Kommentar
14:48 Uhr, 29.10.2012

Interview mit WH SelfInvest zur Insolvenz von MF Global

BrokerDeal.de im Gespräch mit Dominic Schorle, Risk Manager bei WH Selfinvest. Gegründet 1998 in Luxemburg und seit drei Jahren auch mit einer Niederlassung in Frankfurt vertreten, hat dieser Broker neben seinen professionellen Produkten speziell den Ruf eines sehr kundenfreundlichen Service. Dieser hat sich gerade erst wieder beweisen können im Zuge der Insolvenz einer der Depotbanken Ende 2011, MF Global. Nach zähem Kampf konnte WH SelfInvest eine hohe Auszahlungsquote feiern, und was auf 100% der Einlage fehlt gibt der Broker aus eigener Tasche noch oben drauf!

Herr Schorle, erklären Sie den Lesern doch einmal kurz den Hergang der Insolvenz einer der Depotbanken, was ist geschehen und wer war davon eigentlich betroffen?

MF Global war über Jahre bzw. Jahrzehnte die Referenz für den Handel mit börsengelisteten Derivaten wie Futures und Optionen. WH Selfinvest arbeitete seit ungefähr 8 Jahren mit MF Global UK, der britischen Tochter, im Bereich Futures-Trading zusammen. In den USA sollte MF Global unter dem CEO Jon Corzine zur Investment Bank, einer Art „Mini Goldman“ umgebaut werden. Im Laufe dieses Prozesses wurden enorme Positionen in europäischen Staatsanleihen eingegangen. Als sich die Euro-Krise verschärfte, mussten die Positionen neu bewertet werden. Dabei stellte sich heraus, dass MF Global die erforderlichen Sicherheitsleistungen nicht erbringen konnte und den US Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragen musste. Hiervon waren beinahe sämtliche Futureskonten bei WHS betroffen.

Das ist natürlich der Supergau für einen Broker, da kritisches Feedback natürlich auch auf sie zurückfiel nehme ich an. Was waren die ersten Schritte welche WHS daraufhin eingeleitet hat?

Am Tag der Insolvenz gab es zu Beginn eine große Ungewissheit, was überhaupt geschehen war. Als erstes erreichte uns eine Nachricht, dass keine neuen Positionen geöffnet werden sollten, dann, dass Kunden am besten bestehende Positionen schließen sollten, schließlich dann der Bericht über den Antrag auf Chapter 11.

Der erste Reflex war, einen möglichst großen Teil der Gelder und Konten zu unserem zweiten Partner Macquarie zu transferieren. Jedoch wurden diese Transfers von KPMG, dem Insolvenzverwalter von MFG UK, mit Verweis auf das britische Insolvenzrecht gestoppt. Wir haben dann ab dem ersten Tag unsere Kunden über einen Newsletter über den aktuellen Stand informiert. Bis zum Ende des Kapitels MF Global gab es dann über 50 Newsletter in 4 Sprachen. WH Selfinvest hat im Namen aller Kunden die Ansprüche bei KPMG geltend gemacht und parallel nach Möglichkeiten gesucht, die Gelder unserer Kunden so schnell als möglich zurückzuholen.

Die Auszahlungsquote war letzten Endes ja erfreulich hoch, warum hat WHS dann sogar noch aus eigener Tasche auf 100% der Einlagen aufbezahlt?

Die Insolvenz von MF Global war eine der zehn größten Insolvenzen der jüngeren US Geschichte. Von daher war früh klar, dass die Abwicklung einige Zeit beanspruchen wird. Hinzu kommen nun noch Änderungen im britischen Gesetz was die Behandlung von Kundengeldern angeht. Auch wenn dies für die Zukunft die Sicherheit der Kundengelder erhöht, warf es für MFG viele Fragen auf, zum einen was den Auszahlungszeitraum, zum anderen was die Auszahlungshöhe angeht. Aktuelle Szenarien rechnen mit einer Rückzahlung zwischen 72 und 100% über einen Zeitraum von 1-4 Jahren.

Da dies für einen Trader eine kleine Ewigkeit ist, suchten wir nach einer anderen Lösung. Wir wurden von mehr als einem Dutzend spezialisierter Firmen kontaktiert und konnten so einen sehr hohen Preis für die Forderungen erhalten. Aufgrund der Tatsache, dass die Forderungen zu Beginn der Insolvenz in USD konvertiert wurden, kam noch ein zusätzlicher Währungsgewinn zustande. Damit waren wir recht nahe an 100%. Über 95% unserer Kunden haben sich dazu entschieden, mit uns zu unserem neuen Partner zu wechseln. Dies ist ein überwältigendes Ergebnis, das uns sehr gefreut hat. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, die Lücke von ca. 2.5% zu 100% zu schließen.

Hand aufs Herz: was denken Sie wie viele Ihrer Konkurrenten hier ähnlich kundenorientiert vorgegangen wären? Oder welche überhaupt Rechtsbeistand geleistet hätten?

Dies ist schwierig zu sagen. Für unsere Kunden war es die Eigentümerstruktur des Unternehmens mit Sicherheit hilfreich. Denn für die beiden Inhaber Herrn Warmoes und Herrn Hirtz (daher WH) war es eine Frage der Ehre, das bestmögliche Ergebnis für unsere Kunden herauszuholen. Hinzu kam, dass wir über die entsprechenden Lizenzen verfügten, dies überhaupt tun zu können. Broker, die von mehreren Eigentümern oder vom Finanzmarkt abhängig sind, hätten eventuell anders reagiert. Bei anderen Anbietern, insbesondere, wenn es sich nur um Vermittler handelt, hätten Kunden mit Sicherheit noch größere Probleme und Schwierigkeiten gehabt.

Vielen Dank für das informative Gespräch Herr Schorle, WHS hat sich wieder einmal selbst übertroffen. BrokerDeal ist froh diesen Broker als Premiumpartner unseren Mitgliedern ans Herz legen zu können mit satten Vorteilen.

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Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

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