Interview mit Miller - Abgeltungssteuer NEIN DANKE
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Warum wird überhaupt eine Abgeltungssteuer eingeführt? Mit der Abgeltungsteuer soll die Besteuerung von privaten Kapitalerträgen neu geordnet und vor allem vereinfacht werden. Bisher werden Kapitalerträge und Kursgewinne ganz unterschiedlich besteuert. Mit der Abgeltungsteuer soll damit Schluss sein: Zinsen, Dividenden und private Kursgewinne werden ab 2009 steuerlich gleichbehandelt. Der Staat hat dabei drei grundlegende Ziele. Zum einen die Entbürokratisierung und Vereinfachung des komplizierten deutschen Steuerrechtes. Die Angleichung aller privaten Kapitalerträge und vor allem die Eindämmung der Steuerflucht ins Ausland, indem die Anreize zur Flucht durch einen verringerten Steuersatz vermindert werden. Die Idee der Einführung einer Abgeltungssteuer ist grundsätzlich sehr gut und ich befürworte dies. Die deutsche Umsetzung in der geplanten Form ist jedoch schlecht und die Zielerreichung somit stark fraglich.
Warum heißt die neue Steuer eigentlich Abgeltungsteuer?
Im Unterschied zum derzeitigen Recht hat die neue Steuer eine „abgeltende“ Wirkung, das heißt, der Anleger hat nach dem Abzug der Abgeltungsteuer seine Steuerpflicht geleistet. Dagegen sind die bisherigen Steuerabzüge, wie der heutige Zinsabschlag von 30 %, nur eine Vorauszahlung. Der Anleger muss die Kapitalerträge im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung letztlich mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern, so dass sie – oberhalb des Sparer-Freibetrages – mit bis zu 45 % belastet werden können.
Warum sehen Sie die deutsche Abgeltungssteuer so negativ?
Weil wir im internationalen Vergleich, vor allem mit unseren direkten Nachbarländern große Nachteile haben. Österreich gilt als Vorbild dafür, dass eine Abgeltungssteuer sinnvoll sein kann. Doch die Alpenrepublik kennt – wie Deutschland bisher – eine einjährige Spekulationsfrist bei Veräußerungsgewinnen. In Luxemburg beträgt diese Frist ein halbes Jahr. In der Schweiz, in Belgien und den Niederlanden sind Veräußerungsgewinne grundsätzlich steuerfrei. In Italien gibt es eine Veräußerungsgewinnbesteuerung, aber zu einem moderaten Satz von 12,5 Prozent. Frankreich wiederum setzt auf hohe Freibeträge und eine – sehr lange – Spekulationsfrist: Bis zu 20 000 Euro pro Jahr dürfen steuerfrei eingestrichen werden, nach einer Haltefrist von mehr als acht Jahren bleibt der Fiskus ebenfalls außen vor. Großbritannien stellt Veräußerungsgewinne bis 8800 Pfund steuerfrei; außerdem reduziert sich bei längerer Haltedauer die steuerliche Bemessungsgrundlage langfristig auf 60 Prozent. Deutschland wird hingegen mit dieser undifferenzierten Besteuerung auch langfristiger Veräußerungsgewinne zu einem Hochsteuerland für Aktienanleger.
Wer sind die Verlierer der Abgeltungssteuer?
Grundsätzlich der Finanzplatz sowie das Investitions- und Wohnsitzland Deutschland. Aktionäre sind dabei die klaren Verlierer der Abgeltungssteuer. Während die Unternehmen steuerlich deutlich entlastet werden (die Gesamtsteuerbelastung der Kapitalgesellschaften wird von bisher 38,65 Prozent auf 29,83 Prozent gesenkt werden), kommen auf fast alle Aktionäre Mehrbelastungen zu. Dividendenbezieher müssen in Zukunft 100 Prozent statt wie bisher nur 50 Prozent ihrer Dividendeneinnahmen versteuern. Damit steigt ihre steuerliche Belastung von derzeit maximal 22,5 Prozent auf den dann einheitlichen Satz der Abgeltungssteuer von 25 Prozent bzw. circa 28% effektiv! Zusätzlich gibt es für Aktionäre eine eingeschränkte Verlustverrechnung! Besonders hart wird die neue Regelung zudem langfristig orientierte Anleger treffen, die auf substanzstarke Untenehmen setzen, die hohe Dividenden zahlen. Besonders betroffen sind auch Anleger mit mittleren Einkommensteuersätzen. Am größten sind die negativen Auswirkungen für Personen, die sich im Vermögensaufbau befinden, da die Renditen für Sparpläne aufgrund der Abgeltungssteuern deutlich sinken!
Gibt es auch Gewinner?
Ja. In erster Linie Anleger mit hohen Steuersätzen und Anleihenbesitzer! Finanzinnovationen und Lebensversicherungsmodelle, ETF‘s, Dachfonds, Derivatefonds, Riester und Rürup Verträge, Immobilien oder Physische Werte wie Gold und Kunst gehören ebenfalls dazu. Auch der Bereich der Devisengeschäfte wird ab 2009 von der Abgeltungssteuer erfasst. Anleger erzielen dann nicht mehr Spekulationsgewinne nach dem bisherigen § 23 EStG, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 2 Nr. 3a EStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008. Durch die Rechtsänderung profitieren künftig auch die Käufer von Fremdwährungsanleihen. Bislang beteiligt sich der Fiskus nicht an Kursverlusten, die durch ungünstige Wechselkursveränderungen neben den Zinserträgen erwirtschaftet werden. Ab 2009 wird ein entstehendes Devisenminus immer anerkannt und kann mit Zinserträgen verrechnet werden. Des weiteren werden Ausländische Banken und Finanzdienstleister profitieren, sowie Auswanderer (Wohnsitzverlagerer) und Firmengründer im Ausland.
Welche Lösungen haben Sie für Anleger?
In meinem aktuellen Buch „Abgeltungssteuer –NEIN DANKE!“ Stelle ich 3 grundlegende Strategien ausführlich vor. Die Optimierung oder Vermeidung durch Konservierung und Nutzung der Altbestandsregelung bis zum 31.12.2008. Die Optimierung durch Versicherung – (Lebensversicherungsmäntel), welche auch nach dem 31.12.2008 möglich ist und die Optimierung durch Verlagerung. Hier beispielsweise Gesellschaftsgründungen oder Wohnsitzverlagerungen. Es gibt dabei jedoch keine ultimative Strategie für die Abgeltungssteuer. Wie bei der privaten Altersvorsorge (gesetzliche, betriebliche, private) sollten Anleger Ihr Vermögen auch bei der Abgeltungssteuer auf mehrere Säulen und Strategien verteilen und aussteuern.
Es gibt also zukünftig auch Kapitalanlagen die von der Abgeltungssteuer nicht betroffen sind?
Ja. Beispielsweise Riester-Verträge und Rürup-Rentenverträge (Nachgelagerte Besteuerung, Einzahlungen steuerfrei), Private Rentenversicherungen, Kapitalbildende Lebensversicherungen (bei Mindestlaufzeit 12 Jahre und Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr), die Altersvorsorge über die Firma, Geschlossene Immobilien-, Windkraft-, Solar-, Medien-, Leasing-, Schiffs- und Lebensversicherungs-Fonds, vermietete Immobilien und Eigenheime oder Physische Investments, beispielsweise Direktinvestitionen in Gold, Edelmetalle oder Kunst.
Wie sieht Ihr Fazit im Zusammenhang mit der Abgeltungssteuer aus?
Abgeltungssteuern können ein einfaches und effizientes Verfahren sein, um Erträge des privaten Vermögensbereichs maßvoll zu besteuern. Das zeigen auch andere Länder. Die Deutsche Umsetzungsvariante hat leider wesentliche Schwächen. Der Steuersatz ist zu hoch (vor allem unter Berücksichtigung von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern), Eigenkapital wird gegenüber Fremdkapital diskriminiert, langfristige Anlagen werden einschließlich Inflation besteuert, nicht gefördert und der private Vermögensaufbau wird generell geschwächt. Vermögensinhaber mit der Bereitschaft, international Risikokapital bereitzustellen (Aktionäre), zählen ebenso zu den Verlierern der Deutschen Abgeltungssteuer. Es bieten sich jedoch Möglichkeiten (3 Grundlegende Strategien) von der Nutzung privilegierter Modelle wie Lebensversicherungsmäntel bis hin zu Wohnsitzverlagerungen! Auch Dachfonds, ETF´s und der Kauf von Aktien zur Nutzung der Altbestandsregelung vor dem 01.01.2009 sind intelligente Möglichkeiten.
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