trade glattgestellt wird. Entweder wird man ausgestoppt, in diesem Fall muss man unbedingt die Reißleine ziehen, ansonsten lässt sich das Risiko langfristig nicht steuern und es kommt unweigerlich zum Totalverlust. Es kann aber auch das Kursziel erreicht werden. Was man dann tut, bleibt jedem Trader selbst überlassen. Die einen stellen die Position konsequent glatt. Andere steigen teilweise aus und halten einen gewissen Teil der Position weiter, um von potentiellen weiteren Kursgewinnen profitieren zu können. Andere wiederum warten ab. In dieser Beziehung gibt es kein richtig und kein falsch. Wichtig ist nur, dass man konsequent bleibt. Bei der Nachbetrachtung der Trades kann man dann ja evaluieren, ob die angewandte Strategie zu diesem Zeitpunkt die profitabelste war. Wenn dem nicht so ist, kann man immer noch Anpassungen vornehmen. Im dritten Szenario wird weder das Kursziel erreicht, noch wird man ausgestoppt. Warum sollte man die Position also glattstellen? Da es sich um Daytrading handelt, und meistens mit Hebelprodukten überproportional große Summen bewegt werden, ist es unabdingbar seine Positionen vor Marktschluss zu schließen. Egal ob man mit dieser Position nun im Plus oder im Minus ist, oder ob man immer noch von der eigentlich Idee beim Einstieg überzeugt ist. Die Ausbildung von Kurslücken (Up-Gap bzw. Down-Gap) zu Beginn des nächsten Handelstages stellt ein viel zu großes Risiko dar, und macht das professionelle Arbeiten mit Risiko ebenso unmöglich, wie das undisziplinierte Handhaben von Stopp-Marken. Nicht dass Gaps etwas Schlechtes darstellen würden, sie bieten nämlich Tradingmöglichkeiten mit tollen Chance/Risiko Profilen. Aber wenn man schon in das Trading mit Gaps involviert ist, dann sollte dies aktiv und nicht passiv erfolgen.

Egal welche Setups Sie für den Einstieg anwenden, oder welche Kriterien Sie für Ihren Ausstieg verwenden, es ist wichtig, dass Sie einen Plan verfolgen und alle möglichen Szenarien inklusive Ihrer daraus folgenden Konsequenzen schon kennen, bevor sie eintreten. Daher ist es auch so wichtig, sich an Stopp-Marken zu halten bzw. Positionen vor Börsenschluss glatt zu stellen. Denn diese Einflussfaktoren können nur sehr schwer (wenn überhaupt) in einen vernünftigen Tradingplan aufgenommen werden. Dieser sollte festlegen, wo ihr Stopp Loss liegt bzw. wo ihr Kursziel liegt. Wie Sie bei erreichen dieser beiden Marken reagieren und vor allem wie groß eine einzelne Position ist. Dies gibt nämlich den übergeordneten Ausschlag dafür, wie viel Sie mit einer Position riskieren wollen. Ein wichtiger Aspekt bei der Positionsgrößenbestimmung ist, dass eine gewählte Positionsgröße über einen gewissen Zeitraum konstant bleibt. Ansonsten lassen sich Systeme, die grundsätzlich einen positiven Erwartungswert aufweisen nämlich nicht zwingend gewinnbringend traden.

Ich möchte Ihnen abschließen den Tipp geben, dass Sie, vor allem, wenn Sie gerade erst mit dem Daytrading begonnen haben, nicht blind drauf los traden. Suchen Sie sich einen Broker, bei dem das Handeln von kleinen Positionen auch mit dementsprechenden minimalen Kosten verbunden ist. Dies sollte möglich sein. Tasten Sie sich dann langsam auf die Marke von 1 % heran. Das bedeutet, dass Sie maximal ein Prozent Ihres Gesamtportfolios bei einem Trade verlieren, sollte dieser ausgestoppt werden. Sie werden merken, dass auch bei minimaler Positionsgröße bereits die psychologischen Aspekte eintreten. Und zwar Gier und Angst. Wenn Sie keinen vorgefertigten Plan haben, dann werden diese Emotionen Ihr Trading beherrschen. Tatsächlich sollte Ihr Trading aber Ihre Emotionen beherrschen. Nur so können sie langfristig zu einem profitablen Daytrader werden. Daytrading ist tatsächlich die Königsdisziplin beim Trading. Und gerade deshalb ist es notwendig, dass man durch perfekte Vorbereitung (ein Tradingplan, der alle möglichen Szenarien enthält) und mentale Leistungsfähigkeit (langsames Herantasten durch das Traden kleiner Positionen) besticht. Wenn man diese Dinge beherzigt, dann steht dem Erfolg langfristig nichts im Wege. Denn auch wenn es sich beim Daytrading oftmals um sehr kurzfristige Investments handelt. Der Erfolg ist von langfristigem Einsatz abhängig.

TJ-Fazit:

Sowohl beim Einstieg als auch beim Ausstieg sollte es nicht zu unvorgesehenen Überraschungen kommen

Wer nicht professionell mit Risiko umgehen kann, wird langfristig alles verlieren.

Trading sollte Emotionen beherrschen, nicht umgekehrt.

Autor: Michael J. Plos

Dieser Fachartikel wurde im Tradersjournal veröffentlicht.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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