K: Ist die Zinswende eingeläutet?
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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin
Ist die Zinswende eingeläutet?
Als erste der bedeutenden Notenbanken hat die Bank of England am 6. November 2003 die Leitzinsen erhöht. Damit kommt an den Märkten die Angst vor einer baldigen weltweiten Zinserhöhungsrunde auf. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Fed nicht vor Frühjahr 2004 die Zinsen erhöht. In Euroland ist die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinssenkung gesunken. Angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen und der jüngsten Verlautbarungen rechnen wir nicht damit, dass sich Fed und EZB der BoE schnell anschließen.
BoE erhöht die Leitzinsen
Die Bank of England hat am vergangenen Donnerstag ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 3.75% erhöht. Einen Tag zuvor hatte bereits die australische Notenbank ihre Leitzinsen angehoben. Nachdem das Protokoll der Oktober-Sitzung offen legte, dass sich nur eine knappe Mehrheit des britischen Zentralbankrates gegen eine Erhöhung ausgesprochen hatte und die jüngsten Konjunkturdaten positiv ausfielen, war diese erste Zinserhöhung in Großbritannien seit Februar 2000 zuletzt erwartet worden. In ihrer Pressemitteilung begründet die BoE diesen Zinsschritt mit der dynamischeren weltweiten Konjunkturerholung, vor allem aber mit dem beschleunigten Wachstum in Großbritannien, das zuletzt an Breite gewonnen habe. Weder der Konsum der privaten Haushalte noch der Wohnungsmarkt hätten sich wie von der Notenbank erwartet abgeschwächt. Bei anziehender Nachfrage und angesichts der Abwertung des Pfunds zu Beginn des Jahres, die sich allmählich bei den Unternehmen auswirke, wolle die BoE aufkommendem Inflationsdruck vorbeugen. Unsere Prognose für den jahresdurchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise in Großbritannien liegt bei 2.8% für 2003 und 2.4% für 2004.
Andere Situation in den USA
Auch in den USA wird der nächste Zinsschritt nach oben zeigen. Angesichts unterschiedlicher Rahmenbedingungen und der jüngsten Verlautbarungen der Fed rechnen wir hier jedoch nicht mit einer schnellen Zinserhöhung. Daher ist das Risiko einer akuten globalen Zinserhöhungsrunde, die die weltweite konjunkturelle Erholung gefährden könnte, gering.
Mehr Deflationsängste als Inflationssorgen
Die Fed hat nach ihrer letzten Sitzung betont, trotz der sehr positiven Konjunkturdaten der letzten beiden Wochen, die Leitzinsen "für beträchtliche Zeit" auf dem niedrigen Niveau von 1% zu halten. Dies könnte bis zum Frühjahr 2004 gelten. Auch danach wird die Fed vorsichtig agieren, um den zuletzt kräftig an Fahrt gewinnenden Aufschwung der USWirtschaft nicht zu beeinträchtigen. Die Fed bewertet weiterhin die Gefahren eines unerwünschten Preisrückrangs höher als das Risiko eines Anstiegs der Inflation. Unsere BGBInflationsprognose für die USA beträgt 2.4% für das laufende und 2.3% für das nächste Jahr.
Warten auf spürbare Besserung am Arbeitsmarkt
Auch die historischen Erfahrungen sprechen gegen einen schnellen Zinsschritt der Fed schon am 9. Dezember oder 28. Januar. Wir sind überzeugt, dass die Fed trotz zuletzt hervorragender Wirtschaftsdaten (wie einem BIP-Wachstum im 3. Quartal von annualisiert 7.2%) den Zinserhöhungszyklus erst dann einleiten wird, wenn eine nachhaltige Besserung auf dem Arbeitsmarkt erkennbar ist. In der letzten Rezession erreichte die Arbeitslosenquote in den USA ihren Höchststand von 7.8% im Juni 1992 bei einem Leitzins von 3.75%. Danach wurde der Leitzins in zwei Schritten bis Oktober noch auf 3% gesenkt. Dieses Zinstief hielt die Fed dann über den recht langen Zeitraum von 18 Monaten aufrecht. Der Zinserhöhungszyklus begann erst im März 1994, als die Arbeitslosenquote bereits spürbar auf 6.6% gefallen und weiter abwärts gerichtet war. Eine vergleichbare positive Entwicklung ist bisher auf dem US-Arbeitsmarkt noch nicht eingetreten. Zwar konnten die Beschäftigtenzahlen im Oktober bereits zum dritten Mal in Folge wieder zunehmen (-126,000 gg. Vm.), die Arbeitslosenquote liegt aber mit 6.0% nur leicht unter dem Höchststand von 6.4% im Juni.
US-Wahlkampf kein Argument gegen Zinsänderungen
Gegen kräftige Zinserhöhungen der Fed im kommenden Jahr wird von vielen Markteilnehmern auch die US-Präsidentschaftswahl im November 2004 angeführt. Die Fed könne von Zinsänderungen absehen, so wird vielfach argumentiert, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, in den Wahlkampf einzugreifen. Wir teilen dieses Argument nicht, sondern gehen davon aus, dass die Fed ihre Entscheidungen wie in der Vergangenheit primär an den gesamtwirtschaftlichen Perspektiven ausrichtet. So kam es in der letzten Boomphase trotz der anstehenden Präsidentschaftswahl im November 2000 wenige Monate zuvor zu Leitzinserhöhungen. Die US-Notenbank erhöhte die Leitzinsen von 5.25% (November 1999) in mehreren Schritten bis auf 6.5% (Juni 2000). Im Zuge der letzten Rezession 1992 senkte die Fed die Leitzinsen trotz Präsidentschaftswahlen von 5% im November 1991 bis auf 3% im Oktober 2000. Dagegen blieben die Zinsen im Vorfeld der Wahlen 1996 über 10 Monate unverändert.
Kein akuter Handlungsbedarf auch bei der EZB - Geldpolitik derzeit angemessen
Der EZB-Rat hat in seiner letzten Sitzung wie erwartet die Leitzinsen nicht verändert. Der Rat tagte am 6. November erstmals unter seinem neuen Präsidenten Jean-Claude Trichet. In seiner ersten Pressekonferenz als EZB-Präsident bezeichnete Trichet die Geldpolitik als angemessen und die Leitzinsen als niedrig. Mit Blick auf die jüngsten Frühindikatoren mache die wirtschaftliche Erholung deutliche Fortschritte. Dennoch steht Euroland im Vergleich zu den USA vor einer deutlich schwächeren und verzögerten Konjunkturerholung, die mit geringeren Inflationsgefahren einher gehen sollte.
Inflation sinkt langsamer als ursprünglich erwartet
Die EZB bleibt bei ihrer Einschätzung, dass sich die Wirtschaft in Euroland in der zweiten Jahreshälfte 2003 allmählich erholt und 2004 dann beschleunigt wächst. Allerdings sieht Trichet die Inflationsrate in Euroland, die für Oktober auf 2.1% gg. Vj. geschätzt wird, in den nächsten Monaten nicht so schnell sinken wie ursprünglich erwartet. Dies hängt vor allem mit den relativ hohen Nahrungsmittelpreisen (September: +3.0%) zusammen. Aber auch von den Energiepreisen und von der voraussichtlichen Erhöhung indirekter Steuern in einzelnen Mitgliedstaaten könnte zusätzlicher Preisdruck ausgehen. Diese kurzfristige Entwicklung könnte die EZB von einer weiteren Zinssenkung abhalten. Für das Gesamtjahr 2004 rechnen wir jedoch mit einer geringfügig zurückgehenden Inflationsrate in Euroland (1.9%, nach 2.1% in 2003).
Wechselkursentwicklung entscheidend
Die Entwicklung der Inflationsrate wird maßgeblich durch den Wechselkurs bestimmt. Sollte sich der Euro in den kommenden Wochen massiv gegenüber dem US Dollar aufwerten, sind die Chancen hoch, dass die EZB einen letzten Zinssenkungsschritt vornimmt.
Portfolioumschichtungen jetzt in die umgekehrte Richtung
Das Wachstum der Geldmenge M3 lag im bisherigen Jahresverlauf 2003 mit teilweise mehr als 8% sehr hoch. Die EZB hat aber wiederholt betont, darin keine Inflationsgefahren zu sehen. Schon seit Mitte 2001 stieg M3 besonders stark, da viele Kapitalanleger ihr Geld aus dem Aktienmarkt in liquidere Anlagen (z.B. Geldmarktpapiere, Spareinlagen mit bis zu dreimonatiger Kündigungsfrist) umschichteten, die in der Geldmenge enthalten sind. Die hohe Unsicherheit führte dazu, dass Gelder, die eigentlich im Kapitalmarkt angelegt werden sollten, am Geldmarkt geparkt wurden. Dieser Effekt - ein Reflex des schwachen Aktienmarktes - scheint sich allmählich umzukehren. Darauf deutet das verlangsamte M3- Wachstum im September (+7.4%) hin. Ein Handlungsbedarf für die EZB lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.
Fed wird früher handeln als die EZB
Der stärkere geldpolitische Impuls in den USA lässt sich nicht nur an den niedrigeren Leitzinsen, sondern auch an den langfristigen Realzinsen (gemessen an den 10-jährigen Staatsanleihen und dem Verbraucherpreisindex) ablesen. Sie liegen in Deutschland seit Mitte 2002 deutlich unter denen in den USA. Die Zinsdifferenz betrug zuletzt rund einen Prozentpunkt. Der kräftige Aufschwung in den USA spricht dafür, dass die Fed ihren größeren geldpolitischen Spielraum nach oben vermutlich schon im Frühjahr 2004 und damit früher als die EZB ausnutzen wird. Bei weiterhin nur langsamer Erholung der Wirtschaft in Euroland halten wir eine erste Zinserhöhung durch die EZB erst in der zweiten Jahreshälfte 2004 für erforderlich.
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