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10:39 Uhr, 29.03.2004

K: Neue Indexregeln: Mehr Transparenz beim DAX

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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin


Neue Indexregeln: Mehr Transparenz beim DAX

Am 22. März 204 hat die Deutsche Börse neue Regeln für die Aufnahme von Unternehmen in den DAX vorgestellt. Die Regeln für die anderen Indizes bleiben unverändert. Künftig gelten beim DAX ausschließlich die beiden Kriterien Freefloat-Marktkapitalisierung und Umsatz. Damit entfällt der bisherige Entscheidungsspielraum und der Austausch wird leichter vorhersehbar.

Einfluss auf die Kursentwicklung

Veränderungen in der Zusammensetzung der Indizes sind für die darin vertretenen Unternehmen von großer Bedeutung. Passiv gemanagte Investmentfonds bilden die Indizes direkt nach, für andere dienen sie als Vergleichsmaßstab. Veränderungen in der Zusammensetzung der Indizes und der Gewichtung einzelner Werte ziehen daher Umschichtungen in den Portfolios nach sich.

Bisherige 35/35-Regel beim DAX

Hauptkriterien für einen Austausch in den deutschen Aktienindizes sind der Börsenumsatz der letzten 12 Monate sowie die Freefloat-Marktkapitalisierung am letzten Handelstag eines Monats. Dabei kommt beim DAX derzeit noch die 35/35-Regel zur Anwendung, nach der ein Austausch stattfinden kann, wenn Umsatzrang und Rang nach Freefloat-Marktkapitalisierung 35 oder kleiner (Aufstieg möglich) bzw. größer 35 (Abstieg möglich) sind.

Weitere Kriterien

Darüber hinaus konnte der Arbeitskreis Aktienindizes seinen Entscheidungen folgende weitere Kriterien zugrunde legen:

· Freefloat,
· Verfügbarkeit im Markt (gemessen anhand von Stückumsätzen, Kursfeststellungen und Umschlagshäufigkeit),
· Branchenzugehörigkeit,
· Zeitraum, über den eine Gesellschaft die Kriterien für Neuaufnahme für einen Index erfüllt hat.

Fast Entry/Exit-Regel alt

Außerhalb des jährlich im September anstehenden regulären Austauschtermins ist zu den drei anderen vierteljährlichen Verkettungsterminen im März, Juni und Dezember eine außerordentliche Anpassung nach der Fast Exit oder der Fast Entry-Regel möglich. Danach kann bisher ein Wert in den DAX in den DAX aufgenommen werden, wenn Umsatzrang und Rang nach Marktkapitalisierung größer/gleich 25 sind. Entsprechend ist eine außerordentliche Herausnahme möglich, wenn ein Wert bei einem der beiden Kriterien einen Rang größer als 45 belegt.

Die neuen Regeln im Überblick

Künftig kein Entscheidungsspielraum mehr

Für den Austausch im DAX werden die bisherigen Hauptkriterien Freefloat- Marktkapitalisierung und Börsenumsatz nun zu den alleinigen Kriterien aufgewertet. Zusätzliche "weiche" Kriterien wie die Branchenzugehörigkeit fallen künftig weg. Anstelle der bisherigen "kann-Regelungen", die dem Arbeitskreis Aktienindizes einen großen Entscheidungsspielraum ließen, kommt es künftig automatisch zu Anpassungen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die neuen Regeln für den DAX werden erstmals im September angewendet. Dagegen bleiben die Regeln für die anderen Indizes wie MDAX und TecDAX unverändert. Im einzelnen sehen die neuen DAX-Regeln wie folgt aus:

Regulärer Austausch

· Nicht-Indexwerte, die in beiden Kriterien Rang 30 oder besser sind, werden aufgenommen, sofern ein Indexwert existiert, der in einem Kriterium einen Rang größer 35 aufweist.
· Indexwerte, die in einem der beiden Kriterien Börsenumsatz oder Marktkapitalisierung einen Rang größer als 40 aufweisen, werden ersetzt, sofern ein Aufsteiger existiert, der in beiden Kriterien Rang 35 oder besser ist.

Fast Exit/Fast Entry

· Nicht-Indexwerte werden aufgenommen, wenn sie in beiden Kriterien auf Rang 25 oder besser sind. Herausgenommen werden dafür Indexwerte, die in einem Kriterium einen Rang größer 35 aufweisen und die niedrigste Marktkapitalisierung haben. Existiert kein solcher Wert, wird der Indexwert mit der niedrigsten Marktkapitalisierung aus dem Index genommen.
· Indexwerte werden ersetzt, wenn sie in einem der beiden Kriterien Börsenumsatz oder Marktkapitalisierung einen Rang größer als 45 aufweisen, sofern ein Aufsteiger in beiden Kriterien auf Rang 35 oder besser positioniert ist.

Marktkapitalisierung aufgewertet

· Gibt es bei der Anwendung der Regeln mehrere Aufstiegs- oder Abstiegskandidaten, so entscheidet das Kriterium Marktkapitalisierung. Die Marktkapitalisierung wird künftig nicht mehr mit dem Schlusskurs des letzten Handelstages im Monat berechnet, sondern mit dem volumengewichteten Durchschnittspreis der letzten 20 Handelstage.

Beurteilung der Neuregelung

Mehr Transparenz positiv

Die Neuregelung erhöht die Transparenz bei der Anpassung des wichtigsten deutschen Aktienindex. Dies ist zu begrüßen, da in der Vergangenheit die Entscheidungen des Arbeitskreises nicht immer nachvollziehbar waren. Ein Austausch kann künftig unmittelbar aus der monatlich von der Deutschen Börse veröffentlichten Rangliste abgeleitet werden. Die etwa zweiwöchige Wartezeit zwischen der Veröffentlichung der Rangliste und dem Beschluss des Arbeitskreises spielt damit beim DAX keine Rolle mehr.

Begründung der Deutschen Börse

Anstelle der bisherigen "kann-Regelungen" tritt nun ein Automatismus, wie wir ihn von den DJ Stoxx-Indizes her kennen. Der Verzicht auf den Entscheidungsspielraum wird von der Deutschen Börse damit begründet, dass seit der Umstellung auf Streubesitz bei der Marktkapitalisierung die beiden Kriterien stärker miteinander korrelieren würden, so dass es keines weiteren Entscheidungsspielraumes mehr bedarf. Dies sei jedoch bei den Midund Smallcap-Indizes nicht der Fall.

Unterschiedliche Regeln nicht sinnvoll

Die unterschiedliche Handhabung bei den Indizes für kleine und mittlere Werte gegenüber dem DAX halten wir für wenig sinnvoll. Warum hier die Korrelation zwischen Freefloat- Marktkapitalisierung und Börsenumsätzen geringer sein soll, ist schwer nachvollziehbar. Vielleicht möchte die Deutsche Börse erst Erfahrungen mit den neuen Regeln beim DAX sammeln, bevor diese auf die anderen Indizes ausgeweitet werden. Möglich ist aber auch, dass man mit der Beibehaltung der bisherigen Vorgehensweise zu zahlreiche Veränderungen vor allem beim TecDAX (wegen der höheren Volatilität der Technologiewerte) vermeiden möchte.

Durchschnitts- statt Stichtagskurs

Für den DAX gehen wir aber nicht davon aus, dass es künftig häufiger zu einem Austausch kommt. Damit kurzfristige Kursschwankungen nicht zu einem Austausch führen, wird künftig nicht mehr die Marktkapitalisierung zum Stichtag, sondern der Durchschnittskurs der letzten 20 Handelstage verwendet. Dies beugt auch Manipulationsmöglichkeiten vor.

Austausch im DAX recht selten

In den vergangenen Jahren kam es etwa einmal jährlich zu einem Wechsel im wichtigsten deutschen Aktienindex. Dabei war in mehr als der Hälfte der Fälle der Austausch auf eine Fusion und damit nicht auf eine Veränderung der Rangfolge bei den beiden Hauptkriterien zurückzuführen. In neun von insgesamt 15 Jahren kam es zum regulären Austauschtermin im September nicht zu einer Änderung. Zuletzt wurden im September 2002 Degussa durch Altana, im Dezember 2002 Epcos durch die Deutsche Börse und im September 2003 MLP durch Continental ausgetauscht.

"Weiches" Kriterium Branchenzugehörigkeit

Unter den sonstigen Kriterien spielte bisher die Branchenzugehörigkeit eine größere Rolle. Die Abschaffung dieses "weichen" Kriteriums und die Beschränkung auf quantitative Faktoren verringert künftig Spekulationen, wer von mehreren Kandidaten aufsteigen könnte.

Beispiel T-Online

So wurde beispielsweise als Argument gegen einen DAX-Aufstieg von T-Online angeführt, dass dadurch der TecDAX eines seiner Aushängeschilder verlieren würde. Im Zusammenhang mit der sektoralen Ausgewogenheit des DAX wurde das Argument "Telekom-Familie" gegen T-Online vorgebracht, nachdem bereits die Deutsche Telekom mit hohem Gewicht im DAX vertreten sei und neben T-Online nach einem Börsengang mittelfristig auch noch T-Mobile dazu stoßen könnte. Immer wieder genannt wurde schließlich der schon recht hohe Anteil von Technologiewerten im DAX (SAP, Infineon, Siemens und Deutsche Telekom mit einem Gewicht von zusammen fest 29%). Solche Argumente werden künftig keine Rolle mehr spielen.

Beispiel Financials

Nach ihrem Börsengang voraussichtlich bis zum Sommer 2004 wird auch die Branchenzugehörigkeit der Postbank bei entsprechend hoher Marktkapitalisierung und Börsenumsatz kein Hinderungsgrund für einen DAX-Aufstieg sein - obwohl bereits drei Banken, zwei Versicherungen und ein weiterer Finanzdienstleister im Index vertreten sind. Dies gilt auch für die Hypo Real Estate.

Regulärer Austauschtermin im September

Liste mit Stand Ende Juli entscheidend

Der nächste reguläre Austausch beim DAX findet nach den neuen Regeln auf Basis der Rangliste von Ende Juli zum 17. September 2004 statt. Die neue Zusammensetzung gilt dann ab dem 20. September. Bis zur relevanten Rangliste im Juli können noch erhebliche Veränderungen in der Rangfolge der Unternehmen eintreten, so dass Spekulationen auf einen möglichen DAX-Austausch noch verfrüht sind.

Derzeit kein Austausch in Sicht

Die Ranglisten der letzten Monate lassen auch unter Berücksichtigung der neuen Regeln einen Austausch wenig wahrscheinlich erscheinen. Zwar gibt es mehrere Aufstiegskandidaten, von denen aber bisher keiner bei beiden Kriterien Rang 30 oder besser einnimmt. Nach der Liste vom Februar 2004 sind dies Hypo Real Estate (Mcap Rang 28/Umsatz Rang 32), T-Online (30/33), Puma (31/31) und - zuletzt zurückgefallen - Beiersdorf (37/34). Ob die Postbank künftig die neue 30/30-Regel erfüllt und damit an den anderen Aufstiegskandidaten vorbeiziehen kann, ist erst nach einem erfolgreichen Börsengang abschätzbar. Selbst für den Fall, dass ein Anwärter beide Kriterien erfüllt, würde ein Austausch derzeit an fehlenden Abstiegskandidaten scheitern. Die beiden schwächsten DAX-Werte Fresenius Medical Care und TUI liegen nämlich bisher bei beiden Kriterien noch besser als Rang 35 (Februar-Rangliste: 33/30 bzw. 32/25).

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