Analyse
12:56 Uhr, 24.01.2006

K: Deutschland: Ein Konjunkturzyklus wie jeder andere?   <br />

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Externe Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Deutschland: Ein Konjunkturzyklus wie jeder andere?

1. Wenn am 25. Januar der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung vorgestellt wird, wird ein relativ rosiges konjunkturelles Umfeld gezeichnet werden. Wie vorab bekannt wurde, geht die Regierung von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 1,4 % für das Jahr 2006 aus (Prognose DekaBank: 1,7 %). Zuletzt wurde sogar noch ein 25 Mrd.-Paket geschnürt, um den Aufschwung zu unterfüttern. In der Tat befindet sich die deutsche Volkswirtschaft derzeit in einem Aufschwung, aber ist er typisch und nachhaltig? Hinsichtlich dieser beiden nachfolgend diskutierten Aspekte bestehen berechtigte Zweifel, die gleichzeitig Aufforderungen an die Wirtschaftspolitik darstellen.

2. Wie typisch ist der gegenwärtige Zyklus im Vergleich zu seinen Vorgängern? In den folgenden vier Schaubildern geben die dunkel unterlegten Flächen die Bandbreite der Verläufe von Bruttoinlandsprodukt, Konsum, Exporten und Ausrüstungsinvestitionen in den vergangenen Konjunkturzyklen seit 1974 (beginnend vom jeweiligen Hochpunkt) wieder. Rechts der senkrechten Linie handelt es sich für den aktuellen Zyklus, der im 3. Quartal 2002 begonnen hat, um unsere Prognosen. Ein Ergebnis lautet: Deutschland befindet sich derzeit in einem durchschnittlichen Konjunkturzyklus, zumindest gemessen an der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes. Zwar war der wirtschaftliche Einbruch nicht so stark wie in den vorangegangenen Rezessionen, dafür ließ die Erholung aber länger auf sich warten. Betrachtet man jedoch die einzelnen Teile des Bruttoinlandsprodukts, so offenbaren sich deutliche Unterschiede. Das bemerkenswertere Ergebnis lautet jedoch: Noch nie (seit 1974) waren die Impulse von der Weltwirtschaft und mithin der Export so stark wie in diesem Konjunkturzyklus und gleichzeitig war der private Konsum noch nie so schwach. Die Ausrüstungsinvestitionen erwiesen sich vergleichsweise als sehr robust. Hier dominierten freilich bislang die Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen die enger mit Arbeitsplatzaufbau verbundenen Erweiterungsinvestitionen.

3. Wie es nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser zyklischen Besonderheiten mit der Nachhaltigkeit des Aufschwungs aussieht, wollen wir mit dem Blick auf unsere Konjunkturprognose erläutern. Entsprechend der politischen Weichenstellungen der großen Koalition wurden die Konjunkturprognosen sukzessive nach oben geschraubt. So revidierten die sechs Wirtschaftsforschungsinstitute zuletzt ihre Prognose im Mittelwert auf 1,6 % nach oben. Die im Jahreswirtschaftsbericht anstehende Prognose folgt diesem Trend. Wenn die Bundesregierung ihre Prognose möglicherweise „nur“ auf 1½ % nach oben schraubt und nicht wie vor einiger Zeit von Bundeswirtschaftsminister Glos ins Spiel gebracht auf 1,8 %, so ist das wohl den Aussagen des Statistischen Bundesamtes bei der Veröffentlichung des Bruttoinlandsprodukts des Gesamtjahres 2005 (+0,9 % gegenüber dem Vorjahr) geschuldet: Ohne Details zu nennen, ließ das Statistische Bundesamt eine Stagnation der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2005 durchblicken. Solange wir noch nicht mehr Informationen haben, gehen wir jedoch von unserer ursprünglichen zu den verfügbaren Monatsstatistiken passenden Prognose eines Quartalswachstums von 0,4 % aus – zu oft klafften in der Vergangenheit erste Aussagen und nachfolgende Veröffentlichungen des Amtes über das Gesamtjahr auseinander. Wenn das 4. Quartal tatsächlich schwächer ausfallen sollte, wird es auf die Begründung dafür ankommen: Sollten wie vor einem Jahr Arbeitstage- und Saisonbereinigungseffekte verantwortlich sein, spricht alles für positive Kompensationen im ersten Quartal 2006. Dies hätte sogar eher positive Effekte für das Gesamtwachstum in 2006. Sollte es aber zu keiner Kompensation kommen sollte, bestünde rein rechnerisch aufgrund des zu vermutenden geringeren statistischen Überhangs ein leichtes Abwärtsrisiko für unsere Prognose.

4. Unserer Auffassung nach lassen sich die Jahre 2006 und 2007 mit den Worten „Boom and Bust“ trefflich beschreiben. So wächst das Bruttoinlandsprodukt in unserer Prognose im Jahre 2006 um 1,7 %, im darauf folgenden Jahr aber nur noch um magere 0,4 %. Ursache für diese starke Schwankung ist die Politik. Zum 1. Januar 2007 wird die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte angehoben, so stark wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Dies wird im Jahr 2006 zu einer massiven Stimulierung des privaten Konsums führen (1,4 %), denn die Haushalte werden Konsum vorziehen, um noch in den Genuss des günstigeren Steuersatzes zu kommen. Angesichts des ohnehin vorhandenen Nachholbedarfs im Bereich der langlebigen Güter wird dieser Impuls kräftig ausfallen. Im Jahr 2007 aber kommt das böse Erwachen, dann fehlt nämlich der Konsum, der ins Vorjahr verlagert wurde. Wir erwarten allein deshalb schon eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal. Das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt zwar kräftig, doch zum Jahreswechsel 2006/07 kühlt sich das Wachstum in wichtigen deutschen Handelspartnerländern ab, sodass die Impulse vorübergehend nachlassen. Eine zentrale Rolle für unsere Konjunkturprognose spielen die Lagerinvestitionen. Wir erwarten, dass die Unternehmen schon frühzeitig in Erwartung des mehrwertsteuerbedingten Nachfragebooms im zweiten Halbjahr ihre Lager auffüllen. Damit wird ein Teil des Stimulus schon im zweiten Quartal 2006 bemerkbar. Die Investitionstätigkeit (Ausrüstungen) bleibt weiterhin robust. Stützend wirkt sich die bis Ende 2007 befristete Möglichkeit einer beschleunigten degressiven Abschreibung aus. Dies sollte sich insbesondere im zweiten Halbjahr 2007 stimulierend bemerkbar machen.

5. Fazit: Der aktuelle Aufschwung ist vor allem aufgrund der schwachen Entwicklung des privaten Konsums weder typisch für die deutsche Volkswirtschaft noch nachhaltig. Hier setzen die wirtschaftspolitischen Herausforderungen der Bundesregierung an: Soll die ohne Zweifel zu verzeichnende Stimmungsaufhellung in Deutschland auch noch ins Jahr 2007 hineinreichen, sind nachhaltige Maßnahmen zur Senkung der strukturellen Arbeitslosigkeit notwendig. Natürlich ist dies nicht innerhalb weniger Monate zu erreichen. Das Wichtige ist jedoch, dass glaubhafte Weichenstellungen geschehen, die für die Folgejahre mehr Erfolg versprechen als die bisherigen Ansätze am Arbeitsmarkt. So sehr man sich über die Exportstärke freuen kann, so anfällig macht sie doch bei Eintrübungen der weltwirtschaftlichen Dynamik. Erst verlässliche Arbeitsplatzaussichten werden den privaten Haushalten wieder mehr Zuversicht geben und somit für dauerhaft stabile Konsumsteigerungen sorgen. Entscheidend dafür ist aus unserer Sicht nicht, ob in 2006 das Bruttoinlandsprodukt den einen oder anderen Zehntelprozentpunkt besser ausfällt, sondern ob das Potenzialwachstum – die Durchschnittsgeschwindigkeit, mit der die Volkswirtschaft vorankommt – erhöht werden kann. Dies ist eben weniger ein konjunkturpolitisches Thema als vielmehr eine wachstumspolitische Herausforderung, durch mittelfristig wirksame Reformen die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln zu verbessern und die Grundlagen für Wachstum und Beschäftigung zu stärken.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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