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15:02 Uhr, 21.10.2008

Iran: Kann man hier auch investieren?

Ausgerechnet die iranische Börse gehört trotz des weiter schwelenden Atomkonflikts mit den Vereinigten Staaten zu den ganz wenigen Aktienmärkten, die in diesem Jahr mit Kurgewinnen aufwarten können. Grund genug, sich in dieser Ausgabe etwas näher mit diesem Ausnahmefall zu beschäftigen. Wir haben dazu mit Ramin Rabii, Managing Director bei Turquoise Partners gesprochen. Der 30-jährige ist verantwortlich für das Management des Turquoise Iran Equity Fund. Dieser auf iranische Aktie fokussierte Fonds hat mit einem Plus von 76,4 Prozent zum Stichtag Ende September seinen Vergleichsmaßstab, den Tehran Stock Exchange Price and Dividend Index seit seiner Auflage Ende Mai 2006 knapp geschlagen.

Der Fonds, der momentan sechs Mio. Dollar verwaltet (weitere 25 Mio. Dollar wurden für die nächsten zwei Monate nach eigenen Angaben bereits zugesagt) steht heimischen Anlegern grundsätzlich offen. Allerdings wird eine Mindestanlagesumme von 100.000 Dollar verlangt und der Fonds hat keine Vertriebszulassung für den deutschen Markt, was steuerliche Nachteile mit sich bringt. Die Managementgebühr beträgt 2,5 Prozent p.a., die Gewinnbeteiligung 20 Prozent und die Hürde, die überwunden werden muss, bevor die Managementgesellschaft eine Gewinnbeteiligung erhält, liegt bei acht Prozent.
Herr Rabii, wie kann ein Privatanleger in Ihren Fonds investieren?
Ein Investment in den Turquoise Iran Equity Fund ist für Privatanleger sehr einfach. Sie müssen mit uns eine Grundsatzvereinbarung abschließen, in der die Höhe des Investments festgelegt wird. Dann muss das Geld auf unser Konto transferiert werden und dann stellen wir Anteile auf den Fonds basierend auf dem Nettoinventarwert an dem Tag aus, an dem wir das Geld erhalten. Die meisten unserer Investoren kommen aus Europa, Australien und Asien. Das Verhältnis zwischen privaten und institutionellen Anlegern beträgt ungefähr 70:30.

Wie ist der Aktienmarkt im Iran organisiert?

Der Handel an der Tehran Stock Exchange beginnt um 9.00 Uhr morgens und dauert bis 12.30 mittags. Gehandelt wird auf einer elektronischen Handelsplattform, die von allen Brokern verwendet wird (es gibt rund 90 Broker). Nicht-registrierte Händler können bisher nicht real-time handeln. Die Aufträge werden in so einem Fall an einen Broker weitegeleitet und dies geben die Order per Hand in das System ein. Informationen über die Kursentwicklungen gibt es auf der Börsen-Webseite, die alle zwei Minuten aktualisiert wird. Es gibt auch bereits ein verbessertes Handelssystem, das sich derzeit aber noch in der Testphase befindet. Sobald dieses eingesetzt wird, können Anleger auch direkt handeln.

Im Iran gibt es keine ausländischen Bankfilialen. Das Custody wird deshalb im Bedarfsfall durch iranische Banken abgewickelt. Das Central Securities Depository of Iran (CSDI) ist für das Clearing und das Settlement zuständig. Zudem ist man für den Transfer der Wertpapiere verantwortlich sowie für das Zentralregister.

Wie würden Sie Ihre Anlagephilosophie beschreiben?

Unsere Anlagephilosophie basiert auf einem langfristigen Kapitalwachstum, der sich aus dem einzigartigen Charakter der iranischen Börse speist. So hat der Iran eine Bevölkerung von 70 Mio. Menschen, von denen rund 65 Prozent unter 30 Jahre alt sind. Die Mehrzahl ist zwischen 15 und 25 Jahre alt, was nicht anderes bedeutet, als das sie erst noch in das Produktions- und Konsumalter kommen. Der bereits zu beobachtende Konsumboom im Iran ist aus unserer Sicht bisher nur die Spitze des Eisberges. Der eigentliche Boom wird erst noch kommen, wenn die genannte Generation in einigen Jahren älter geworden ist.

Der Iran ist außerdem sehr reich an Rohstoffen. So sitzt das Land auf den höchsten Energiereserven weltweit. Man hat nach Saudi-Arabien die zweithöchsten Rohölreserven und nach Russland die zweitgrößten Gasreserven. Die Landmasse und die Bevölkerung kommen weltweit auf einen Anteil von einem Prozent, doch die nachgewiesenen Energiereserven belaufen sich auf sieben Prozent.

Die Börse im Iran ist zudem deutlich unterbewertet. Das gilt selbst im Vergleich mit anderen Schwellenländern, die viel kleiner sind. So bewegt sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis im Schnitt bei rund fünf. Das hat mit dem Fehlen größerer ausländischer Investoren zu tun und dem gefühlten politischen Risiken, dass deutlich größer ist als die realen Risiken.

Der Iran führt gerade ein massives Privatisierungsprogramm durch, bei dem die Regierung ihre Mehrheiten an vielen Firmen mit dem Ziel abgibt, den Staatsanteil von derzeit 80 Prozent auf 20 Prozent in einigen Jahren zu verringern. Dieses Programm hat bereits einige sehr interessante Neuemissionen hervorgebracht. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden acht bis zehn Jahren fortsetzen und wird sich auf die meisten Sektoren erstrecken, die bisher vom Privatbesitz ausgeschlossen waren. Zusammengefasst basiert die Investmentstory somit auf Konsumwachstum, dem Rohstoffreichtum, der fundamentalen Bewertung und der massiven wirtschaftlichen Liberalisierung und Privatisierung im Iran.
Anders als die meisten anderen Weltbörsen könnte die iranische Börse 2008 bisher sogar Gewinne verbuchen. Was sind die Gründe dafür?

Die Börse in Teheran weist wie andere lokale Märkte keine Korrelation mit den etablierten Weltbörsen auf. Das hat mit dem Fehlen ausländischer Investoren zu tun, der geringen Abhängigkeit vom Welthandel und nicht im Ausland gehandelten Aktien. Dadurch eignet sich die iranische Börse großartig zur Diversifikation im Portfolio. In diesem Jahr ist der Markt bisher um rund 30 Prozent gestiegen.

Was erwarten Sie in den kommenden zwölf Monaten und wie beurteilen Sie die Aussichten in den nächsten drei bis fünf Jahren?

In den vergangenen Jahren ist die iranische Wirtschaft mit einer durchschnittlichen Rate von fünf Prozent gewachsen. Im letzten Fiskaljahr betrug die Wachstumsrate sogar 6,7 Prozent. Wir glauben, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird und der Iran weiterhin ein relativ hohes Wachstum erleben wird. Die Kurse am Aktienmarkt sind in den vergangenen sieben Jahre im Schnitt um 42 Prozent jährlich gestiegen, wobei das Jahr 2003 ein Plus von erstaunlichen 130 Prozent brachte und das Jahr 2005 ein Minus von zehn Prozent. Angesichts des Privatisierungsprogramms, dem Konsumwachstum und der Unterbewertung des Marktes rechnen wir auch in den kommenden zwölf Monaten mit einem im internationalen Vergleich besseren Abschneiden der iranischen Börse. Ein Anstieg von mehr als 20 Prozent im Jahr ist aus unserer Sicht denkbar in den nächsten fünf Jahren.

Wie wichtig ist der Ölpreise für die Wirtschaft und auf welcher Ölpreisannahme basiert der Staatshaushalt?

Der Iran war auch in der Lage, sein Wachstum aufrechtzuerhalten, als der Ölpreis Ende der 90er Jahre unter 10 Dollar je Barrel gesunken war. Doch nach der Machtübernahme durch Präsident Ahmadinejad wurde eine populistische Politik betrieben, die eine starke Steigerung der staatlichen Ausgaben in ländlichen Gebieten zur Folge hatte. Der Staatshaushalt basiert auf der Annahme eines Ölpreises von 60 Dollar je Barrel, doch die Ausgaben überstiegen zuletzt die im Haushalt gemachten Annahmen. Ein anhaltender Rückgang des Ölpreises könnte das Wachstum verlangsamen und zu stärkeren Ausschlägen bei der Währung führen. Doch dazu müsste der Ölpreis für länger als ein Jahr unter 60 Dollar je Barrel verharren. Bei einer nur kurzfristigen Ölpreisschwäche kann der Iran immer auf seine bedeutenden Währungsreserven zurückgreifen.

Wie hoch schätzen Sie das politische Risiko ein?

Wir glauben, dass die durch die Berichterstattung in den internationalen Medien wahrgenommenen politischen Risiken viel größer sind als die realen Risiken. Der Iran hat eines der stabilsten politischen Regime in der Region. Was den Atomkonflikt angeht, so hat sich die Gefahr einer Auseinandersetzung durch die weltweite Kreditkrise und den Bericht des amerikanischen Geheimdienstes, wonach der Iran sein militärisch genutztes Atomwaffenprogramm bereits vor Jahren gestoppt hat, deutlich verringert. Durch die im November anstehenden Präsidentschaftswahlen im Amerika und den im Juni stattfindenden Präsidentschaftswahlen im Iran ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die bilateralen Beziehungen dieser beiden Länder verbessern und sich die politischen Risiken in den kommenden Jahren verringern.

Was ist neben dem politischen Faktor das größte Risiko für die lokale Wirtschaft und die Börse?

Ich glaube, das größte Risiko ist die Unsicherheit, die von der Einmischung des Staates auf die Wirtschaft ausgeht. Das können Preis- und Handelsrestriktionen sein oder sich schnell ändernde steuerliche Rahmendaten sein, die bereits in einer hohen Inflationsrate resultierten. Auch machen sonst jederzeit mögliche Veränderungen im regulatorischen Umfeld eine genaue Prognose oft sehr schwierig. Das alles das verbessert sich Jahr für Jahr.

Können Sie bitte einige Angaben zur Bewertung des Marktes machen?

Die Marktkapitalisierung beträgt rund 65 Mrd. Dollar, der Anteil der frei handelbaren Aktien beläuft sich auf ungefähr 20 Prozent. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist auf rund fünf zu veranschlagen und die durchschnittliche Dividendenrendite auf 14 Prozent. Gelistet sind insgesamt 335 Unternehmen.

Wie lauten Ihre Favoriten auf Sektor- und Einzelwerteebene?

Wir glauben, dass Finanzwerte, Rohstoffwerte wie Metall-, Minen- und Petrofirmen derzeit am attraktivsten sind. So können die Banken ihren Kundenstamm ständig ausbauen und die Gewinne jährlich um rund 60 Prozent steigern. Die Rohstoff- und Petrofirmen profitieren von hohen Wettbewerbsvorteilen und bestehenden großen Absatzmärkten.

Wie kann sich ein Investor über die Entwicklungen im Iran informieren?

Die Informationen auf Englisch sind auf der Webseite der Tehran Stock Exchange nur begrenzt. Die englischsprachige Seite ist unter der Adresse http://www.iranbourse.com/EN zu finden. Daneben veröffentlicht Turquoise die einzigen kostenlosen Informationen über den lokalen Markt in englischer Sprache. Unser Newsletter, das Iran Investment Monthly, wird monatlich veröffentlicht und elektronisch verschickt. Interessenten können unter
www.turquoisepartners.com/iraninvestment alte Ausgaben einsehen und sich für künftige Ausgaben registrieren.

Wie lauten Ihre langfristigen Performance-Ziele?

Wir schauen auf den iranischen Markt mit einem Mindestanlagehorizont von zehn Jahren. Als einer der wenigen noch unentdeckten Märkte mit großem wirtschaftlichem Potenzial steht der Iran ganz vorne in der Liste der Staaten, die nach den BRIC-Staaten an die Reihe kommen. Alle wichtigen Faktoren, um Wachstum zu generieren, wie Größe, Demographie, Fähigkeiten, Ausbildung und Rohstoffe sind im Iran vorhanden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der Iran für die Weltwirtschaft öffnen wird. Das könnte dann zu erstaunlichen Wachstumsraten führen und dazu, dass das Land den Platz einnimmt, dass ihm angesichts seiner Größe, Geschichte und Ressourcen zusteht. Wir sind deshalb hinsichtlich der langfristigen Aussichten sehr optimistisch. Auch für uns als erste professionelle Asset-Management-Gesellschaft in dem Land sind die Aussichten sehr positiv.

Quelle: Ostbörsen-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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