Kommentar
07:05 Uhr, 27.02.2017

Japan vor sensationellem Comeback

Viele haben Japan ökonomisch komplett abgeschrieben, zumal selbst die extrem expansive Geldpolitik keine Wirkung zu haben scheint. Ein Fehler.

Japans Schicksal liegt eigentlich auf der Hand. Das Land hat sich nach dem Kollaps des Immobilienmarktes Anfang der 90er Jahre nie wieder erholt. Die Kreditblase stand Japan zwar durch, doch gleich danach kamen andere Faktoren zum Tragen, die eine weitere Erholung abwürgten.

Japans Bevölkerung wird im Durchschnitt so schnell älter wie keine andere. Dazu schrumpft die Bevölkerung noch. Beides wirkt deflationär. Wird eine Gesellschaft Älter, gibt es eine ausgeprägte Spartendenz. Die Menschen sorgen für die Rente vor und konsumieren weniger. Die Nachfrage bleibt so gedämpft und drückt das Wachstum.

Eine schrumpfende Bevölkerung macht Wachstum fast unmöglich. Wirtschaftswachstum setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: Anzahl der Arbeitnehmer und Produktivität. Steigt die Anzahl an Arbeitnehmern, steigt auch der Output. Mehr Menschen können mehr produzieren. Auch weniger Menschen können mehr produzieren, wenn die Produktivität (Output pro Arbeitnehmer) steigt.

Die Produktivität entwickelt sich eher verhalten. Das ist nicht nur in Japan der Fall, sondern überall auf der Welt. Wächst die Beschäftigung nicht mehr und steigt die Produktivität um 0,5 %, dann kann man von einer Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes von 0,5 % ausgehen.

Die Voraussetzungen, dass Japan in der Deflation gefangen bleibt und das Wirtschaftswachstum weiterhin sehr niedrig bleibt, sind gegeben. Nun gibt es jedoch einen Hoffnungsschimmer. Ein Research Unternehmen hat dazu eine sehr plausible Story entwickelt.

Dazu muss man jedoch einen Punkt vorwegschicken: Japans Wachstum wird trotz aller Erfolge nicht mehr auf 3 % oder 5 % steigen. Das ist schlichtweg nicht möglich. Das Produktivitätswachstum gibt das nicht her und da die Bevölkerung schrumpft, kann kein Wachstum aus der Anzahl der Beschäftigten selbst kommen.

Grafik 1 zeigt dazu das tatsächliche Wachstum und das potentielle Wachstum des Landes. Das potentielle Wachstum wird aufgrund der Beschäftigungs- und Produktivitätsentwicklung geschätzt. Das potentielle Wachstum liegt bei weniger als 1 %. Es wird dauerhaft so gut wie unmöglich sein diesen Wert zu überschreiten.

Für japanische Verhältnisse können die verlorenen Jahrzehnte dennoch vorbei sein. Dieses äußert sich vor allem in höherem nominellen Wachstum (BIP-Wachstum plus Inflation). Japan kann und wird der Deflationsspirale wahrscheinlich entkommen. Das wird jedoch ohne hohes reales Wachstum stattfinden.

Grafik 1 zeigt das Wachstum zusammen mit dem sogenannten Labor Input Gap. Dieser Indikator zeigt, ob Arbeit knapp ist oder ob Arbeitskraft zur Genüge vorhanden ist. Ist der Indikator positiv, ist Arbeit knapp. Der Arbeitsmarkt droht sogar langfristig zu überhitzen. Das ist genau das, was Japan braucht.

Das Wirtschaftswachstum müsste aufgrund der Knappheit eigentlich sehr viel höher sein, ist es aber nicht. Das liegt wie beschrieben daran, dass die Bevölkerung schrumpft. Dafür kann das nominale Wachstum nun rapide anspringen. Das geschieht über einen Inflationsanstieg.

Je knapp der Faktor Arbeit ist, desto höher ist die Inflation. Grafik 3 zeigt den Zusammenhang. Der Inflationsanstieg 2014 war auf eine Steuererhöhung zurückzuführen und hat wenig Aussagekraft. Als die Steuererhöhung verdaut war, sackte Japan wieder in die Deflation ab. Da nun aber Arbeit immer knapper wird, dürfte es Japan gelingen die Inflation immerhin auf über 1 % zu hieven. Rein hypothetisch, wenn wirklich alles gut läuft, sind sogar 2 % möglich.

Japan dürfte sich über den Arbeitsmarkt aus der Deflation befreien. Dazu hat auch die Geldpolitik beigetragen. Sie hat zu einer Yenabwertung geführt. In der Folge boomte der Export und mehr Arbeitskräfte wurden nachgefragt. Die Geldpolitik sorgt nun indirekt für eine Überhitzung des Arbeitsmarktes, die wiederum die Inflation anheizt (über steigende Löhne).

Ganz nebenbei erwarten einige Beobachter, dass der negative demographische Effekt langsam abebbt. Nachdem immer mehr Menschen für die Rente gespart haben, kehrt sich das Verhältnis nun um. Immer mehr Rentner gehen nun an ihr Erspartes und geben es aus.

Persönlich sehe ich für Japan durchaus Lichtblicke, aber kein sensationelles Comeback. Vielmehr dürfte sich die wirtschaftliche Entwicklung etwas stabilisieren. Eine Beschleunigung sehe ich kaum. Für mich bleibt Japan ein Land, in dem Wachstum und Inflation Mangelware bleiben werden.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • hochdietassen
    hochdietassen

    Schlusssatz und Überschrift passen leider überhaupt nicht zusammen ? Soll das seriöser Journalismus sein ?

    12:21 Uhr, 28.02. 2017
  • netzadler
    netzadler

    naja, arbeitskräfteknappheit muss nicht in Inflation ausarten, wenn arbeit nur deswegen teuer wird, weil sie knapp ist, wird sie weniger nachgefragt, der innere wert steigt ja schließlich nicht, die Zumessung des inneren wertes ändert sich allenfalls längerfristig.

    der mensch würde hervorragend ohne Wachstum auskommen, der einzige der damit ein Problem hat, ist das schuldgeldsystem.

    09:03 Uhr, 27.02. 2017
  • 2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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