Analyse
12:55 Uhr, 10.02.2006

K: Stahl - Die Zeit der Outperformance ist vorbei

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Externe Quelle: Landesbank Rheinland-Pfalz

Stahl - Die Zeit der Outperformance ist vorbei

Weltweit wurden im letzten Jahr 1,13 Mrd. t Rohstahl produziert. Gegenüber 2004 entspricht dies einem Anstieg um 63 Mio. t bzw. 5,9%. 2005 war somit das siebte Jahr in Folge mit steigender Rohstahlproduktion und der vergangene 5- Jahreszeitraum der dynamischste der letzten 40 Jahre.

Die außerordentlich hohe Wachstumsdynamik der letzten 5 Jahre (+ 5,9% p.a.) fiel regional allerdings sehr unterschiedlich aus. Während die Produktionsmenge in den Industrieländern nahezu stagnierte, explodierte sie hingegen in Asien und hier wiederum vor allem in China. 2005 stammten 31% der weltweit produzierten Rohstahlmenge aus chinesischen Schmelzen, 5 Jahre zuvor lag der Anteil noch bei lediglich 15%.

Die dynamisch steigenden Produktionsmengen trafen auf eine hohe Stahlnachfrage, so dass sich lange Zeit kein preisdrückendes Überangebot an Stahl ergab. Im Gegenteil: Anfang 2004 entstand der Eindruck einer Stahlknappheit, die Preise explodierten förmlich und bescherten den Produzenten traumhafte Umsatzund Ergebnissteigerungen. Aber schon zu Beginn des vergangenen Jahres zeigten sich erste Wolken am Horizont. Die chinesische Produktion übertraf im Jahresverlauf die Nachfrage, die Reduktion von zuvor aufgebauten Vorräten bei Kunden und steigende Importe machten eine Drosselung der Produktion erforderlich und geplante Preiserhöhungen konnten zum Teil nicht in gewünschtem Umfang an die Kunden weitergegeben werden. Als Folge daraus gaben die Stahlpreise weltweit nach und liegen aktuell deutlich unter den Höchstständen aus 2004, befinden sich aber immer noch auf einem sehr auskömmlichen Niveau.

Die gleiche Entwicklung zeigt sich mit einem time lag auch bei den europäischen Stahlunternehmen. Im ersten Halbjahr 2005 konnten die europäischen Stahlwerte im Durchschnitt eine rekordverdächtige EBIT-Marge von knapp 14% ausweisen. Aber schon in Q3 erfolgte ein deutlicher Rücksetzer auf durchschnittlich „nur“ noch knapp 9%.

Weitere Normalisierung absehbar

Im vierten Quartal 2005 dürfte sich der Trend sinkender EBIT-Margen fortgesetzt haben und auch für das laufende Geschäftsjahr rechnen wir unverändert mit einer weiteren Abschwächung. Anhaltspunkte für diese eher pessimistische Annahme häufen sich in letzter Zeit:

China Anfang Dezember wiesen offizielle chinesische Stellen auf die enormen Überkapazitäten im stahlproduzierenden Gewerbe hin. Einem Verbrauch von 350 Mio. t stünden Kapazitäten in Höhe von 470 Mio. t gegenüber. Zusätzlich seien weitere 130 Mio. t Produktionskapazität schon konkret geplant. Daraus ergibt sich, dass China auch bei zukünftig restriktiverer Vorgehensweise bei der Genehmigung neuer Stahlwerke auf absehbare Zeit Nettoexporteur bleiben wird, selbst wenn ältere Produktionsstätten aus dem Markt ausscheiden.

Rohstoffkosten
2005 war durch exorbitant steigende Rohstoffkosten geprägt, allen voran Eisenerz, dass sich die in einer komfortablen oligopolistischen Marktstruktur agierenden Lieferanten um 70% teuerer vergüten ließen als noch im Jahr zuvor. Die aktuell laufende Verhandlungsrunde dürfte zwar nicht mit so enormen Preissteigerungen enden, die Hoffnungen auf sinkende Preise werden sich unseres Ermessens auch nicht erfüllen. Auch hier stützt sich unsere Annahmen wider auf China: Nachdem 2005 264 Mio. t Eisenerz importiert wurden, soll die Menge im laufenden Jahr auf 300 Mio. t ansteigen. Wir gehen daher von deutlich „moderateren“ Preiserhöhungen um 20% aus.

Stahlpreise
Mehrere Produzenten haben in der jüngeren Vergangenheit Preiserhöhungen angekündigt. Diese grundsätzlich positiv zu beurteilenden Maßnahmen wurden allerdings nicht mit einer hohen Nachfrage nach den Produkten begründet sondern mehrheitlich als notwendige Kompensation gestiegener Kosten. Daher sollte sich aus den höheren Preisen kein spürbar positiver Effekt auf die Margen ergeben.

Unternehmensmeldungen
In der jüngeren Vergangenheit häufen sich die Meldungen der Stahlproduzenten (Algoma, BlueScope, Rautaruuki, Dofasco,...) dass die Ergebnisse des abgelaufenen Quartals nicht den Markterwartungen entsprechen. Begründet wird dies in der Regel mit einer sich deutlich verschlechternden Branchensituation (nachgebende Stahlpreise, steigende Kosten), wobei vor allem im asiatischen Raum immer häufiger die chinesischen Exporte als einer der wesentlichen Gründe genannt wird.

Gewinnschätzungen
Die aktuellen Analystenschätzungen für 2005 und 2006 lassen einen Gewinnrückgang der europäischen Stahlwerte von im Durchschnitt 10 bzw. 5% erwarten. Wir halten dies angesichts der oben schon erwähnten Entwicklungen für eine tendenziell optimistische Variante, sind allerdings der Meinung, dass der langsam abflauende Stahlzyklus auch 2005 im historischen Vergleich noch überdurchschnittliche Margen ermöglichen wird.

Aktienkurse negieren bevorstehende Abkühlung - noch

Bisher haben die europäischen Stahlaktien den unserer Meinung nach schon eingetretenen zyklischen Abschwung weitgehend negiert. Im Gegenteil: Dank der durch Mittal-Steel hervorgerufenen Übernahmefantasie konnte der DJ STOXX Industrial Metals gerade in den letzten Tagen den DJ STOXX50 deutlich outperformen.

Vor dem Hintergrund der deutlich eingetrübten fundamentalen Branchenaussichten halten wir diese Entwicklung für nicht nachhaltig und sehen den Stahlsektor als einen klaren Underperformer mit Blick auf Ende 2007. Immer wieder aufkommende Übernahmefantasien dürften die Aktienkurse nur temporär stützen können.

Deutsche Titel nur unterproportional betroffen

Die Ergebnisse der beiden deutschen Stahlwerte ThyssenKrupp und Salzgitter werden unseres Erachtens von der bevorstehenden zyklischen Abkühlung nicht so stark betroffen sein wie andere Werte. ThyssenKrupp wird auch nach einer Übernahme von Dofasco weniger als die Hälfte des Konzernumsatzes mit Stahlprodukten erwirtschaften und bei Salzgitter stehen die Stahlröhrenaktivitäten einem drastischen Gewinnrückgang entgegen. Innerhalb der Branche sollten sich die beiden Titel daher besser entwickeln als diejenigen der Wettbewerber. Im Vergleich zum Gesamtmarkt halten wir beide allerdings nach wie vor für Underperformer.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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