Kommentar
23:00 Uhr, 02.09.2006

Japan - Es kommt doch anders ...

Der japanische Yen befindet sich seit geraumer Zeit im Sturzflug. Am Montag tangierte er erstmals die 150er-marke vs. EUR. Der Grund: Nachdem die Bank of Japan (BoJ) sich von der Nullzinspolitk verabschiedet hatte, spekulierte man im Markt auf eine Erhöhung des Leitzinses noch in diesem Jahr auf mindestens 0,5, wenn nicht sogar 0,75 Prozent.

Die Realität sieht jetzt so aus, dass es möglicherweise 2006 gar keine Veränderung mehr gibt. Und angesichts des massiven Zinsunterschieds sowohl zur Euro-Zone als auch zum Dollar-Raum ist das mit der schon oft propagierte Tod der so beliebten Carry-Trades eben nicht gekommen (Geld in Yen zu niedrigen Zinsen leihen und in einer anderen Währung anlegen – bei weiter fallendem Yen kann man so doppelt verdienen).

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Die mutmaßliche Zurückhaltung der BoJ in der weiteren Zinspolitik liegt am Inflationsproblem in Japan. Allerdings haben die Menschen im Land der aufgehenden Sonne im Gegensatz zum Großteil des Restes der Welt kein Problem mit zu hohen, sondern zu niedrigen Teuerungsraten. Die jüngsten Daten wiesen statt den erwarteten 0,6 Prozent nur 0,3 Prozent Inflation (Juli) aus. Argumentativ kann den Japanern ein schwacher Yen momentan nur recht sein, wenn man davon ausgeht, dass sie die Zinsen in naher Zukunft doch merklich anheben wollen. Denn zwangsweise werden Importe teurer, und auch wenn das emsige Volk so ziemlich alles produziert was man brauchen kann – zumindest die Energieeinfuhr kann man nicht umgehen. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Teuerungsraten wieder deutlicher anziehen.

Den Politikern ist der schwache Yen letztlich natürlich sehr recht – stärkt er doch massiv den ohnehin schon boomenden Export. Deswegen dürften auch Äußerungen des Finanzministers Tanigaki, man werde „die Kursbewegung des Yen zum Euro in Zukunft sehr genau beobachten“, nicht mehr als ein Lippenbekenntnis sein.

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Trotzdem könnte eine Spekulation auf eine weiter fallende japanische Währung gefährlich sein. Japans Wirtschaft ist nach langem, zähen Restrukturierunsprozess wieder kerngesund. Und das Land profitiert in einem stärkeren Maße vom Boom der asiatischen Staaten rund um China als andere Industrienationen, schon alleine wegen der geografischen Nähe. Wäre nicht die ständige Erinnerung an die Greuel des Zweiten Weltkriegs (die Erinnerung an die japanischen Verbrechen dort ist mindestens ebenso wach wie in Europa an die Nazi-Zeit), dann könnte Japan vermutlich eine noch wichtigere Rolle einnehmen. Amerika jedenfalls wird alles dafür tun, dass Japan ökonomisch und wohl auch militärisch die Rolle eines starken Gegenpols zur aufstrebenden Weltmacht China in der Region darstellen kann.

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Editorial aus dem kostenlosen Godmode FOREX Report Börsenbrief

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Autor: Daniel Kühn

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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