Kommentar
00:12 Uhr, 25.04.2024

Interview: „In den USA könnte es ein ‚No Landing‘ geben.“

Die Rallye bei KI-Aktien war in den vergangenen Wochen und Monaten das ­bestimmende Thema an den Aktienmärkten. Aber auch beim DAX® gab es spannende Entwicklungen.

Christian Stocker, Lead Equity Strategist der UniCredit Bank GmbH, gibt im Gespräch mit Richard Pfadenhauer, Chefredakteur des ­onemarkets Magazins, Einblicke in aktuelle Markttrends. Neben einer Analyse der globalen Konjunktur und einzelner Marktsegmente verrät Stocker seine Prognose für das Jahr 2024 – wertvolle Perspektiven für Anlegerinnen und Anleger.

onemarkets: Haben Sie KI-Aktien im Depot oder haben Sie zu früh verkauft?

Christian Stocker: Nein, ich hatte nie ausgewählte KI-Spezialisten wie Nvidia im Depot. Ich decke den US-Technologiesektor mit einem Nasdaq-100-ETF ab. Die jüngste Performance einiger KI-Aktien war zugegebenermaßen teilweise atemberaubend. Ähnlich wie zu Beginn des Internets in den späten 90er-/Anfang der 2000er-Jahre stehen wir nun am Beginn der KI-Ära, die uns sicherlich einige Jahre begleiten wird.

onemarkets: Seit dem Tief 2022 hat der DAX® rund 50 Prozent zugelegt. Müssen Anlegende nun Angst bekommen?

Stocker: Ob der Geschwindigkeit, mit der der Markt zugelegt hat, möglicherweise ja. Allerdings sind die Aktien in Deutschland und weiten Teilen Europas im Durchschnitt der zurückliegenden 20 Jahre bewertet. Es ist also noch keine Übertreibung zu beobachten. Die Gewinnentwicklung ist ebenfalls durchaus robust. Vor diesem Hintergrund bin ich nicht überrascht, dass wir ein DAX®-Niveau von 18.000 Punkten erreicht haben. Der rasante Anstieg der vergangenen Monate begrenzt nun jedoch das Potenzial für den Rest des Jahres. Von daher befürchte ich, dass wir eine gewisse Beruhigung benötigen. Auch eine Konsolidierung bis in den Bereich der Jahrestiefs erscheint trotz alledem realistisch und würde das mittelfristig weiterhin bullische Bild nicht trüben.

onemarkets: Die Berichtssaison 2023 ist vorbei. Was waren für Sie die positiven und negativen Überraschungen?

Stocker: Der Bereich Consumer Discretionary, also Nicht-Basiskonsumgüter wie Automobile, langlebige Haushaltswaren und Bekleidung, zählt sicherlich zu den Sektoren, die mich enttäuscht haben. Hier habe ich deutlich mehr erwartet. Positiv hat sicherlich der Technologiesektor überrascht. Dabei haben nicht nur die sogenannten Magnificent Seven mit Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms, Netflix, Nvidia und Tesla mehrheitlich starke Ergebnisse geliefert. Auch in der zweiten und dritten Reihe gab es eine Vielzahl positiver Meldungen.

onemarkets: Wie sieht Ihr Ausblick auf 2024 aus?

Stocker: Wir sehen ein sehr gemischtes Bild. Der Konjunkturmotor in Europa stottert. Wir rechnen für die Eurozone 2024 mit einem BIP-Wachstum von 0,5 Prozent. Für Deutschland könnte der Wert sogar noch darunter liegen. Daher erwarten wir auch nur ein Gewinnwachstum in Europa von fünf bis sechs Prozent. Mit Blick auf 2025 ist jedoch mit einem Anstieg des Gewinnwachstums zu rechnen. Dies sollte die Aktienmärkte stützen. Solange die Unternehmen robuste Gewinnmargen wie zuletzt generieren, ist nicht mit einem drastischen Kurseinbruch zu rechnen. In den USA zeigt sich ein deutlich besseres Konjunkturbild. Inzwischen gibt es Indizien dafür, dass es in den USA ein „No Landing“ geben könnte und das BIP somit 2024 deutlich stärker wächst als noch vor einigen Wochen angenommen. Dies ist aktuell der Katalysator an den US-Aktienmärkten. Es stört die Investor:innen inzwischen nicht mehr, dass es dieses Jahr möglicherweise nur zwei bis drei statt der Anfang des Jahres noch erhofften sechs Zinsschritte gibt. Daran dürfte sich wohl auch nichts ändern, solange sich die Konjunktur robust entwickelt und die Gewinne der Unternehmen entsprechend steigen. Für die USA rechnen wir mit einem Gewinnwachstum von rund zehn Prozent in diesem Jahr und möglicherweise 15 Prozent im kommenden Jahr.

onemarkets: Die Musik spielt in erster Linie bei den Standardwerten. Die Nebenwerte hinken den Bluechips seit geraumer Zeit hinterher. Was bremst sie aus?

Stocker: Es gibt aktuell zwei Punkte, welche Nebenwerte belasten. Zum einen hat sich das Konjunkturwachstum in Europa deutlich abgeschwächt. Dies bekommen mittelgroße Unternehmen besonders zu spüren, da sie oftmals nicht ganz so global ausgerichtet sind wie große Konzerne. Des Weiteren belasten Zinserhöhungen kleinere und mittelgroße Unternehmen meist stärker. Der Blick beispielsweise auf den Maschinenbau zeigt allerdings, dass es sehr wohl Bereiche gibt, die sich in den vergangenen Monaten relativ gut entwickelt haben. Dabei profitiert der Maschinenbau von der großen Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Katalysatoren sind dabei Investitionen in die Ausweitung von Produktionskapazitäten, in die Automatisierung von Produktionsprozessen und neue Technologien wie beispielsweise Industrie 4.0, Internet of Things und KI. Eine umfassende Erholung der Nebenwerte ist jedoch erst dann zu erwarten, wenn die Konjunktur in Europa wieder Fahrt aufnimmt.

onemarkets: Die Konjunktur spielt bei der Ausrichtung des UC European Sector Rotation Strategy Index eine maßgebliche Rolle. Können Sie uns die Strategie kurz beschreiben und uns sagen, wie der Index aktuell allokiert ist?

Stocker: Die Zusammensetzung des UC European Sector Rotation Strategy Index basiert auf der Konjunktur- und Aktienmarktentwicklung. Der ifo-Index ist ein hilfreicher Stimmungsindikator. Deuten die ifo-Geschäftserwartungen auf einen Konjunkturaufschwung hin, dann sind zyklische Branchen die erste Wahl. Signalisieren sie einen Abschwung, sind defensive Sektoren gefragt. Damit bestimmen die ifo-Geschäftserwartungen 50 Prozent der Zusammensetzung des UC European Sector Rotation Strategy Index. Für die anderen 50 Prozent wird aus den drei Bereichen „Zyklischer Branchenkorb“, „Defensiver Branchenkorb“ und „Gesamtmarkt“ der Korb mit der besten Performance in den zurückliegenden drei Monaten ausgewählt. Aktuell ist der Index zyklisch ausgerichtet. Der Index wird seit acht Jahren berechnet und die Kursentwicklung kann sich durchaus sehen lassen.

onemarkets: Im vergangenen Herbst ging der UC US Sector Rotation Strategy Index an den Start. Wie fällt Ihre erste kurze Zwischenbilanz aus?

Stocker: Analog zu den führenden US-Indizes präsentierte sich auch der UC US Sector Rotations Strategy Index im abgelaufenen Quartal robust. Dieser setzt sich aus mehreren ETFs auf US-Sektoren zusammen. Die Auswahl der Sektoren erfolgt in Abhängigkeit von der Realrendite und dem Markttrend. Die Realrendite wird als Differenz aus der Rendite von US-Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren und den US-Inflationserwartungen berechnet. Es gibt acht Sektor-ETFs, die in der Vergangenheit eine hohe Realrenditensensitivität zeigten. Die vier Sektor-ETFs, die in Phasen steigender Realrenditen die höchste kumulierte Wertentwicklung aufwiesen, wurden in dem sogenannten Aufwärtstrend-Korb zusammengefasst. Die vier Sektor-ETFs, die in Phasen fallender Realrenditen die beste kumulierte Wertentwicklung aufwiesen, wurden dem Abwärtstrend-Korb zugeordnet. Aktuell bildet der Index zu 100 Prozent den Aufwärtstrend-Korb ab, der aus S&P-Branchen-ETFs auf die Bereiche Informationstechnologie, Gesundheit, Kommunikation und Versorger besteht.

onemarkets: Herr Stocker, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

Detaillierte Infos zum HVB Open End Index Zertifikat, bezogen auf den UC European Sector Rotation Strategy Index, finden Sie unter: onemarkets.de/sector-rotation

Bildnachweis:

  • iStockphoto.com: DieterMeyrl

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