Analyse
12:50 Uhr, 09.02.2006

K: Konjunkturumfeld bleibt in Q1 noch günstig

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Externe Quelle: HVB

Konjunkturumfeld bleibt in Q1 noch günstig

Der Rückenwind durch steigende Konjunkturerwartungen wird in den nächsten Monaten auslaufen. Schwache deutsche Konjunkturdaten für den Monat Dezember sprechen für ein sehr verhaltenes BIP-Wachstum in Q4. Damit folgt der Verlauf der Konjunktur in Deutschland dem von der US-Wirtschaft vorgezeichneten Muster (annualisiertes Wachstum in Q4 bei 1,1% ggü. Vq. nach 4,1%), was die anhaltend hohe Abhängigkeit Deutschlands von der Weltkonjunktur verdeutlicht. Zudem dürfte sich die bereits in den Vorquartalen sehr ausgeprägte Schwäche des Privaten Verbrauchs fortgesetzt haben. Auch wenn die Wachstumsdynamik in den letzten Daten unterzeichnet wurde und in Q1 eine deutliche Erholung bevorsteht, spricht diese Konstellation gegen ein Anhalten der Aufwärtsrevisionen in den BIP-Konsensprognosen. Eine zu erwartende Abschwächung der US-Konjunktur im Jahresverlauf sowie begrenzt bleibende Impulse von Seiten des Privaten Verbrauchs sprechen dafür, dass sich der Aufwärtstrend in den Frühindikatoren nicht nachhaltig fortsetzen dürfte. Wir erwarten daher, dass das Konjunkturumfeld für den Aktienmarkt in Q1 zwar noch günstig bleibt, der Rückenwind durch steigende Konjunkturerwartungen aber in den nächsten Monaten auslaufen wird.

Steigende Volatilitäten sind erste Anzeichen zunehmender Anfälligkeiten. Die in den letzten Wochen aufgekommenen Belastungsfaktoren (geopolitische Risiken durch die Zuspitzung des Iran-Konflikts, weiter steigende Leitzinserwartungen in den USA, Livedoor Skandal) haben zwar bislang nur eine temporäre Verunsicherung an den Aktienmärkten ausgelöst. Nichtsdestotrotz geht aus der trendmäßigen Entwicklung der Volatilitäten eine klare Erhöhung der Anfälligkeit für negativen Newsflow hervor. So hat sich z. B. die Volatilität des Topix von den im Sommer letzten Jahres markierten Tiefpunkten deutlich erhöht. Auch der VDAX hat sich von seinen Tiefständen deutlich entfernt und befindet sich in einem moderaten Aufwärtstrend. Zwar ist eine steigende Volatilität per se nicht als negativ zu werten, da in der Vergangenheit durchaus Phasen gleichzeitig steigender Volatilitäten und Aktienkurse auszumachen sind. Allerdings ist dies in der Regel Ausdruck einer spätzyklischen Grundsituation (kürzerfristig orientierte spekulative Anleger nehmen zu, Marktstruktur wird selektiver). Folglich werten wir die gestiegenen Volatilitäten als Indiz für eine wachsende Anfälligkeit der Aktienmärkte. In Zusammenhang mit der für Q2 erwarteten Eintrübung des Aktienmarktumfelds erwarten wir daher ab diesem Zeitpunkt weiterhin den Übergang des Aktienmarktes in eine mehrmonatige Seitwärtsbewegung.

Wir empfehlen eine Reduktion der taktischen Übergewichtung von Aktien. Aufgrund des allmählich ungünstiger werdenden Chance/Risiko-Profils sollte die von uns in der Publikation Cross Asset Navigator seit mehreren Monaten empfohlene taktische Übergewichtung von Aktien schrittweise zurückgefahren werden. In unserem Musterportfolio haben wir die deutlich über der Benchmark liegende Aktienquote reduziert, bleiben jedoch noch übergewichtet. Das taktische Gewicht liegt nun bei 19,0% nach 21,7% (Benchmarkgewicht: 15,8%).

Sektor Allokation

Die Sektortrends werden im Umfeld des nahenden Peaks in den Frühindikatoren erwartungsgemäß zunehmend volatiler bzw. sind am Auslaufen. Unter den zyklischen Sektoren sehen wir gegenwärtig nurmehr im Bereich der spätzyklischen Sektoren Automobiles & Parts und Industrial Goods & Services die Basis für eine Fortsetzung der Outperformance der vergangenen Monate als gegeben an. Im Bereich der rohstoffabhängigen Sektoren dagegen mehren sich mit zunehmender Volatilität die Anzeichen für ein Auslaufen des starken Trends zu einer Outperformance. Ein Drehen der Frühindikatoren in den kommenden Monaten dürfte nach 2 Quartalen Underperformance wieder zu einer steigenden Attraktivität defensiver Sektoren führen. In Zusammenhang mit seinen positiven quantitativen Rahmenbedingungen wird hiervon in den kommenden Monaten besonders STOXX Telecommunications profitieren. Eine Übergewichtung geben wir aktuell den STOXX 600 Sektoren Automobiles & Parts, Banks, Industrial Goods & Services, Oil & Gas sowie Telecommunications. Untergewichtet bleiben Media, Personal & Household Goods, Retail und Travel & Leisure.

Ein Großteil der STOXX 600 Sektoren hat in den vergangenen Monaten eine deutliche Bewertungsausweitung erfahren. Vergleicht man die aktuelle KGVBewertung der STOXX 600 Sektoren mit ihrem Durchschnitt der vergangenen 3 Jahre, so sind teilweise deutliche Abweichungen nach oben auch im Vergleich zum Gesamtmarkt zu erkennen. Dies bedeutet, dass die Gewinnschätzungen einzelner Sektoren teilweise langsamer gestiegen sind als das Kursniveau des Sektors bzw. auch des Gesamtmarktes. Im Umfeld eines Konjunkturaufschwungs ist dies traditionell im Bereich der zyklischen Sektoren zu erwarten. Interessanterweise jedoch zählen die defensiven Sektoren Food & Beverage und Utilities mit zu den Sektoren mit der höchsten Bewertungsausdehnung. Bei Utilities kann dies mit der verstärkten Ausrichtung auf Energiedistribution in den vergangenen Quartalen erklärt werden. Die Bewertungsausweitung von Food & Beverage wirft jedoch zumindest Fragen nach dem verbleibenden Kurspotenzial bzw. deren Nachhaltigkeit auf. Das andere Extrem bilden die Sektoren Telecommunications und Oil & Gas, die beide im Vergleich zu ihrer Historie eine aktuell sehr niedrige Bewertung auch gegenüber dem Gesamtmarkt haben. Dies dürfte von Bewertungsseite die Performance der beiden Sektoren unterstützen. Die starke Abweichung von Oil & Gas zeigt, dass zumindest das Sentiment gegenüber dem Energiesektor aktuell nicht überhitzt sein dürfte. Eine Stabilisierung des jüngsten Ölpreisrückgangs sollte zu einem Ende der Underperformance der vergangenen zwei Wochen führen.

Das Übernahmeangebot für Portugal Telecom beleuchtet die attraktive Bewertung des Sektors. Die unterdurchschnittliche Performance von STOXX Telecommunications in den vergangenen 13 Monaten hat zu neuen Tiefstständen in der Bewertung gegenüber dem Gesamtmarkt geführt. Das Übernahmeangebot für Portugal Telecom dürfte aktuell die attraktive Sektorbewertung auch gegenüber dem Gesamtmarkt in den Fokus rücken. Unter quantitativen Gesichtspunkten sprechen zudem die höchste Dividendenrendite im STOXX Spektrum (2005e 4,3%, STOXX 600 2,8%) und das überdurchschnittlich erwartete Gewinnwachstum (I/B/E/S 2006e und 2007e jeweils 10,3%, STOXX 600 8,8% bzw. 8,2%) für den Sektor. Angesichts der weitgehenden Konjunkturunabhängigkeit von Telecommunications bei unverändert hohem Cashflow sollte das extrem negative Sentiment gegenüber dem Sektor im Umfeld des Peaks in den Frühindikatoren dazu führen, dass die attraktiven quantitativen Kräfte zum Tragen kommen. Die von uns erwartete Zunahme der Volatilität der Aktienmärkte in den kommenden Monaten stellt einen zusätzlichen unterstützenden Faktor für die relative Performance des defensiven Sektors dar. Fazit: unter quantitativen Gesichtspunkten ist der Sektor ein klarer Kauf!

Industrial Goods & Services als spätzyklischer Sektor gehört zu den Hauptprofiteuren der Reifephase einer Konjunkturerholung. Die Investitionstätigkeit der Unternehmen hat seit Mitte 2005 deutlich zugenommen. In den letzten beiden Quartalen zeigen die Auftragseingänge im Bereich der Capital Goods sowohl in den USA wie auch in Europa einen signifikanten Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Eine deutliche Zunahme der Investitionstätigkeit ist jedoch auch Ausdruck der Spätphase einer Konjunkturerholung, in der i.d.R. innerhalb der Industriesektoren nurmehr spätzyklische Sektoren (Industrial Goods & Services und Automobiles) eine nachhaltige Outperformance erzielen können. Unter quantitativen Gesichtspunkten wirken auch die seit Jahresanfang wieder steigenden Kapitalmarktzinsen in Europa unterstützend: die relative Performance von STOXX Industrial Goods & Services ist eng positiv korreliert mit dem Verlauf der Kapitalmarktzinsen.

Die Sektortrends werden in den kommenden Monaten volatiler sein. Als Auslöser für eine zunehmende Hinterfragung der starken Trends der vergangenen Quartale sehen wir das Auslaufen der zyklischen Erholung in den Frühindikatoren. Insbesondere bei der relativen Performance der rohstoffabhängigen Sektoren (Basic Resources, Oil & Gas, Chemicals) scheint der Outperformancetrend der letzten 24 Monate bereits auszulaufen. Das Knappheitsargument bei Rohstoffen, das im Zuge der Konjunkturerholung insbesondere bei Basic Resources zu einer extremen Outperformance geführt hat, dürfte bei einer Stabilisierung bzw. Abschwächung der Frühindikatoren an Zugkraft verlieren und zu einer Abschwächung des hohen Momentums führen. Basic Resources und Chemicals geben wir nurmehr eine neutrale Gewichtung. Seit dem Beginn der zyklischen Erholung der Frühindikatoren im Mai 2005 haben Industrials die höchste relative Performance erzielen können. Innerhalb dieser Sektorgruppe geben wir nurmehr Industrial Goods & Services und Automobiles eine Übergewichtung. Die negative relative Performance der Gruppe der Defensives und konsumabhängigen Sektoren dürfte die Underperformance in den kommenden Monaten im Umfeld einer eintretenden Abschwächung der Frühindikatoren beenden.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader
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Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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