IWH sieht "frostige Aussichten" für die deutsche Wirtschaft
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Von Andreas Kißler
DOW JONES--Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat seine Prognosen für die deutsche Konjunkturentwicklung gesenkt und sieht nach eigenen Angaben "frostige Aussichten" für die deutsche Wirtschaft. Nach der Winterprognose des IWH dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2024 um 0,2 Prozent sinken und im Jahr 2025 um 0,4 Prozent expandieren, teilte das Institut mit. Im September seien die IWH-Konjunkturforscher noch von einem Nullwachstum für das Jahr 2024 und einem Plus von 1,0 Prozent für 2025 ausgegangen. Für 2026 senkte das IWH die Wachstumsprognose auf 1,3 Prozent von 1,4 Prozent.
"Im Winter 2024/2025 setzt sich die Stagnation der deutschen Wirtschaft fort", konstatierte das Institut. Die Industrie leide unter einem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Deswegen und aufgrund der unklaren wirtschaftspolitischen Aussichten hielten sich Unternehmen und Verbraucher mit ihren Ausgaben zurück. Erst wenn die Unsicherheit sinke, würden die gestiegenen Einkommen für höhere Konsumausgaben verwendet werden.
Die gesamtwirtschaftliche Produktion und auch die Exporte seien derzeit lediglich in etwa so hoch wie im Jahr 2019. Sehr deutlich unter ihrem Stand vom Jahr 2019 hätten im dritten Quartal die Ausrüstungsinvestitionen gelegen. Mit dem schlechteren Exportgeschäft scheine auch der Bedarf an neuen Ausrüstungen zu sinken. "Die strukturellen Probleme wie die Verteuerung der Energie in Deutschland, die Alterung der Erwerbsbevölkerung und der Fachkräftemangel sind nicht leicht zu lösen", sagte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. "Das wird jetzt einer breiteren Öffentlichkeit bewusst und führt zu Verunsicherung, mit der Folge, dass die privaten Haushalte mehr sparen."
Mehr Sorgen um den Arbeitsplatz
Dazu komme die hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit. Auch dürften die Sorgen um den Arbeitsplatz zunehmen, denn der Beschäftigungsaufbau sei zum Stillstand gekommen. Das IWH erwartete 2,787 Millionen Arbeitslose in diesem, 2,889 Millionen im nächsten und 2,895 Millionen im übernächsten sowie eine Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent 2024 und je 6,2 Prozent in den beiden Folgejahren. Die Inflationsrate sah das IWH 2024 bei 2,2 Prozent, 2025 bei 2,0 Prozent und 2026 wieder bei 2,2 Prozent.
Für das Jahresschlussquartal zeichne sich eine erneute Stagnation des Bruttoinlandsprodukts ab. In den ersten Monaten des kommenden Jahres werde dämpfend wirken, dass eine vorläufige Haushaltsführung des Bundes die öffentlichen Ausgaben limitiert. Wenn danach eine Regierungsbildung die wirtschaftspolitische Unsicherheit verringere, dürfte der private Konsum etwas anziehen. Auch die lockerere Geldpolitik helfe der Konjunktur. "Ein kräftiger Aufschwung ist indes nicht zu erwarten", sagte Holtemöller.
Für die Prognose lassen sich laut dem Institut "erhebliche Risiken ausmachen". Zum einen hätten jüngst große Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes einen erheblichen Beschäftigungsabbau angekündigt. Sollten die Meldungen über Stellenstreichungen in großem Stil anhalten, würde sich die prognostizierte Erholung der Konsumnachfrage im kommenden Jahr nach Einschätzung der IWH-Konjunkturforscher wohl nicht einstellen. Zudem würde ein weltweiter Handelskrieg die exportorientierte deutsche Wirtschaft besonders hart treffen. "Soll die wirtschaftliche Zuversicht wieder zunehmen, müsste es im kommenden Frühjahr zur Bildung einer stabilen Regierung mit erkennbarem wirtschaftspolitischen Konzept kommen", betonte Holtemöller zudem. Das sei in der Prognose unterstellt, eine Garantie dafür gebe es aber nicht.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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