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17:06 Uhr, 03.05.2004

K: Der Day-of-the-week-Effekt

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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin

Der Day-of-the-week-Effekt

Empirisch nachweisbare Kapitalmarktanomalien sprechen gegen die These eines effizienten Aktienmarktes. Dazu zählen neben den saisonalen Anomalien einer im Durchschnitt unterschiedlichen Monatsperformance am Aktienmarkt - die wir bereits mehrfach untersucht haben - vor allem der "Day-of-the-week-Effekt" einer unterschiedlichen durchschnittlichen Performance im Wochenverlauf. Für den Anleger stellt sich damit die Frage, was von solchen Effekten zu halten ist und ob sie ihr Investitionsverhalten am Aktienmarkt daran orientieren sollten.

Der Mythos vom "schwarzen" Freitag

Der große Crash am Aktienmarkt im Jahr 1929 hat den Mythos vom "schwarzen Freitag" geschaffen, der auch nach 75 Jahren noch jeden Börsianer erschaudern lässt. Dieses Einzelereignis täuscht aber darüber hinweg, dass im langjährigen Durchschnitt der Freitag keineswegs ein schlechter Börsentag ist. Tatsächlich zeigt die Wochentagsperformance des DAX eine überdurchschnittliche Performance am Freitag.

Im langjährigen Durchschnitt der Jahre seit 1970 entpuppt sich beim DAX der Freitag sogar als der beste Wochentag. Dagegen schneidet der Montag am schlechtesten und als einziger Wochentag im Durchschnitt mit einer negativen Tagesperformance ab. Die Empirie zeigt im Wochenverlauf eine von Montag bis Freitag zunehmende durchschnittliche Tagesperformance.

Zahlreiche empirische Untersuchungen kommen für unterschiedliche Zeiträume und andere nationale Aktienmärkte zu ähnlichen Ergebnissen: Die Montagsperformance ist in der Regel negativ und die niedrigste, während die Freitagsperformance positiv ist und meist die höchste im Wochenverlauf. Dieser empirische Befund spricht gegen einen effizienten Kapitalmarkt. Bei effizienten Märkten würde die Ausnutzung eines Day-of-the-week-Effektes durch die Anleger (durch Käufe an Montagen und Verkäufe an Freitagen) eben diesen Effekt zum Verschwinden bringen.

Betrachtet man die einzelnen Dekaden seit 1970, so zeigt sich jedoch, dass der traditionelle Wochentage-Effekt beim DAX auf die 70er und 80er Jahre beschränkt ist. Im Durchschnitt der 90er Jahre war die Montags-Performance positiv und sogar besser als die Freitags- Performance. Auch im Zeitraum von Anfang 2000 bis heute ist der Montag nicht der schlechteste Wochentag und der Freitag nicht der beste. Hier zeigt statt dessen der Mittwoch eine deutliche Underperformance und der Donnerstag eine Outperformance. Wer also seine Anlagestrategie auf Freitagsverkäufe und Montagskäufe beschränken möchte, kommt vermutlich zwanzig Jahre zu spät.

Die von Dekade zu Dekade zunehmende Standardabweichung zeigt, dass die Volatilität der Märkte im Zeitablauf zugenommen hat und die Signifikanz des Day-of-the-week- Effektes zurückgegangen ist. So ist beispielsweise die Standardabweichung der Montagsperformance des DAX von 0.9 in den 70er Jahren auf einen Wert über 2 seit Anfang 2000 gestiegen. Der Montag weist in allen Jahrzehnten die jeweils höchste Standardabweichung unter den Wochentagen auf, d.h. am Montag ist die Volatilität am höchsten.

Trotz der Tatsache, dass diese Kapitalmarktanomalie in der Vergangenheit nicht durchgängig zu beobachten war, wollen wir nach möglichen Ursachen für dieses Phänomen suchen.

Die These, dass der Montag im langjährigen Mittel schlecht ist, weil an diesem Handelstag die überwiegend ungünstigen Nachrichten des Wochenendes zu verarbeiten sind, ist wenig nachvollziehbar. Zum einen ist zu beachten, dass am Wochenende vergleichsweise wenige Unternehmens- und Konjunkturdaten berichtet werden. Die Nachrichtenlage ist an Samstagen und Sonntagen vor allem von politischen und anderen außerökonomischen Ereignissen bestimmt. Zum anderen gehen wir davon aus, dass sich hier langfristig positive und negative Nachrichten weitgehend die Waage halten.

Differenzierung in Aufschwung- und Abschwungphasen

Wir erachten deshalb eine Differenzierung in Aufschwung- und Abschwungphasen des Aktienmarktes für sinnvoller.

Bei der Beachtung der Hausse- und Baissephasen des DAX in den vergangenen 35 Jahren ist zu beachten, dass die jeweiligen Zeiträume sehr unterschiedlich lang dauerten. So schwankt die Dauer der Baisse (jeweils gemessen vom Hochpunkt bis zum nächsten Tiefpunkt) von nur drei Monaten im Jahr 1986 bis zur bisher längsten Abschwungphase von März 2000 bis März 2003 mit insgesamt 36 Monaten. In den kurzen Phasen kommt es teilweise zu extremen durchschnittlichen Wochentag-Performances, da sich hier einzelne Ausreisser deutlicher auswirken (z.B. Montagsperformance von August 1987 bis Januar 1988 von -1.45%).

Von den zehn Baissephasen im Betrachtungszeitraum war der Montag in sechs Zeiträumen im Durchschnitt der schlechteste Wochentag. Der Freitag war in den betrachteten Baissephasen bis auf eine Ausnahme (1970/71) nicht der beste Wochentag. Bis auf die letzten zwei Abwärtsphasen (1998 und 2000-2003) war der Montag aber schlechter als der Freitag. Mit den Baissephasen lässt sich also die insgesamt schlechte durchschnittliche Montagsperformance, nicht aber die gute Freitagsperformance erklären.

Von insgesamt zehn Haussephasen war der Montag (gleichauf mit dem Dienstag) nur viermal im Durchschnitt der schlechteste Wochentag. Dagegen schaffte es der Freitag in sechs Aufschwungphasen auf Platz 1 (beste Wochentagsperformance). Mit den Haussephasen lässt sich demnach die insgesamt überdurchschnittliche Freitagsperformance, nicht aber die schlechte Montagsperformance erklären. Zwischenergebnis Die im langjährigen Durchschnitt schlechte Montagsperformance ist also vor allem auf das negative Abschneiden dieses Wochentages in der Baisse zurückzuführen. Das insgesamt gute Abschneiden des Freitags im Wochenverlauf folgt dagegen vor allem aus der guten Position in Haussephasen.

Dieses unterschiedliche Ergebnis nach Hausse- und Baissephasen legt folgenden Erklärungsversuch nahe: Während im langjährigen Durchschnitt positive und negative Nachrichten etwa gleich häufig sein sollten, besteht in Baissephasen ein Übergewicht ungünstiger Informationen für die Marktteilnehmer. Selbst wenn wir unterstellen, dass in schlechten Zeiten die negativen Nachrichten recht kontinuierlich eintreffen, sind an einem Baisse- Montag deutlich mehr ungünstige Nachrichten (nämlich diejenigen von drei Tagen) zu verarbeiten als an den anderen Wochentagen. Zu einem kontinuierlich schlechten Newsflow passt auch die in nahezu allen in Baissephasen ebenfalls negative durchschnittliche Freitagsperformance.

Dagegen ist eine Haussephase durch ein Übergewicht an positiven Nachrichten für die Börse geprägt. Dazu passt der empirische Befund, dass in Aufschwungphasen am Aktienmarkt der Montag nicht so negativ ausfällt. Als Erklärung des Day-of-the-week-Effektes in einem insgesamt positiven Börsenumfeld können wir uns vorstellen, dass die Investoren die Woche mit einer grundsätzlichen Kaufbereitschaft beginnen. Hier spielen die über das Wochenende kumulierten - überwiegend positiven - Nachrichten eine Rolle. Während die Marktteilnehmer aber in der Baisse auf die tendenziell negativen Informationen des Wochenendes relativ schnell und empfindlich reagieren, ist in der Haussephase mit einer langsameren und allmählichen Reaktion zu rechnen. Dies führt dazu, dass die positive Grundstimmung nicht gleich am Montag zu Kauforders führen muss. Die Anleger warten vielmehr im Wochenverlauf eine gute Kaufgelegenheit ab. Spätestens am Freitag kommt es dann zu einer verstärkten Ordertätigkeit in der Angst, etwas zu verpassen. Die relativ hohe durchschnittliche Freitagsperformance in Haussephasen spricht für verstärkte Käufe vor dem Wochenschluss und gegen die Vermutung, dass gerade zu Ende einer guten Börsenwoche die Investoren Gewinne mitnehmen.

Unsere Analyse zeigt, dass über einen längeren Betrachtungszeitraum ein Day-of-theweek- Effekt zwar nachweisbar, aber nicht durchgängig zu beobachten ist. Eine systematische Ausnutzung dieses Effektes im Rahmen einer Anlagestrategie ist aber nur erfolgversprechend, wenn sie auch nach positiven und negativen Marktphasen differenziert.

Folgt Montagsperformance der Freitagsperformance?

Nach einer anderen These folgt die Montags- der Freitagsperformance. Dazu haben wir das Vorzeichen der jeweiligen Tagesperformance am Freitag mit der des folgenden Montags verglichen. Im Zeitraum von 1970 bis heute folgte tatsächlich die Montags- der Freitagsperformance häufiger, als dies umgekehrt der Fall war. Von den rd. 1,600 Wochenenden seit 1970, die nicht durch einen Feiertag verlängert wurden, wiesen in rd. 57% aller Fälle Montags- und Freitagsperformance das gleiche Vorzeichen auf (Tage mit einer Nullperformance haben wir ausgeklammert). Im Zeitraum ab 1990 liegt der Anteil noch bei 54.7%. Dieses Ergebnis passt aber nicht zu dem traditionellen Wochentagseffekt.

Gute Laune vor Wochenenden und Feiertagen

In der Literatur finden sich auch psychologische Erklärungsversuche für den Wochentagseffekt, nach denen die Investoren am Freitag - wegen des bevorstehenden Wochenendes - bessere (Kauf-)Laune hätten als am Montag, dem ersten Arbeitstag der Woche. Wenn die Aussicht auf zwei freie Tage an einem normalen Wochenende die Kaufbereitschaft tatsächlich erhöht, so müsste dies erst recht vor einer längeren Auszeit an der Börse der Fall sein.

Zur Prüfung bietet sich die Performance vor und nach den Weihnachtsfeiertagen an, an denen die Börse in Deutschland zwischen drei und fünf Tagen geschlossen bleibt. Stimmt die "Wochenendthese" und lässt sie sich auf die längeren Weihnachtspausen übertragen, dann müsste die Performance am letzten Handelstag vor Weihnachten besonders positiv und danach besonders schlecht sein. Weiterhin soll geprüft werden, ob hier ein Unterschied zwischen drei-, vier- und fünftägigen Weihnachtspausen besteht.

Die Empirie bestätigt die Vorfreude der Börsianer auf Weihnachten. Im Durchschnitt der Jahre 1970 bis 2003 wurde am letzten Tag vor Weihnachten eine Performance von 0.61% erzielt. Und tatsächlich war diese Tagesperformance umso höher, je länger die Weihnachtspause war. Im Gegensatz zur traditionellen Montagsperformance folgte aber am ersten Handelstag nach Weihnachten keine Ernüchterung. Die durchschnittliche Performance war zwar jeweils niedriger als am Tag vor Weihnachten, blieb aber insgesamt deutlich positiv (+0.42%).

Zur Prüfung des traditionellen Wochentagseffektes bietet sich insbesondere die Performance vor und nach Ostern an, da hier - im Gegensatz zu Weihnachten - stets die gleichen Wochentage Freitag und Montag handelsfrei sind. Tatsächlich bestätigt die Betrachtung für den Zeitraum 1970 bis 2004 den traditionellen Wochentagseffekt, der durch die zusätzlichen Feiertage verstärkt wird. So schneidet der Donnerstag vor Karfreitag im langjährigen Durchschnitt mit einer Performance von 0.55% gegenüber dem Vortag sehr gut ab. Nur in 6 von insgesamt 35 Jahren ging der DAX an diesem Tag zurück. Hier treffen anscheinend ein positiver Wochentagseffekt und die Vorfreude auf das lange Osterwochenende zusammen. Dagegen war der erste Handelstag nach Ostern in 15 von 35 Jahren negativ. Die durchschnittliche Tagesperformance liegt hier mit nur 0.15% deutlich unter der von Gründonnerstag. Selbst wenn man einen Ausreisser im Jahr 1997, als der DAX um fast 4% einbrach, herausrechnet, kommt der Dienstag nach Ostern im Schnitt nur auf 0.27%. Hier zeigt sich der tendenziell schwache Wochenbeginn des traditionellen Wochenverlaufs.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich zum Day-of-the-week-Effekt folgendes festhalten:

- Der Wochentagseffekt ist über einen Zeitraum von 35 Jahren für den DAX nachweisbar, aber nicht durchgängig beobachtbar und hat im Zeitablauf abgenommen.

- Der empirische Befund widerspricht der Vorstellung, dass Anleger zum Wochenende verstärkt Gewinne mitnehmen. Dazu passt auch nicht die Tatsache, dass häufig die Montags- der vorangehenden Freitagsperformance folgt.

- Die Differenzierung nach Marktphasen zeigt, dass das schlechte Abschneiden des Montags vor allem auf Baissephasen, die guten Freitagsergebnisse dagegen auf Haussephasen zurückzuführen ist.

- Eine systematische Ausnutzung des Wochentageffektes im Rahmen einer Anlagestrategie ist nur erfolgversprechend, wenn sie auch nach Markphasen differenziert.

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