Kommentar
00:00 Uhr, 01.12.2008

Jahresendrallye trotz Horrorzahlen?

Die vergangene Woche war für Trader ähnlich gewinnträchtig wie die letzte Oktoberwoche. Der Dow Jones stieg am Freitag um 1,17% auf 8.829 Indexpunkte und der DAX behauptete sich bei 4669 Indexpunkten. Damit konnten sich beide Indices von den neuralgischen Zonen (Dow Jones 8000 und DAX 4000 Indexpunkte) wieder deutlich entfernen. Auch die Terroranschläge in Bombay und die Turbulenzen und Unruhen am Bangkoker Flughafen konnten die Kursrallye nicht aufhalten. Sogar die Pleite von Woolworth hatte am Freitag keine negativen Auswirkungen. Zu einer positiven Stimmung kam es durch das neue US-Rettungsprogramm der FED und der US-Regierung. Zudem werden weitere Zinssenkungen seitens der FED und EZB im Dezember erwartet.

Besonders stark waren die Kursgewinne an der Moskauer Börse seit dem 21. November bis 27. November. Vom 21. bis 25. November explodierten die Kurse an der Moskauer Börse ähnlich stark wir in der Zeit vom 29. Oktober bis 4. November. Der RTS konnte vom 21. November bis 25. November um 23% von 560 auf 690 Indexpunkte zulegen und vom 29. Oktober bis 4. November sogar um 30% von 640 auf 830 Indexpunkte. So gibt es auch in intakten Bärmärkten auch immer wieder sehr gute Tradingchancen, die bei einzelnen Aktien sogar 50-100% in wenigen Tagen ausmachen. So konnte sich der Kurs von Gazprom um 37% von 10 auf 13,7 € in den letzten Tagen verbessern. Die Kurse von dem Düngemittelunternehmen Uralkali und dem Stahlwert Evraz Group konnten sich sogar letzte Woche verdoppeln. Der Kurs des Stahlröhrenherstellers TMK stieg am Freitag um 114 % auf 3,8 €. Allerdings waren die Kursverluste in den Tagen zuvor im November bei diesen Werten auch besonders stark. Die russischen Stahlkonzerne werden die Produktion drastisch vermindern müssen. Zudem kommt es auch zu erheblichen Zahlungsrückständen bei den Hauptkunden im Automobilsektor und der Eisenbahn. Am 28. November konsolidierte der RTS-Index wieder um 2,37% auf 658 Indexpunkte. Nur Konsum- und Telekomwerte konnten sich behaupten.

In den letzten 3 Monaten flossen fast 150 Mrd. USD aus Russland heraus, was den Rubel stark unter Druck brachte. Die russische Notenbank gab alleine im Oktober etwa 100 Mrd. USD zu Stützungskäufen des Rubels aus, was die Währungsreserven stark auf 480 Mrd. USD verminderten. Damit hat Russland aber immer noch die dritthöchsten Währungsreserven der Welt. Demnächst will die Notenbank aber nicht mehr so stark intervenieren, sondern den Rubel leicht abwerten lassen. Seit dem Hoch im Juni verlor der Rubel schon fast 20% an Wert. Der russische Broker Troika Dialog rechnet auch mit Währungsverlusten von bis zu 25% im nächsten Jahr aufgrund eines schwachen Rubels. Die Rubelschwäche wurde verschärft durch den auf 50 USD/Barrel gefallenen Ölpreis. 50 USD/Barrel dürfte auch die Schmerzgrenze sein, denn sonst wird der Haushalt im nächsten Jahr defizitär.

Um das Welt-Finanzsystem zu stabilisieren, schlägt der russische Außenminister Sergej Lawrow nun vor, beim nächsten G20 Gipfel am 2. April auch regionale Reservewährungen und neue Verrechnungseinheiten außer den Dollar einzuführen. So will Russland für die Verrechnung des Handels mit Lateinamerika den „Sucre“ einführen, wo auch der Rubel mit einem gewissen Gewicht mitvertreten ist. Mit Weißrussland soll der Rubel als Verrechnungseinheit durchgesetzt werden. Zudem soll ein Einheitlicher Wirtschaftsraum und eine Freihandelzone mit den Ländern Ukraine, Kasachstan, Weißrussland und Russland vereinbart werden. Dieses soll alles helfen, die globale Krise zu vermindern und den Warenverkehr in bestimmten Regionen unabhängig von Dollarschwankungen zu machen. In jedem Fall will Russland jetzt seine Handelsbeziehungen nach Lateinamerika ausweiten. Schon zuvor wuchs der Außenhandel Russlands mit Lateinamerika um 25% im Jahr auf nunmehr 15 Mrd. USD. Einer der Kernländer mit umfangreichen Wirtschaftskooperationen ist dabei Venezuela mit dem sogar ein gemeinsames Manöver und umfangreiche Waffenlieferungen vereinbart wurde.

Neben der globalen Finanzmarktkrise und des schwachen Rubels verunsicherten die ausländischen Anleger in Moskau auch das Vorgehen des Kremls gegen einige Rohstoffunternehmen wie beim Stahlwert Mechel im Juni und zuletzt beim Düngemittelhersteller Uralkali. Die westlichen Anleger befürchteten schon einen zweiten Yukos-Fall und ließen die Aktien ins Bodenlose fallen. Bei Uralkali sollen hohe Schadensersatzforderungen wegen der Überflutung einer Mine eingeklagt werden, obwohl der Vorfall schon 2 Jahre her ist. Die Aktienkurse beider Gesellschaften brachen um über 50% an einem Tag ein als die Behörden eingriffen und zogen auch den Gesamtmarkt mit nach unten. Mit einem Minus von 47% im Oktober und über 70% seit Jahresbeginn ist die Moskauer Börse einer der Top-Verlierer in einem ohnehin trüben Umfeld. Seit dem Georgienkrieg im August sind russische Aktien aber für westliche Portfolio-Investoren ohnehin „out“. Dabei war bis Mai die Moskauer Börse mit einem Plus von 5% noch einer der Top-Gewinner der Weltbörsen. Aber gerade in den Monaten September/Oktober hat sich die Welt grundlegend verändert, denn seit September gibt es weltweit eine bis dahin unvergleichbare Systemkrise, die nur schwer in den Griff zu bekommen ist. Auch Russland versucht seitens der Notenbanken und der Regeierung mit enormen Liquiditäts- und Finanzspritzen gegenzusteuern, wobei Russland die hohen Währungsreserven und auch der zuvor gebildete Stabilisierungsfonds jetzt zugute kommen.

Es bestehen gute Chance, dass sich die Kursrallye der letzten Woche trotz weiter schlechter Zahlen und Horrormeldungen im Dezember fortsetzt, so dass die Jahresendrallye vorgezogen wird. Dafür dürfen sch die Terrorgefahren à la Bombay aber nicht in die Nähe der Wall Street ausweiten und es darf keinen Iran-Krieg geben. Bei den Banken erwarte ich weiter Horrorzahlen und Gewinnwarnungen für das 4Q08. In den USA ging schon die 22. Bank Pleite, was zeigt, dass der US-Rettungsschirm nicht alle Banken retten kann. Vom Staat künstlich gestützt werden nur die Großbanken mit systemischen Risiken.

Die Bayerische Landesbank wird nun mit einem Rettungsprogramm im Volumen von 30 Mrd. € von der Bayerischen Regierung gerettet. Der Staat wird demnächst dort das Sagen haben ebenso wie in den USA bei der Citibank, die mit einer Kapitalspritze des Staates von 20 Mrd. USD und einer Bürgschaft im Volumen von 300 Mrd. USD nur knapp dem Untergang entgegen konnte. Eine Pleite der Citibank hätte einen neuen Crash an den Weltbörsen ausgelöst, da die Citibank eien Bilanzsumme von 1 Billion USD hat und zudem ein Volumen von 37 Billionen USD(!) an Kreditderivaten abzuwickeln hat. Nach der Subprimekrise kommt nun die Kreditkartenkrise, die zu weiteren Abschreibungen in Mrd-Höhe führen wird. Zudem hängt UBS weiterhin am seidenen Faden. General Motors kann angeblich nur durch einen weiteren 25 Mrd. USD-Kredit des Staates von der Pleite gerettet werden. Der amerikanische Kongress lehnte zunächst die Kreditanfrage ab und will nun bis zum 2. Dezember einen Plan von General Motors, Chrysler und Ford vorgelegt haben, der plausibel macht, dass die US-Automobilindustrie eine Zukunft hat. Eine weitere Ablehnung würde die Weltbörsen wieder stark nach unten ziehen. Am Donnerstag stieg der Kurs von General Motors aber um 35%, weil die Anleger wohl diesmal eine Zustimmung des US-Kongresses zum erweiterten Kreditprogramm für die marode US-Automobilindustrie erwarten. Der Kurs von General Motors verdoppelte sich letzte Woche von 2,08 auf 4,1 € und damit die Marktkapitalisierung von 1,2 auf 2,3 Mrd. €.

Auch eine Pleite von General Motors (GM) würde einen Crash an den Weltbörsen auslösen, denn GM hat Schulden im Volumen von 600 Mrd. USD. Im Jahr 1995 reichten 25 Mrd. USD, aus, um Mexiko vor der Pleite zu retten, was damals die Weltbörsen zum Beben brachte. Jetzt reichen schon 25 Mrd. € nicht mehr aus, um eine deutsche Landesbank vor der Insolvenz zu bewahren. Die Größenordnungen sind gewaltig gestiegen und kaum vorstellbar, aber real. Um die US-Verschuldung zu bändigen, bedarf es radikaler Maßnahmen. Die weltweiten Rettungsprogramme liegen schon bei 3 Billionen €. Amerika will im Ernstfall über 6 Billionen USD mobilisieren, um letztendlich ein „1929“ und auch eine tiefe Rezession zu verhindern. Die Summen sind jetzt so groß, dass, falls die Programme fehlschlagen und die „Pferde nicht saufen“, früher oder später nur eine Währungsreform oder eine Hyper-Inflation den Schuldenberg tilgen kann. Beides wäre ein gewaltiger Schock für den Anleger.

Es dürfte jedem klar sein, dass fast alle westlichen Industrieländer im 4Q08 und auch im 1Q09 in eine schwere Rezession kommen. Entscheidend wird es dann aber sein, wie lange die Krise anhält. Ludwig Erhard hat damals schon gesagt, dass 40% der Wirtschaft Psychologie ausmacht. Jetzt gehören alle Banker und Industriemanager auf die Psychologencouch und die Anleger können sich gleich dazugesellen. Keiner traut dem anderen mehr. Die Angst vor der schlechten Zukunft führt zu Konsumverzicht, Produktionsstopps, Betriebsstilllegungen, Zahlungsverzögerungen, Zahlungsengpässe und Entlassungen.

Ich rechne aber damit, dass das Weihnachtsgeschäft zumindest in Deutschland nicht so schlecht sein wird wie befürchtet. Zudem ist dies im Dezember die letzte Chance für deutsche Anleger, Aktien im Hinblick auf die Abgeltungssteuer zu kaufen und nach 1 Jahr steuerfrei zu verkaufen. Dies könnte in der Tat zu einer Jahresendrallye führen. Es wird in jedem Fall sehr volatil bleiben. Welche Aktien Sie jetzt kaufen oder verkaufen sollen, können Sie der täglich aktualisierten Ostbörsen-Hotline 09001-8614001 (1,86 €/Min.) entnehmen.

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