IW: Reform der Schuldenbremse könnte 30 Milliarden Spielraum bringen
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat drei Modelle für eine Reform der Schuldenbremse analysiert, mit denen "aus heutiger Sicht ein zusätzlicher Verschuldungsspielraum von 30 bis 35 Milliarden Euro pro Jahr" erreicht werden könnte. Unstrittig sei, dass Regeln für die Staatsverschuldung wichtig sind. "In jedem Fall sollte die Politik aber die Ausgestaltung der Schuldenbremse überdenken", forderte IW-Experte Tobias Hentze. Das IW betonte, es zeige anhand der drei Reformvarianten, "wie finanzielle Spielräume geschaffen werden können, ohne dabei die Staatskasse zu überlasten". Es wäre "durchaus möglich, gesunde Staatsfinanzen und eine flexiblere Schuldenbremse zu kombinieren".
Die Nettoinvestitionsregel erlaube erstens neue Kredite für den Zuwachs des Kapitalstocks, etwa um neue Straßen oder Wasserstoffpipelines zu bauen. Davon würden kommende Generationen profitieren. Für die Instandhaltung dieses Kapitalstocks seien aber die heutigen Generationen verantwortlich. Kredite gebe es ausschließlich für Investitionen. "Problematisch ist nur, dass im Zweifel die Politik entscheiden muss, was als Investition durchgeht und was nicht", gab das arbeitgebernahe Institut zu bedenken.
Die atmende Schuldenregel ermögliche es zweitens, flexibler auf Konjunkturschwankungen zu reagieren und berücksichtige auch die Zinsausgaben für laufende Kredite. In wirtschaftlich schlechten Zeiten dürfe der Staat demnach mehr Schulden aufnehmen, in guten hingegen weniger. Wenn die Zinssätze zudem sänken, steige der Verschuldungsspielraum, da der laufende Haushalt durch Kredite weniger stark belastet werde.
Die Ausgabenregel schließlich erlaube steigende Ausgaben analog zum Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP), sodass das Verhältnis von Ausgaben zum BIP zumindest konstant bleibe. Um Wirtschaft und Bürger zu unterstützen, könne der Staat Steuern senken. Die Mindereinnahmen würden auf einem sogenannten Ausgleichskonto verbucht. In den folgenden Jahren müsse der Staat diese Mindereinnahmen ausgleichen, indem er entweder die Ausgaben senke oder die Steuern wieder erhöhe. So bleibe der Staat verpflichtet, seine Finanzen langfristig im Gleichgewicht zu halten. In Notlagen könnte die Regel wie bisher ausgesetzt werden.
Das IW betonte, die drei Reformvorschläge könnten "im Grundsatz kombiniert werden, auch mit einem speziellen Sondervermögen". Das Ausmaß des zusätzlichen Verschuldungsspielraums müsste dann austariert werden. Bis zu einer Nettokreditaufnahme von 1,5 Prozent des BIP pro Jahr bleibe die Schuldenstandsquote stabil.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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