Kommentar
16:10 Uhr, 05.11.2004

Keep cool!

So richtig viel Neues haben wir im Oktober nicht gesehen. Die realökonomischen Indikatoren brachten wenig Erhellung. Bei den Unternehmensgewinnen, immerhin ging die Berichtssaison des dritten Quartals zu Ende, gab es im Schnitt wenig Überraschungen.
Die Gewinnerwartungen konnten überwiegend erfüllt werden, wobei das Wachstum zuerst von der verbesserten Kostenseite und weniger von den Umsätzen kam. Konjunkturell kamen aus dem Euroland widersprüchliche Signale: So stieg der französische INSEE-Konjunkturindex, während der Ifo leicht sank, legte das von Eurostat ermittelte Wirtschaftsvertrauen etwas zu, während der ZEW-Konjunkturindikator und der, für die Eurozone so bedeutsame, belgische Frühindikator Terrain abgaben. Und während in den USA der ISM-Einkaufsmanagerindex auf hohem Niveau etwas schwächer tendierte, das Konsumklima der Uni- Michigan zurückging, die erste Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt (3. Quartal) hinter den Erwartungen zurückblieb, schritt der Bauboom weiter voran und stieg die Industrieproduktion. Erfreulich - aber kaum beachtet - Japan. Dort erwartet die Zentralbank ein Ende der Deflation im kommenden Jahr, wenn auch der (erwartete) leichte Anstieg der Kerninflationsrate noch keinen Anlass zur Änderung der Zinspolitik gäbe. Nichts wirklich Neues, zumindest nichts was unser Bild eines reifer werdenden Wachstumszyklus über den Haufen werfen könnte, und dennoch: Der Markt blieb in Bewegung. Gründe lieferten besonders der Ölpreis und die, man höre und staune, chinesische Zentralbank. Unsicherheiten in Saudi-Arabien und Nigeria sowie Lieferengpässe, nicht zuletzt auch aufgrund der Hurrikans im Golf von Mexiko, lieferten die Anlässe für einen scheinbar unauf haltsamen Anstieg des Ölpreises, der die, für Europa bedeutsame, Sorte Brent auf zeitweise über 51 US-Dollar trieb. Erst angenehme Überraschungen bei den Öl- Lagerbeständen in den USA und die Zinsanhebung der chinesischen Zentralbank konnten diesen Anstieg stoppen. Argumentationsmuster: Wenn im Reich der Mitte die Zinsen steigen, kühlt sich dort und in der Welt die Konjunktur ab, es wird weniger Öl verbraucht. Ein Argumentationsmuster, das sich auch bei den Rohstoffen fortsetzte. Während die Renditen der Staatsanleihen der G3 nur eine, dafür um so eindeutigere Richtung kannten, nach unten - kann bei den Aktien im Oktober nur von einer Schaukelbörse gesprochen werden, die den Dax von einem Hoch bei ca. 4.080 auf zeitweilig unter 3.900 tauchen ließ, nur damit dieser zum Monatsausklang wieder die 4.000er Marke reißen konnte. Euro und Yen legten zum Dollar zu - die Abkühlung in den Industriestaaten wird zuerst aus den USA erwartet.

Summa Oeconomica

- Cool bleiben! Auch wenn die chinesische Zentralbank ihr Geld (marginal) verteuert und jetzt so etwas wie einen Marktmechanismus bei der Kreditvergabe der Banken zulässt, ist dort noch kein Ende des Wachstums absehbar. Der Ölpreis bleibt zwar weltweit ein Angstgegner, aber das Konjunkturbild ist noch intakt. Auch die Gewinnseite spricht nicht gegen die Aktien. Zwar kamen die bisher positiven Revisionen zum Stillstand, bzw. verkehrten sich im Falle der USA leicht ins Negative, was aber kaum überrascht, deuten sie doch auf eine Verlangsamung des Wachstums insgesamt hin. Damit war nach der starken Ausweitung der letzten Quartale aber zu rechnen.

- Die Bewertungen sprechen ein klares Bild: Aktien bleiben attraktiv, was auf Grundlage der KGVs für das Euroland und besonders Deutschland noch stärker gilt als für die USA. Auch hat die Dividendenrendite im Euroland zwischenzeitlich wieder die 3% touchiert. Was nicht nur Dividendentitel insgesamt attraktiv macht, sondern auch die relative Preiswürdigkeit von Aktien gegenüber Renten ausdrückt. - Wer "cool bleibt" wird sich eine Übergewichtung von Aktien versus Renten überlegen, und dabei besonders dem "alten Kontinent" die Ehre geben. Besonders die Bewertungen und das fehlende Wechselkursrisiko sprechen dafür. Und wer weiß, ob mit Blick auf den Jahreswechsel jetzt, da viele "bad news" in den Kursen drin zu sein scheinen, nicht doch eine kleine Jahresendrallye drin ist.

Branchen

- Auf Seiten der Branchen lautet die Devise: Bevorzugt defensiv, gerne mit einer attraktiven Dividende und entweder Profiteur des hohen Ölpreises oder wenig abhängig davon.

- So schreibt sich hier die Bevorzugung der Energiewerte fort. Die KGVs haben sich weiter verbilligt und der Revisionstrend bleibt unverändert deutlich aufwärts gerichtet.

- Der Pharmasektor dürfte die belastenden Überlegungen bzgl. möglicher Preisbindungen in den USA eingepreist haben. Die Bewertungen sind günstig, dazu kommt die klassische Defensivität, die diesen Sektor attraktiv macht.

Geldpolitik

- Während die Federal Reserve in den USA die Geldmarktzinsen maßvoll weiter nach oben schleusen dürfte, bleibt es bei der EZB aktuell noch unklar, welche Karte sie spielt: Die der konjunkturellen Fragezeichen

(Ölpreis), oder die der überschüssigen Liquidität (Wachstum der Geldmenge M3) und der damit verbundenen Risiken einer Inflation der Vermögenswerte. Die Zinsanhebung dürfte sich damit weiter in das Jahr 2005 hinein verschieben.

Renten

- Auf der Staatsanleihenseite behalten wir unsere alte Empfehlung aufrecht: Während die längeren Laufzeiten, besonders der Bereich der "10-jährigen", teuer gepreist ist und es dort nur noch wenig Rendite zu verdienen gibt, bleiben gerade die kürzeren und mittleren Laufzeiten noch interessant, was von der Gesamtausrichtung des Rentenportfolios eine Durationsverkürzung nahe legt. Anlagewährung bleibt der Euro. Weder der japanische Yen (niedrige Renditen), noch der US-Dollar (Wechselkursrisiko) empfehlen sich.

Quelle: dit

Der dit (Deutscher Investment Trust) verfügt über mehr als 45 Jahre Fondsmanagement-Erfahrung in Deutschland und ist Teil einer der größten Vermögensverwalter der Welt - der Allianz Dresdner Asset Management. Die Gesellschaft verwaltet derzeit in über 700 Wertpapier- und Geldmarktfonds ein Anlagevolumen von über 125 Mrd. Euro.

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