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16:14 Uhr, 01.03.2012

Jetzt weiß ich, warum Bernanke zu QE3 nein sagt

Die gelbe Linie steigt wieder

Ganz einfach ausgedrückt: Jeder spart.

  • die öffentlichen Haushalte
  • die privaten Haushalte
  • die Unternehmen und Banken

Ein anderes Wort dafür: Deleveraging. Wenn alle drei Wirtschaftssubjekte sparen, dann führt das zwangsläufig zu Geldvernichtung, dem Gegenteil von Geldschöpfung. Wer sich also schon immer wunderte, wo das Geld hin ist, das durch die Pleite von Hypo Real Estate, AIG und Konsorten verloren ging, der weiß jetzt: Das Geld hat nicht jemand anderes, sondern das Geld wurde einfach vernichtet, durch den umgekehrten Mechanismus, wie es zuvor geschaffen wurde, nämlich durch Geldschöpfung (einen sehr guten Artikel hierzu von meinem geschätzten Kollegen Daniel Kühn zu diesem Thema finden Sie hier).

So: Das Deleveraging haben wir seit Oktober 2007, als die untergedeckten Hypothen in den USA havarierten, und mit ihr die ganzen "Eintopf-Produkte" von CDOs bis MBS, die mit ihnen konstrukiert wurden.

Ganz konträr allerdings zu dem, was man aus dem öffentlichen Diskurs heraus ableiten könnte, haben wir also, insgesamt betrachtet, also mit Einrechnung der privaten Verschuldung, nicht ein Zuviel an Schulden, sondern ein zu geringes Maß an neuen Schulden. Es wird in der Privatwirtschaft gerne von einer "mangelnden Kreditvergabe" gesprochen. Gemeint ist allerdings exakt das gleiche.

Um das zu verstehen, betrachten wir folgende Grafik:

Dort zu sehen ist die gesamte Verschuldung der USA (Staat + Privat). Sie liegt per April 2011 bei 52,55 Billionen Dollar. Wie auf der Grafik zu erkennen ist, haben sich die Gesamtschulden in regelmäßigen Abständen verdoppelt (1970 -> 1977 -> 1983 -> 1989 -> 1999 -> 2007), also seit dem Fall des Goldstandards im August des Jahres 1971 im Schnitt alle 7,4 Jahre einmal. Die durchschnittliche Wachstumsrate beträgt 8,05%. Seit 1970 hat sich die Verschuldung der USA fünfmal verdoppelt und wuchs insgesamt um den Faktor 34.

Bis 2014 müsste die gesamteVerschuldung der USA bis auf rund 105 Billionen Dollar gewachsen sein. Es scheint aber, als ginge dieses Wachstum seit der Finanzkrise im Jahr 2008 nicht mehr weiter. Das Problem dabei ist, dass unser gesamtes Geld Schulden sind. Und damit ist die Kopplung an Wohlstand, BIP und alle damit verbundenen sozialen und politischen Fragen da.

Um das zu veranschaulichen werfen wir einen Blick auf den Aktienmarkt. Die Verschuldung der USA begann im Oktober 2007, zu stagnieren. Das war auch der Monat, als der US-Leitindex S&P 500 sein Allzeithoch erreichte:

Es wurde die ganze Zeit versucht, die gelbe Linie wieder "anzuschieben" und wachsen zu lassen. Und jetzt schauen Sie sich an, was aus den neuesten Daten von August 2011 hervorgeht:

Die Linie steigt wieder! Eine Schwalbe macht zwar noch keinen Frühling, aber es könnte gelungen sein, das Wachstum der Geldmenge wieder anzukurbeln. Warten wir es ab. Es erklärt sich dadurch aber durchaus, dass Bernanke bei einem weiteren QE abwartet.

Wie sehen Sie die Situation?

Photo von gageskidmore / Flickr

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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