Kommentar
09:51 Uhr, 24.07.2003

Investieren, wo das Wachstum zu Hause ist

Auch SARS hat die Wachstumsperspektiven für den asiatisch-pazifischen Raum nur wenig schmälern können. Zwar hat die Weltbank ihre Prognose für das laufende Jahr auf Grund der inzwischen abgeklungenen Lungenkrankheit um 0,3 Prozentpunkte zurück genommen, sie sieht aber immer noch ein BIP-Plus von 5,8 Prozent. Der "Wachstumslokomotive" China wird sogar eine Steigerung der Wirtschaftsleistung in Höhe von 7,2 Prozent vorher gesagt.

Heilsamer Schock

Längst vergessen ist auch die Asien-Krise des Jahres 1997. Im Rückblick haben sich der Zusammenbruch der überbewerteten Immobilienmärkte, die rapide Abwertung der Währungen, die Regierungswechsel und die Bankenkrise als heilsam und disziplinierend erwiesen. Durchgreifende Strukturreformen, die Rekapitalisierung des Bankensystems und ein neuer Managementstil in den Unternehmen führten z.B. in Ländern wie Südkorea, Taiwan, Singapur und Hong Kong zu einer fairen Bewertung der Währungen, solide finanzierten Staatshaushalten und exportorientierten Wachstumsstrategien. Und auf Unternehmensebene wird zumeist strikt auf Rentabilität und Profitabilität geachtet. Die Volkswirtschaften der Region stehen heute besser da als vorher.

Wachstumstrends: "Outsourcing" und Billigproduzent China

Der Trend "Outsourcing" überlagert alle Branchen. Ein Beispiel ist das taiwanesische Unternehmen Hon Hai Precision, ursprünglich Hersteller elektronischer Komponenten. Nach Verlagerung der Produktion nach Festland-China fertigt Hon Hai mit ca. 45.000 Mitarbeitern bei niedrigeren Kosten PCs und Laptops für Dell Computers, die Play Station 2 für Sony und Mobiltelefonteile für Nokia.

Auch Indien profitiert vom Outsourcing, vor allem in den Bereichen Software-Entwicklung und Pharma. Bei der Generika-Produktion - das sind Arzneimittel, bei denen die Lizenzen ausgelaufen sind - hat das Land mittlerweile einen Weltmarktanteil von etwa 10 Prozent. Da in den kommenden Jahren westliche Pharmapatente im Wert von 60 Mrd. US-Dollar ablaufen werden, könnten sich für indische Top-Unternehmen wie Dr. Reddy's und Ranbaxy interessante Wachstumschancen ergeben.

Der größte "Outsourcing-Profiteur" ist mit Abstand China. Mit rund 1,3 Mrd. Einwohnern und erwarteten mittelfristigen Wachstumsraten von jährlich 8 bis 10 Prozent ist das Reich der Mitte das "Wachstumswunderland" schlechthin. Zahlreiche Unternehmen dürften auch in den kommenden Jahren von Chinas Status als Billigproduzent profitieren. Die niedrigen Produktionskosten locken immer mehr ausländische Investoren an, auch in Form von Joint Ventures mit einheimischen Unternehmen. Im Jahr 2002 hat China mit 53 Mrd. US-Dollar mehr ausländische Direktinvestitionen angelockt als alle anderen Schwellenländer zusammen, das Land ist bereits heute nach den USA der größte Kapitalimporteur der Welt. Der Grund liegt auf der Hand: Die Arbeitskosten sind 13 mal niedriger als in Südkorea, 29 mal niedriger als in Singapur und betragen nur ein Vierzigstel der japanischen.

Ein Beispiel für die "China-Phantasie" ist das koreanische Stahlunternehmen Posco, weltweit eines der profitabelsten der Branche, das derzeit in China vor allem einfachen Stahl für die Bauwirtschaft und den Schiffbau herstellt. Auf Grund der immensen Nachfrage im chinesischen Automobilsektor bestehen auch in Zukunft sehr gute Absatzmöglichkeiten für Stahlprodukte.

Verbesserte Rahmenbedingungen

Auf Grund seines riesigen Binnenmarktes und der noch relativ geschlossenen Volkswirtschaft trotzt die chinesische Konjunktur wie kaum eine andere dem derzeitigen Nachfrageeinbruch in den etablierten Industrieländern Nordamerikas und Europas. Auch die politischen Rahmenbedingungen sollten sich schrittweise verbessern; seit 2000 ist ein Politikwechsel im Gange.

-Deregulierung, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz der Regierungspolitik werden gefördert; der Beitritt zur Welthandelsorganisation lässt Zollschranken fallen.

-Der überdimensionierte Sozialsektor wurde reformiert, die private Konsumnachfrage durch höhere Gehälter für die mehr als 300 Mio. Staatsbediensteten angekurbelt.

-Eine hohe Sparquote, hohe Währungsreserven und die Festanbindung an den US-Dollar erhöhen die Sicherheit auf der Wechselkursseite.

-Für Kapitalanleger besonders wichtig: die schrittweise Öffnung der Börsen in Shanghai und Shenzen für Ausländer, womit neben dem etablierten Hong Kong neue Akzente gesetzt werden sollen.

Risiken

Anlegern, die sich mittel- und langfristig in der Wachstumsregion Asien-Pazifik engagieren wollen, bieten sich zur Zeit gute Performance-Chancen. Mögliche Risiken sollten dabei allerdings nicht außer Acht gelassen werden. Das gilt insbesondere für den chinesischen Aktienmarkt. Zum Beispiel

-könnten umfangreiche faule Kredite bei staatlichen Banken eine Kreditklemme auslösen

-kann das Wohlstandsgefälle soziale Spannungen verursachen

-besteht im Vergleich mit westlichen Unternehmen und Börsen eine geringe Transparenz

-ist die chinesische (Export-)Industrie in hohem Maße von den USA abhängig

-besteht ein Währungsrisiko

Quelle: DWS

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