K: Wie Finanzmärkte funktionieren
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INTERVIEW mit Vernon Lomax Smith
Wie Finanzmärkte funktionieren
Kann man zukünftige Preise prognostizieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Asset Management Industrie seit Anbeginn. e-fundresearch sprach mit Prof. Vernon Smith, Wirtschaftsnobelpreisträger 2002, über diese Problematik. Denn er entdeckte in seinen Experimenten wichtige Grundregeln des Finanzmarktes.
Dr. Vernon Lomax Smith, 1927 in Kansas (USA) geboren, erhielt 2002 für den „Einsatz von Laborexperimenten als Werkzeug in der empirischen ökonomischen Analyse, insbesondere in Studien unterschiedlicher Marktmechanismen“ den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Er gilt als Vater der experimentellen Wirtschaftsforschung und war einer der ersten, der sich auf die Suche nach systematischen Mustern des menschlichen Entscheidungsverhaltens auf Geld-, Waren- und Gütermärkten machte.
Er fordert ganz im Sinne seiner Schule außerdem die größtmögliche Freiheit für die Wirtschaft. Diese sollte - nach seiner Ansicht - auch darin zum Ausdruck kommen, weder Unternehmen noch Ersparnisse zu besteuern. Nur der Konsum sollte besteuert werden, weil nur dieser Teil wirklich verbraucht und von keinem anderen konsumiert werden könne.
Prof. Smith ist seit September 2004 „Advisor to the Board“ der Liechtensteinischen Fürstenbank LGT und führt eine Reihe von LGT initiierten Forschungsprojekten durch. Auf Einladung der LGT Gruppe weilte er kürzlich in Europa. Mit e-fundresearch sprach er in Wien über die Funktionsweisen von Finanzmärkten und was Anleger daraus lernen sollten:
Professor Smith, Sie wurden 2002 für Ihre Leistungen rund um die experimentelle Ökonomie mit dem Wirtschaftnobelpreis ausgezeichnet. Dabei fanden Sie heraus, dass insbesondere Finanzmärkte schnell aus dem Gleichgewicht laufen. Wie haben Sie das nachgewiesen?
VS: Wir haben in unserem Labor Finanzmärkten simuliert. Im Experiment bekam jeder Mitspieler eine Grundausstattung mit fiktiven Aktien und Bargeld. Ziel der Mitspieler sollte es sein, am Ende möglichst viel Bargeld zu besitzen. Es gab 15 Spielrunden, nach jeder Runde werden mit vorab festgelegten Wahrscheinlichkeiten Dividenden in vorab festgelegter Höhe ausgeschüttet. Unter solchen Bedingungen ist der fundamental zu erwartende Wert der Aktien eindeutig definiert, der Kurs der Aktien sollte sich entlang eines vorhersehbaren Pfads bewegen – das tat er aber bei weitem nicht.
Was geschah genau?
VS: Eigentlich immer dasselbe: Anfangs sind die Aktien gegenüber dem inneren Wert unterbewertet, dann bildet sich eine spekulative Blase – und schließlich gibt es einen Crash. Unter dem Strich verlieren die meisten Teilnehmer Geld. Lässt man die Mitspieler das Experiment wiederholen, erkennt man Lerneffekte: Die Blase entsteht früher und ist kleiner, entsprechend kleiner fällt der Crash aus. Bei einer zweiten Wiederholung blieb der Aktienkurs dann in der Nähe des fundamentalen Wertes.
Was können Anleger daraus lernen?
VS: Erstens, dass sich Kapital- und Konsumgütermärkte eindeutlich voneinander unterscheiden. Denn an den Finanzmärkten können Investoren Dinge handeln, die keinen Konsumwert haben. Der Wert der Anlage wird durch Ereignisse bestimmt, die in der Zukunft liegen und darüber herrscht zu einem großen Teil Unsicherheit. Ebenfalls wird der Wert durch das, was andere Leute über den zukünftigen Wert denken und wie sie sich verhalten stark bestimmt.
Investoren sind lernfähig
Zweitens reicht es nicht aus, alle mit den gleichen Informationen zu versorgen. Deren Erwartungen werden trotzdem voneinander abweichen. Erst nach einigen Wiederholungen stellt sich ein Lernprozess ein und die Erfahrung stellt ein Gleichgewicht her.
Können Preise prognostiziert werden?
Drittens, und das ist für Investoren wahrscheinlich der wichtigste Punkt: Der Handelsprozess generiert Informationen, die Preisbewegungen antizipieren. Ein guter Indikator für steigende Preise ist, wenn die Anzahl der Kaufangebote (Bid) die Anzahl der Verkaufsangebote (Ask) übersteigt. Das widerspiegelt die Erwartungen der Leute an Kapitalgewinn. Leider versuchen heute viele Marktteilnehmer – die sich dessen bewusst sind –das Bid/Ask-Verhältnis durch unechte Kaufangebote irrezuführen.
Verlassen sollte man sich auf diesen Indikator also auch nicht, oder?
VS: Nein, denn ein guter Teil des Verhaltens ist Zufall. Wenn sich außerdem immer mehr Leute nach einem Indikator richten, geht seine Prognosequalität durch Arbitrage verloren. Die abnehmenden Renditen bei Hedge-Fonds, sind eigentlich genau darauf zurückzuführen. Wenn immer mehr Fonds eine ähnliche Strategie verfolgen, sinken eben die Gewinnmöglichkeiten. Das kann dann aber wieder neue Effekte kreieren, die man ausnutzen kann. Die Erfahrung zeigt, dass die Suche nach neuen Indikatoren keine nutzlose Übung ist.
Erfahrung lindert Blasen
Wie können Blasen vermieden werden? Denn unter dem Strich verlieren doch die meisten Teilnehmer Geld.
VS:Nur eines: Erfahrung. Die demografische Struktur verschiebt sich aber im mer mehr in Richtung von Investoren, die den letzten Crash nicht miterlebt haben. Wenn diese Erinnerungen verblassen, sollten wir aber schwerwiegende Börsencrashs erwarten. Und in der Tat besteht eine sehr hohe Korrelation zwischen der Stärke des Preisverfalles des S&P 500 Index und der Monate seit dem letzten Preisrückgang. Außerdem spielt Liquidität eine wichtige Rolle: Im Experiment verursacht die Gruppe, die mehr Geld erhielt, auch eine größere Blase. Folglich ist eine große Geldmenge eine Voraussetzung für eine Marktblase.
US-Hauspreisblase scheint echt Klingt sehr nach der heutigen Lage in den USA. Die Niedrigzinspolitik von Alan Greenspan hat den Boom bei Hauspreisen erst möglich gemacht.
VS: Ja, die US-Hauspreise weisen deutliche Anzeichen einer Blase auf. Viele Leute kaufen oder verkaufen bereits Dritt-Häuser ohne darin die geringsten Erfahrungen zu haben. Im Verhältnis zu den Mieten sind die Preise schon sehr hoch, auch weil Immobilienanlagen in den USA seit einigen Jahren steuerbegünstigt sind. Im Vergleich zu anderen Assetklassen ist das eine große Verzerrung. Ich selbst habe vor kurzem eines meiner Häuser verkauft und bin ab jetzt nur noch Mieter.
Sind Frauen die besseren Investoren? Welche Rolle spielt eigentlich Bildung in Ihren Experimenten? Wer schneidet besser ab: Der Lehrling oder der Universitäts-Professor?
VS: Generell zeigen beide Gruppen das gleiche Verhalten. Eine Ausnahme zeigt sich nur, wenn man Geschäftsleute für das Experiment heranzieht. Die schneiden außergewöhnlich schlecht ab. Eine zentrale Rolle dabei spielt vermutlich überzogenes Selbstvertrauen. So, wie unsere Experimente konstruiert sind, kann man mit Kurssteigerungen nur Gewinne machen, wenn ein anderer Mitspieler entsprechende Verluste erleidet – Informationsvorsprünge gibt es nicht. Wenn dennoch eine Blase entsteht, dann deshalb, weil zumindest einige Teilnehmer glauben, schlauer zu sein als der Markt. Weiters verursachen Männer eher eine große Blase als Frauen. Deshalb generieren diese im Durchschnitt auch eine geringere Performance und weisen eine höhere Handelstätigkeit auf als Frauen. Eine Erklärung dafür ist, dass Männer im Vergleich zu Frauen mehr Selbstvertrauen haben, und eher glauben, dass ihre Überzeugungen richtig sind.
Wie Nobelpreisträger investieren
Wie veranlagt eigentlich ein Wirtschaftnobelpreisträger privat sein Geld?
VS: Ich investiere schon seit langer Zeit in einen steuerlich begünstigten Pensionsfonds der Lehrergewerkschaft (TIAA CREF). Begonnen habe ich damit als ich 1954 zu arbeiten begonnen habe, jetzt mit 79 Jahren zahle ich immer noch ein. Da ich damit aber ein sehr sicheres Polster habe, kann ich es mir leisten zusätzlich auch Einzelaktien zu kaufen. Das macht Spaß und man bleibt dadurch automatisch auf dem Laufenden was in den jeweiligen Firmen vor sich geht. Kürzlich zum Beispiel habe ich mir zum ersten Mal in meinem Leben ein paar Biotech-Aktien gekauft. Nach dem TMT-Crash sehen diese bereits sehr billig aus. In Aktien außerhalb der USA investiere ich aber nicht.
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