Kommentar
10:00 Uhr, 22.08.2008

Interview mit Bruce Kovner - erfolgreich einen Hedgefunds führen

„Die vollgestopfte Natur der Hedge Fund Community hat den Charakter des Tradings verändert, so dass man nun Wellen von Eingehen von Risiko und Risikovermeidung erkennen kann“.

Der damals junge Bruce Kovner hat sich eigentlich gar nicht auf den Weg Richtung Wall Street begeben, sondern hat sich zunächst für einen nomadischen Lebensstil entschieden. Zunächst war er Student der Politikwissenschaften, danach Consultant zum Kongress und der National Science Foundation. Er unterrichtete an der Harvard University für ein Stipendium, fuhr ein Taxi in New York City, besuchten Abendstunden an der Julliard School und 1977 – auf gut Glück – entdeckte er die Vorzüge des Commodity Trading (er nutzte dabei einen 3000 $ Kreditkartenvorschuss um seinen ersten Trade durchzuführen, ein Sojabohnen-Futures-Kontrakt). Sechs Jahre später rief Covner „Caxton Corp.“ ins Leben, und zwar mit 13 Millionen Dollar. In diesem Betrag war auch ein Anteil der Familie Rothschild enthalten. Auf seinem Weg machte er Commodity Trading auch für Hedge Fund Manager zu einer respektablen Strategie. Heute verwaltet er 12 Milliarden Dollar in der in New York ansässigen „Caxton Associates“, welche für ihre globale Makro Strategie und ihren jährlichen Return von 25 % bekannt ist. Kovner, 63, spendet große Summen für die „Charter School“ Bewegung in New York City und ist Chariman des Conservative American Enterprise Institute. Außerdem versucht er sich noch mit Publikationen in der New York Sun.

Wie bist du schlussendlich Trader geworden?

Ich habe mich umgesehen, und diese Arbeit machte einen sehr interessanten Eindruck auf mich, weil die Struktur der Welt der Finanzmärkte sich gerade im Umbruch befand. Das bedeutete, dass sich Gelegenheiten ergeben würden. Also begann ich auf eigene Rechnung zu traden.

Welche Veränderungen konntest du beobachten?

Zunächst den Kollaps des Bretton Woods Abkommens, welches Währungen erlaubt hat sich zu bewegen. Als zweites wäre die Beendigung des Verbots der Goldverkäufe zu nennen. Der aller wichtigste Faktor war vermutlich jedoch die Entwicklung der Futuresmärkte für Währungen und Zinsen. Ich kann mich noch erinnern, dass einer meiner erste Trades die Kalkulation impliziter Yields von Ginnie Mae spread inkludiert hat. Ich war lediglich ein arbeitsloser Ex-Professor, der sehr rudimentärer Arbeit nachging. Einige von uns hatten jedoch das Gefühl, dass es sich hierbei um sehr wichtige neue Märkte handelt.

Haben viele Hedge Funds das getan?

Nicht viele. Der Terminus „Hedge Fund“ wurde bis in die spätern 80er oder frühen 90er gar nicht verwendet. Ich war für sehr lange Zeit ein Commodites Trader, auch wenn das nicht unbedingt genau das war, was ich hauptsächlich tat. Ich war als CTA, Commodities Trading Advisor, registriert, und ich kann mich noch an die völlig leeren Blicke jener Personen erinnern, denen ich versucht habe zu erklären, was ich tue. Ich erklärte für etwa fünf Minuten und man konnte die Menschen dabei beobachten, wie sie mit ihren Gedanken immer weiter abdrifteten. Am Ende sagten sie dann, „du bist so etwas wie in Stock Broker, stimmts?“ Und meine Antwort lautete, „Ja, na klar, so etwas wie ein Stock Broker“.

Hast du jemals an den Futures Pits gearbeitet?

Für eine kurze Zeit, bin ich runter zum Floor von Comex gegangen. Ich hatte einen Sitz an allen Börsen – ich hatte einen wundervollen kleinen Gold-Badge, der es mir ermöglichte an allen New Yorker Commodity Exchanges zu traden. Ich wollte unbedingt verstehen, was am Floor vor sich ging. Ich dachte es wäre ein essentieller Faktor um das Verhalten der Märkte zu verstehen – das tägliche Verhalten, die Art und Weise wie Risiko funktioniert und wie Stopps platziert werden. Ich absolut ungeeignet dafür. Ich war nicht aggressiv genug um mich am Pit nach vorne zu stoßen. Es ist ein bisschen wie wenn man beim Basketball „under the hoop“ ist. Es ist einem nicht möglich dort sehr lange zu bleiben. Die Menschen stoßen dich raus. Es ist eine sehr physische Angelegenheit.

Hast du schlussendlich jenes Verständnis erlangt nach dem du gesucht hast?

Man bekommt immer nur partielles Verständnis. Doch habe ich welches erlangt? Mit Sicherheit. Und es hat sogar Spaß gemacht. Ich denke ein Teil davon war nur das Vergnügen eine neue Welt kennen zu lernen. Mein Skill Set hatte jedoch mehr mit Analytik zu tun – wir nennen das Upstairs Trading.

Welche Markt-Lektionen hast du im Laufe der Jahre gelernt?

Manche Märkte zeigen sehr lange, ruhige Perioden. Manche Märkte und manche Instrumente werden obsolet. Manche Märkte werden ausarbitriert. Der Überschuss-Return in ihnen geht verloren. Eine der allerwichtigsten Fähigkeiten liegt darin, sich permanent zu überlegen wo man die Ressourcen einsetzt. Die Commodities Märkte waren über Jahre hinweg sehr ruhig. Jetzt sind sie aber stark.

Bedeutet dies, dass man permanent dazu gezwungen ist ein Macro-Judgement abzugeben?

Die Herangehensweise mit der ich angefangen und bei Caxtons Fund verkörpert habe, lag darin, dass Geschäftszyklen sehr wichtig waren und dass diese auf der ganzen Welt auftraten. Es war nützlich sie zu beobachten und von den Möglichkeiten vier verschiedener Asset Klassen zu profitieren.

Welche vier Asset Klassen?

Equities, Fixed Income, Commodities und Currencies. Der “raison d’être” der Firma liegt in der Beobachtung der Natur des Makro Zyklus über multiple wirtschaftliche und politische Zonen und darin von den Eigenschaften jedes Geschäftszyklus zu profitieren, damit wir multiple Geschäftszyklen zum traden zur Verfügung haben. Wir traden Asien anders als Europa oder die Vereinigten Staaten. Und wir könnten Long oder Short über multiple Asset Klassen und Regionen sein. Bis in die späten 90er war das nicht sehr verbreitet.

Machen es die unglaublichen Geldsummen in der Hedge Fund Industrie schwieriger als jemals zuvor, um von Ineffizienzen zu profitieren?

Ja. Die vollgestopfte Natur der Hedge Fund Community hat den Charakter des Tradings verändert, so dass man nun Wellen von Eingehen von Risiko und Risikovermeidung erkennen kann, die von den Hedge Funds selbst ausgeht. Als es noch zehn bis 15 aktive Hedge Funds gab, war es egal was sie taten. Wenn es aber 10.000 Hedge Funds gibt, dann ist es nicht egal. Sie bewegen die Märkte. Zusätzlich werden Markt-Möglichkeiten schnell ausarbitriert. Für 15 Jahren haben wir Gelegenheiten fürs Trading genutzt, die wir jetzt gar nicht mehr traden.

Was denn etwa?

Ich versuche nicht die Arbeitsmarkt-Statistken zu prognostizieren, die am ersten Freitag jeden Monats veröffentlicht werden, weil ohnehin jeder die Zahlen beobachtet, die veröffentlicht werden. Man muss sich heute um unentdeckte Informationen umsehen, die woanders liegen.

Außerhalb der USA?

Wir haben unseren Blick immer auch außerhalb der USA, im letzten Jahrzehnt sind die Nicht-U.S. Märkte so viel liquider geworden. Es gibt viel größere Möglichkeiten in den Emerging Markets. Wir finden jedoch auch eine Menge von Möglichkeiten in den USA und entwickelten Ländern. Die U.S. Märkte sind immer noch viel liquider als fast jeder andere Markt. Das eröffnet Möglichkeiten.

Welche Rolle haben Hedge Funds bei der rapiden Aufwärtsbewegung des Ölpreises gespielt?

Der Anteil von Hedge Funds am Anstieg des Ölpreises war um einiges geringer als ich gedacht hätte. Der Preis von Öl ist viel mehr aus Gründen explodiert, die mit der fundamentalen Nachfrage von China, Indien und anderen Ländern zu tun haben. Und auch der schwache Dollar hat seinen Beitrag geleistet.

Werden Hedge Funds viel zu sehr geprügelt?

Ich denke schon. Hedge Funds sind ein Teil der Dämonisierung der Finanzmärkte. Ich denke es ist eine Tradition in der amerikanischen Politik, der Banken-Community die Schuld in die Schuhe zu schieben. Diese Tendenz geht zurück bis zur berühmten Rede von William Jennings Bryan, die mit den Worten „man sollte die Menschheit nicht auf einem Kreuz aus Gold kreuzigen“ endete. Das war im wesentlichen eine Anti-Inflations Politik, von der gedacht wurde, dass sie Bankern einen Zinsvorteil gegenüber dem Durchschnittsmann verschaffen würde – die Politik des Goldstandards. Und jetzt, in der Zeit extremer Anspannung der Finanzmärkte, ist es keine Überraschung, dass den Marktteilnehmern der Finanzmärkte die Schuld in die Schuhe geschoben wird. Hedge Fund Managern wird immer wieder vorgeworfen, dass ihre Profite zu groß seien. Es ist sehr einfach Probleme der öffentlichen Politik wie einen Kollaps in den Kreditmärkten mit Beschwerden über Hedge Fund Manager durcheinander zu bringen, obwohl diese völlig korrekte Marktwetten abgeschlossen haben. In Wahrheit haben die Hedge Fund Manager jedoch nicht dieses Problem ausgelöst.

Politiker achten sehr genau auf die Steuern, die Hedge Fund Manager zahlen – oder nicht zahlen.

Ich denke, dass es sich dabei um eine absolut legitime Frage der öffentlichen Politik handelt. Was ist die richtige Steuerpolitik? Es ist eine gute Sache, dass eine öffentliche Diskussion darüber geführt wird. Keine Politik der Welt wird jedermann glücklich machen. Ich kann auch nicht gerade behaupten, dass ich gerne große Schecks an das IRS ausstelle, ich bin jedoch sehr glücklich darüber, dass gutes Trading es mir ermöglicht hat in eine Position zu kommen dies zu tun. Vermutlich wäre eine extrem einfache Steuerrate für jedwedes Einkommen die beste Lösung. Unser Steuergesetz ist jedoch zehntausende Seiten lang und führt zu sehr vielen Problemen.

Vielen Dank für das Gespräch!Interview wurde im Tradersjournal veröffentlicht : http://www.tradersjournal.de

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