Analyse
12:53 Uhr, 25.08.2006

K: Ist das Glas halb voll oder halb leer?

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Externe Quelle: HVB

Ist das Glas halb voll oder halb leer?

Erneutes Aufflackern von Belastungsfaktoren jederzeit möglich. Das Umfeld für den Aktienmarkt dürfte auf Sicht der nächsten Wochen uneinheitlich bleiben, was eine neuerliche Sentimenteintrübung weiterhin wahrscheinlich erscheinen lässt. Zwar hat sich in den letzten Wochen ein Soft Landing der US-Konjunktur als „Maximum Likelihood“ Szenario herauskristallisiert, die jüngsten Daten zum Immobilienmarkt (starker Rückgang der Hausverkäufe, abruptes Auslaufen des Anstiegs bei den Hauspreisen) haben jedoch klar das Risiko einer unerwartet deutlichen Abkühlung aufgezeigt. Die in den letzten Wochen zu konstatierende Rückkehr der Aktienmärkte zu einem „business as usual“ stehen jedoch diverse Event-Risiken gegenüber, bei denen aber zum Teil unklar ist ob und wann sie sich materialisieren. Solange die Datenlage zwar auf eine Abschwächung hindeutet, das „Soft Landing“ Szenario insgesamt jedoch nicht gefährdet ist dürften sich die Aktienindizes stabil präsentieren. Allerdings ist angesichts des bevorstehenden ungünstigen saisonalen Umfelds (September ist historisch der Monat mit der schlechtesten Performance an den globalen Aktienmärkten) davon auszugehen, dass es jederzeit zu einem erneuten Aufflackern von Belastungsfaktoren kommen kann. Die Entwicklung in den nächsten Wochen dürfte damit einer Gratwanderung gleichkommen, die metaphorisch charakterisiert sein dürfte als Diskussion darüber, ob das Glas als „halb voll" oder "halb leer“ anzusehen ist. Per saldo dürfte sich dies in einer Schaukelbörse niederschlagen.

Der jüngsten Rückbildung der Volatilitäten dürfte in den nächsten Wochen ein Test bevorstehen. Seit dem um den Juni-Verfall erreichten High von 27 im VDAXNew haben sich die impliziten Volatilitäten im Trend wieder deutlich zurückgebildet (aktuell: rund 17). Gleichzeitig hat sich die Anzahl so genannter Event- Days (Tage mit einer Index-Veränderung > +/- 2%) im DAX von 6 im Juni auf 2 im Juli und bislang Null im August reduziert. Allerdings war in den letzten Jahren gerade im September sehr häufig ein deutlicher Volatilitätsanstieg zu beobachten. In den 6 Jahren von 1998 bis 2003 war in diesem Monat jeweils ein Anstieg im VDAX und ein zum Teil sehr deutlicher Rückgang im DAX zu beobachten. In den Jahren 2004 und 2005 war dies zwar nicht der Fall, jedoch kam es 2004 dafür im August und 2005 sowohl im August als auch im Oktober zu dieser Entwicklung. Vor diesem Hintergrund ist in den nächsten Wochen (wenn nicht im September, dann wohl im Oktober) von einem Anstieg des VDAX und damit einer zunehmenden Anfälligkeit gegenüber schlechtem Newsflow auszugehen. Im Folgenden beleuchten wir daher mögliche Trigger von denen dies ausgehen könnte.

Eine weitere Verschlechterung der Gewinnrevisionstrends ist in den nächsten Wochen zu erwarten. Wie im letzten Market Outlook vom 18.08.06 ausgeführt ist für Q3 bereits eine deutliche Verschlechterung des Gewinnrevisionstrends zu beobachten. Bislang halten sich Aufwärts- und Abwärtsrevisionen die Waage während in den Quartalen zuvor noch klar die Aufwärtsrevisionen überwogen. Empirisch ist jedoch zu konstatieren, dass ein Abrutschen der Konjunkturerwartungen deutlich unter den langfristigen Durchschnitt nahezu unmittelbar zu einem Umkippen des Gewinnrevisionstrends führt. Mit den jüngsten Zahlen (ZEW, ifo) liegen die Konjunkturerwartungen bereits leicht unter dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Da angesichts nachlassender Impulse von der Weltkonjunktur eine weitere Verschlechterung absehbar ist, ist in den nächsten Wochen ein allmähliches Überwiegen der Abwärtsrevisionen in den Gewinnschätzungen zu erwarten. Einen Auslöser könnten dabei die üblicherweise im Vorfeld der Berichtssaison für Q3 zu erwartenden Profit Warnings darstellen.

Ein Ausbruch des EUR über die Marke von 1,30 USD dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Der USD stellt einen weiteren möglichen Trigger für ein Anspringen der Volatilitäten dar. Der in den letzten Wochen zu verzeichnende Rückgang der Bondrenditen war in den USA deutlich ausgeprägter als in der Eurozone. Von dem somit enger gewordenen Transatlantikspread geht daher aktuell eine Belastung für den USD aus, die sich aufgrund der divergierenden Notenbankpolitik wahrscheinlich noch fortsetzt. Dies könnte die stark exportorientierten Euroland-Aktien unter Druck setzen.

Ein möglicher Anstieg der Wahrscheinlichkeit für eine harte Landung in den USA könnte von Daten zum Privaten Verbrauch ausgehen. Derzeit wird dem Szenario einer harten Landung eine Wahrscheinlichkeit von rund 25% zugeordnet. Selbst wenn sich mittelfristig ein Soft Landing materialisieren sollte, ist in den nächsten Wochen ein Anstieg dieser Wahrscheinlichkeit denkbar. In einer historischen Betrachtung lassen sich in diesem Zusammenhang zwei Zeitreihen identifizieren, bei denen für das Ansteigen der Wahrscheinlichkeit für das Szenario eine harten Landung eine deutliche Eintrübung essentiell ist. Zum einen ist dies das Konsumentenvertrauen, das in vergangenen Rezessionen, die vom Privaten Verbrauch ausgelöst wurden, sehr stark rückläufig war (Abbrechen um rund 40 Punkte in nur 4 Monaten). Zum anderen kommt der Entwicklung der Non-Farm Payrolls eine wichtige Bedeutung zu (Rückgang statt der lediglich erwarteten Abschwächung in den Zuwächsen).

Im Vorfeld des Auslaufens der Deadline an den Iran ist der Fortgang des Atomkonflikts unklar. Die iranische Regierung zeigt sich gegenüber der Forderung der UNO, die Urananreicherung bis zum 31.08. einzustellen, weiterhin unnachgiebig. Allerdings ist derzeit unklar, ob es einen Konsens geben wird, den Druck auf den Iran durch Sanktionen weiter zu erhöhen. Ob und wie schnell auf der Zeitachse es daher zu einer Eskalation des Konflikts kommen wird ist völlig offen. Im September dürften jedoch klar werden, ob sich die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auf eine gemeinsame Linie werden einigen können. Für die Aktienmärkte bedeutsam dürfte dabei die Frage sein, inwieweit die Gefahr eines militärischen Konflikts besteht. Dies dürfte sich auch in der Entwicklung des Ölpreises niederschlagen.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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