K: OPEC-Treffen - Wie geht es mit dem Ölpreis weiter?
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Externe Quelle: DekaBank
OPEC-Treffen und Prognoserevision
1. Die OPEC hat auf ihrer gestrigen Sitzung in Wien beschlossen, die offiziellen Förderquoten per 1. November um eine Million Barrels pro Tag (mbd) auf dann 27 mbd zu erhöhen. Diese Entscheidung ist für den Ölmarkt jedoch kaum von Relevanz, da die offiziellen Förderquoten de facto bereits seit mehreren Monaten nur noch auf dem Papier bestehen. Jüngsten Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge produzierten die 10 Mitgliedstaaten ex Irak allein im August knapp 28 mbd. An der tatsächlichen Produktion wird sich folglich nichts ändern, da abgesehen von Saudi-Arabien ohnehin kein weiteres Land über nennenswerte freie Kapazitäten verfügt. Die gestrige Entscheidung kommt daher lediglich einer teilweisen Legalisierung der bereits bestehenden Überproduktion gleich. Die Quotenerhöhung war vermutlich auch dazu gedacht, den Märkten zu signalisieren, dass die OPEC ihr Möglichstes tut, um die Ölpreisentwicklung wieder in geordnete Bahnen zu lenken, wenngleich dies im Moment nicht in ihrer Macht steht.
2. Wie erwartet blieb die Debatte um die Erhöhung des Preisbandes von aktuell 22 bis 28 USDollar pro Barrel (USD/bbl) in den Bereich von 30 bis 35 USD/bbl ohne Resultat. Zwar hatten sich im Vorfeld des Ministertreffens in Wien einige Delegierte für eine Anhebung des Preisbandes ausgesprochen, solange allerdings Saudi-Arabien sein Veto einlegt, ist kaum mit einer Anpassung zu rechnen. Doch auch hier gilt, das Preisband von 22 bis 28 USD/bbl hat bereits seit Monaten nur noch Unterhaltungswert. Obwohl Saudi-Arabien immer wieder offiziell verlauten ließ, dass es einen Preis von 25 USD/bbl anstrebt, hat sich vermutlich auch innerhalb der OPEC schon längst die Überzeugung durchgesetzt, dass Preise in dieser Region in den nächsten Jahren ziemlich unwahrscheinlich und inoffiziell auch gar nicht gewollt sind.
3. Obwohl das Treffen in Wien mit Spannung erwartet wurde, sind die Augen der Ölmarktteilnehmer im Moment auf ein ganz anderes Ereignis gerichtet, nämlich die Auswirkungen des Hurrikans Ivan. Ähnlich wie Hurrikan Lili vor ziemlich genau zwei Jahren bewegt sich dieser im Moment auf die US-Golfküste zu. In den gefährdeten Gebieten (Golf von Mexiko und Louisiana) werden etwa 1,85 mbd produziert, was rund 25 % der gesamten Produktion der USA und 10 % des täglichen Verbrauchs der USA ent2 spricht. Bereits jetzt hat ein Großteil der dort tätigen Ölfirmen sein Personal abgezogen, und Förderkapazitäten in Höhe von etwa 1,3 mbd wurden vorerst stillgelegt. Hinzu kommt, dass an den Ölhäfen der Region nahezu 50 % der gesamten Ölimporte der USA abgewickelt werden. Bereits am Montag hat der Louisiana Offshore Oil Port (der größte Import-Terminal der USA) seinen Betrieb eingestellt. Solange es zu keinen größeren Schäden an der Importinfrastruktur kommt, sollte es jedoch lediglich zu Verzögerungen bei den Importen kommen, was den Druck auf den Ölpreis in Grenzen halten würde.
Ausschlaggebend für die Entwicklung des Ölpreises wird hingegen der Grad der Beeinträchtigung der Förderung und Raffinierung in der betroffenen Region sein. Jeder Tag, an dem nicht voll produziert wird, kommt einem tatsächlichen Ausfall gleich, der angesichts der ohnehin hohen Kapazitätsauslastung nicht durch eine höhere Produktion in der Zukunft kompensiert werden kann. Eine Kompensation durch eine verstärkte Importtätigkeit ist vor dem Hintergrund der angespannten Lage am Weltmarkt ebenfalls eher unwahrscheinlich. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Ausfälle in sinkenden Lagerbeständen niederschlagen werden. Eine ähnlich Situation gab es bereits vor ziemlich genau zwei Jahren als Folge von Hurrikan Lili. Wie die untenstehenden Grafiken belegen, befanden sich die Lagerbestände vor dem Hurrikan auf annähernd normalen Niveaus. In der Folge war jedoch ein starker Rückgang der Lagerbestände auf historische Tiefstände zu verzeichnen, wovon sie sich nur in unzureichendem Ausmaß erholten. Eine ähnliche Entwicklung ist auch in den nächsten Wochen zu erwarten.
Wie stark der Ölpreis reagiert, wird davon abhängen, wie stark die Lagerbestände absinken werden und vor allem wie stark der Aufbau der Heizöllagerbestände für den Winter beeinträchtigt wird. Zum Vergleich: Als Folge von Hurrikan Lili in 2002 fiel die Kapazitätsauslastung aufgrund von Raffinerieschließungen vorübergehend von 91,5 % auf 81,7 %, d.h. in dieser Zeit konnte weniger Rohöl zu Heizöl und anderen Produkten weiterverarbeitet werden. Derzeit liegt die Kapazitätsauslastung bei 95,7 %. Eine Erhöhung der Kapazitätsauslastung, um vorübergehende Produktionsausfälle zu kompensieren, ist daher kaum noch möglich. Angesichts der ohnehin niedrigen Lagerbestände wäre bei einer ähnlichen Entwicklung der Lagerbestände wie nach Hurrikan Lili vermutlich mit noch stärkerem Preisdruck zu rechnen.
4. Unabhängig von den jüngsten Ereignissen rund um Hurrikan Ivan haben wir unsere Ölpreisprognose bis Ende 2005 kräftig nach oben revidiert. Für das laufende Jahr rechnen wir mit Durchschnittspreisen von 37,5 bzw. 40 USD/bbl für Brent Blend bzw. West Texas Intermediate (WTI) (vorher: 36 bzw. 38,5 USD/bbl für Brent bzw. WTI). Im nächsten Jahr erwarten wir nun im Gegensatz zu unserer bisherigen Prognose keinen nachhaltigen Ölpreisrückgang, sondern Preise auf anhaltend hohem Niveau.
Wir prognostizieren nun Preise von 41 bzw. 43 USD/bbl für Brent bzw. WTI nach 33,5 bzw. 35,5 USD/bbl für Brent bzw. WTI. Die Markterwartungen für 2005 liegen laut der aktuellen Reuters-Umfrage bei 31,9 bzw. 34,5 USD/bbl für Brent bzw. WTI.
Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass der Ölpreisanstieg der vergangenen Monate größtenteils auf fundamentale Faktoren (siehe hierzu auch Publikation "Konjunktur Zinsen Währungen" vom September 2004) und weniger auf Spekulation zurückzuführen ist. Es wird offensichtlich, dass sich der Ölmarkt immer näher an die Kapazitätsgrenze herantastet. In der Vergangenheit hat die Tatsache, dass weltweit genügend freie Kapazitäten vorhanden sind, die im Bedarfsfall sehr schnell aktiviert werden könnten, stets dazu beigetragen, selbst in Krisensituationen zu starke Preisausschläge zu verhindern.
Aktuell verfügt abgesehen von Saudi-Arabien kein weiteres Land über nennenswerte freie Kapazitäten und selbst die freien Kapazitäten Saudi-Arabiens sind in den vergangenen Monaten dahingeschmolzen. Schon allein die Sorge, dass es im Bedarfsfall sehr schwierig werden könnte, etwaige Produktionsausfälle durch zusätzliche OPEC-Produktion zu kompensieren, reicht aus, um den Ölpreis auf hohem Niveau zu halten. Aktuell werden die Kapazitätsängste aber noch durch die anhaltenden Querelen um Yukos und die dramatische Verschlechterung der Sicherheitslage im Irak verstärkt. Anschläge auf Ölförderanlagen stehen dort weiterhin an der Tagesordnung, und es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, wann es im Süden des Landes erneut zu einem massiven Produktionsausfall kommt. Demgegenüber steht eine Ölnachfrage, die so stark wächst wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und Rohöllagerbestände, die sich immer noch auf historisch niedrigen Niveaus bewegen.
Bei keinem dieser Faktoren ist eine baldige und vor allem nachhaltige Besserung zu erwarten. Wir gehen nicht davon aus, dass die Ängste über einen Mangel an freien Kapazitäten in den nächsten Quartalen stark nachlassen werden. Mit einer Stabilisierung im Irak ist auf mittlere Sicht ebenfalls kaum zu rechnen, und auch in Russland ist nicht davon auszugehen, dass sich der imposante Exportanstieg der vergangenen Jahre in der Zukunft linear fortschreiben lässt. Nachfrageseitig rechnen wir mittelfristig ebenfalls nicht mit einem starken Rückgang. Einerseits zeigt sich die weltwirtschaftliche Entwicklung weiterhin stabil. Andererseits scheint sich auch in China ein soft-landing abzuzeichnen. Angesichts der anhaltenden Energiekrise und des vermeintlichen Aufbaus von strategischen Rohölreserven in China, der wohl auch in den nächsten Quartalen anhalten wird, ist daher auch von dieser Seite kaum mit einem ausgeprägten Nachfragerückgang zu rechnen. Die Preise dürften also auch in Zukunft auf hohem Niveau verharren.
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