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12:44 Uhr, 26.01.2024

IW: 2023 wurde in Tarifverhandlungen gestritten wie nie

BERLIN (Dow Jones) - Im vergangenen Jahr haben die Tarifparteien in 20 ausgewählten Branchen besonders viel gestritten. Das zeigt eine Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Eine Analyse auf Basis der hauseigenen Tarifdatenbank zeige für die herangezogenen Jahre ab 2010, dass die Verhandlungen der 20 Branchen "im vergangenen Jahr eskaliert sind wie noch nie". Die maximale Eskalationsstufe, die mithilfe einer siebenstufigen Skala messe, bis zu welcher Stufe ein Konflikt eskaliert (0 = Verhandlung am Tisch, 7 = Streik und Aussperrung), lag 2023 demnach im Schnitt bei 3. Das seien 0,8 Punkte mehr als im langjährigen Durchschnitt. Der bisherige Höchstwert lag im Jahr 2015 laut IW bei 2,8.

Auch die Konfliktintensität, also die Summe der Eskalationsstufen in den beobachteten Branchen, sei mit durchschnittlich 15 Punkten je Konflikt so hoch wie nie. 2022 habe dieser Wert nur bei 5,5 gelegen. Besonders sei im vergangenen Jahr im Handel gestritten worden. Zwar eskalierten die Streitereien hier laut IW nie weiter als bis zu einem Warnstreik (Stufe 4), aber die Verhandlungsrunden seien ein ums andere Mal ohne Ergebnis abgebrochen worden - nach wie vor hätten Gewerkschaften und Arbeitgeber hier keine Lösung gefunden. Im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen seien die Verhandlungen sogar gescheitert, es folgte laut IW eine Urabstimmung (Stufe 6 auf der Eskalationsskala). Die Parteien hätten sich dann aber doch ohne Arbeitskampf geeinigt.

Nach wie vor gestritten werde zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn. "Die GDL setzt im neuen Jahr fort, was wir im Jahr 2023 bereits gesehen haben: Das Gebaren der Tarifparteien verkommt zunehmend zum Klassenkampf", sagte Studienautor und IW-Tarifexperte Hagen Lesch. "Diese Entwicklung sollte uns Sorgen bereiten. Wir brauchen wieder mehr Partnerschaft und konstruktive Gespräche." Für das gemeinsame Miteinander sei es besser - und oft zielführender - wenn die Verhandler sich künftig mehr bemühten, das Gegenüber zu verstehen und beim Scheitern der Verhandlungen erst einmal einen Mediator oder Schlichter zu Hilfe riefen. Denn nur so ließen sich Konflikte schnell lösen und Arbeitskämpfe vermeiden, unter denen Unbeteiligte litten.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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