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12:30 Uhr, 16.04.2024

IWF-Ausblick für Weltwirtschaft bleibt getrübt - Finanzministeriumskreise

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht in seinem neuen Weltwirtschaftsausblick nach Angaben aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums keine Gefahr einer weltweiten Rezession, aber insgesamt weiter "getrübte" Aussichten. "Die Prognose zeigt, die Gefahr einer globalen Rezession ist zwar einerseits weitgehend gebannt und die Weltwirtschaft hat Resilienz im Anblick der Krisen und der geopolitischen Schwierigkeiten gezeigt. Abwärtsrisiken haben sich durch einen Rückgang der Inflation zuletzt insgesamt verringert, aber auf der anderen Seite bleibt der Ausblick natürlich trotzdem getrübt", sagte ein hochrangiger Beamter des Finanzministeriums in Berlin mit Blick auf den Bericht, der später in Washington veröffentlicht werden soll.

Die Weltwirtschaft wachse, aber sie wachse wenig dynamisch. "An anderen Stellen wie bei uns wächst sie gar nicht", hob er hervor. Man sehe auch, dass die Inflation durch neue Schocks, wie man sie gerade erlebt habe, auch länger als noch vor wenigen Monaten erwartet erhöht bleiben und "dass eine weiterhin straffe Geldpolitik noch für eine gewisse Zeit nötig bleiben könnte". Mittelfristig seien die Wachstumsaussichten global ebenfalls "unbefriedigend niedrig".

Deutschland stimme aktuellen Analysen des IWF zu, dass Strukturreformen ganz essenziell seien, um den Wachstumstrend über eine Steigerung der Produktivität zu verbessern. "Wir werben nach Jahren der Krisenbekämpfungspolitik für einen erneuten Fokus auf Strukturreformen, international wie auch national, hier national natürlich unter dem Stichpunkt Wirtschaftswende", betonte der Beamte. Deutschland schlagen eine breite angebotspolitische Agenda für Investitionen, Innovationen und Wachstum vor. Auf diesem Weg müsse Deutschland "eine auch mittel- und langfristig tragfähige Finanzpolitik beibehalten". Dieses Ziel der Bundesregierung unterstütze auch der IWF.

Die Treffen in Washington würden überschattet sein vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Krise im Nahen Osten, "jetzt natürlich noch einmal verschärft durch die Ereignisse der vergangenen Tage". Diese würden auch dort eine Rolle spielen. Deutschland bekenne sich ganz ausdrücklich in dieser schwierigen Situation zum Selbstverteidigungsrechts Israels und verurteile den Angriff des Iran auf Israel auf das Allerschärfste, man müsse sich aber gleichzeitig auch bemühen, eine Eskalation zu verhindern.

   G20 sprechen über Klimafinanzierung und Finanzarchitektur 

Die Finanzminister und Notenbankgouverneure der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) wollen laut den Angaben am Mittwochabend das Thema Klimafinanzierung und am Donnerstagvormittag die internationale Finanzarchitektur erörtern. Schwerpunkt sei hierbei die Reform und Stärkung der multilateralen Entwicklungsbanken und daneben auch eine nachhaltige Stabilisierung von Kapitalströmen in Entwicklungs- und Schwellenländer. Es gehe darum, dass auch nicht traditionelle Geber mehr und mehr ihrer Verantwortung gerecht würden und auch der Privatsektor und inländische Finanzierungen mobilisiert werden müssten.

Beim IWF soll zudem noch die Rolle der Institution selbst erörtert werden. Die Finanzbasis des IWF sei "mehr als ausreichend, um die gegenwärtigen und zukünftigen Bedarfe der Mitgliedschaft zu decken", hob der Beamte hervor. "Wir setzen uns ein für eine Beschränkung des IWF auf sein Kernmandat, nämlich die Wahrung der globalen Finanzstabilität." Das werde man in den Sitzungen vor Ort auch deutlich machen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, die beide an den Tagungen in Washington teilnehmen werden, hatten zuvor bereits zum 80-jährigen Bestehen des Währungsfonds einen Fokus auf dessen Kernmandat angemahnt.

"Über die Zeit hat es der IWF immer wieder geschafft, aus Krisen gestärkt hervorzugehen. Selten waren die äußeren Umstände jedoch herausfordernder als heute", schrieben beide in einem Gastkommentar im Handelsblatt. "Ein IWF, der sich auf sein Kernmandat fokussiert, kann das globale Wirtschafts- und Währungssystem am besten stärken." Die Hilfen des IWF für Länder mit angeschlagenen Finanzen könnten "eine dauerhaft stabilitätsfördernde Wirtschaftspolitik nicht ersetzen", und auch die Finanzierung einer entwicklungspolitischen Agenda sei "nicht originäre Aufgabe des IWF und sollte eher Institutionen wie der Weltbank überlassen werden", schrieben sie unter anderem. In diesem Zusammenhang seien Bestrebungen, die sogenannten Sonderziehungsrechte für die Entwicklungsfinanzierung zu gebrauchen, "mit Skepsis zu betrachten".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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