Intershop Analyse
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Klicken Sie hier, um zu der Website von Intershop zu gelangen
(©BörseGo - http://www.boerse-go.de)
Unternehmensbeschreibung
Der einstige Liebling Intershop ist Anbieter von E-Commerce Systemen im Sellside Markt - das ist der Markt der Verkäuferseite, der den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen über das Internet betreibt. In einer aktuellen Studie des US-Marktforschungsunternehmens Forrester wurde Intershops neueste Produktinnovation, Intershop Enfinity, im Vergleich mit den führenden eCommerce-Softwareanbietern als technologisch weltweit beste Lösung bewertet. Es wurden bereits über 600.000 Lizenzen für eCommerce-Websites verkauft. Die Firma wurde 1992 gegründet und hatte im Jahr 2000 über 500 Mitarbeiter weltweit, die jetzt aber in den USA wieder abgebaut werden. Ein notwendiger Schritt, um die aus dem Ruder gelaufenen Kosten wieder einzudämmen.
Produkte
Die Produktphilosophie Intershops -"sell anywhere"- basiert auf zwei Kernmodellen:
Zum einen kann ein Kunde auf Basis von Intershop-Software selbst Produkte und Dienstleistungen verkaufen (Sell). Zum anderen kann ein Intershop-Kunde seinerseits in die Lage versetzt werden als ASP (Application-Service-Provider) oder CSP (Commerce-SP) selbst Kunden mit e-CommerceAnwendungen zu versorgen, beispielsweise als Betreiber eines Marktplatzes im Internet (Enable).
Unter dem Sell-Ansatz faßt INTERSHOP wiederum zwei Produktgruppen zusammen: Den Sell-Direct-Ansatz d.h. ein Intershop-Kunde verkauft Produkte direkt selbst und den Sell-Indirect-Ansatz d. h. ein Intershop-Kunde betreibt Vertrieb, bei dem der direkte Verkauf auf Partner-Websites (affiliate selling) oder Online-Marktplätzen stattfindet.
Der Enable-Ansatz ist auch in zwei Produktgruppen unterteilt:
Enable Merchants und Enable Marketplaces. Das Enable-Merchants-Modell ermöglicht CSP´s und ASP´s kleine und mittlere Unternehmen ihrerseits mit e-commerce- Anwendungen zu versorgen. Eine komplexere spezielle Form davon ist der Enable-Marktplaces-Ansatz. Dieser ermöglicht einem Intershop-Kunden seinerseits Online-Marktplätze zu betreiben, auf denen eine Vielzahl von ihren Kunden Waren anbieten.
Für die Realisierung der Konzepte bietet Intershop Lösungsmöglichkeiten auf Basis der Produkte Intershop 4 und Intershop Enfinity. Intershop 4 ermöglicht Lösungen für Sell-Indirect und Enable Konzepte. Intershop 4 basiert auf drei Produkten (ePages, Hosting und Merchant) die je nach Anforderungen an die vom ASP bereitgestellte Lösung höhere Individualisierungs- und Performancefeatures bieten. Dabei ist ePages die Einstiegslösung, Merchant das High-End-Produkt.
Intershop Enfinity ist eine komplette Sell-Side-Applikation für sämtliche Produktansätze. Diese lässt sich problemlos in bestehende ERP (Enterprise-Resource-Planning) und CRM (Customer-Relationship-Management) Systeme eingliedern. Außerdem ist es die erste voll auf den Internetstandards XML and Java basierende Lösung.
Für das Jahr 2000 wurde ein Umsatzanteil der Enfinity-Software von 40 Prozent erwartet, was leider nicht erfüllte wurde.
Das Unternehmen liefert also die Programme, die den Handel im Web erst möglich machen und befindet sich somit eigentlich in einer sicheren Stellung da der Handel über das Web erst in den Anfängen steht.
Ein Analyst beschrieb die Lage so: "Denen kann es also egal sein, wer sich im E-Commerce durchsetzt. Intershop verkauft sozusagen die Hacken und Schaufeln, mit denen die Goldgräber nach den Nuggets buddeln." Leider ist die Rechnung durch die schwache Gesamtmarktverfassung noch nicht ganz aufgegangen.
Kunden
In 1999 und 2000 wurde die Kundenbasis auf über 3.000 ausgeweitet. Als Kunden konnten internationale Blue - Chips wie Hewlett-Packard, Robert Bosch,, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Museum of Modern Art, Lufthansa, QXL sowie führende Commerce Service Provider und Application Service Provider wie NTL, Nextron, Nortel Network, Go2Net, Mindspring, AltaVista, PSINet, Deutsche Telekom, France Télécom gewonnen werden.
Es wurden in 2000 auch viele neue Vertriebspartnerschaften eingegangen, darunter führende Systemintegratoren wie PriceWaterhouseCoopers, Debis IT Services, Cap Gemini und Andersen Consulting, sowie Multimedia-Agenturen wie Icon Medialab.
Weiter wurde der Ausbau der Partnerschaften mit Anbietern von Online-Marktplätzen wie mySAP.com, CommerceOne und Ariba, mit Hardwareherstellern wie Compaq und Fujitsu Siemens Computer, und Technologieanbietern wie Interwooven forciert.
Die sehr starke Nachfrage im E-Commerce-Bereich hat dazu geführt, daß Intershop in den letzten Monaten in der Asien-Pazifik-Region zusätzlich zu den Niederlassungen in Hongkong und Sydney, Standorte in Singapur, Seoul, Taipei und Tokio eröffnet hat. Wichtige Kunden sind hier z.B. Lane Crawford, eines der größten Kaufhäuser in Hongkong oder Seednet, einen der größten Internet-Service-Provider dort, die auf der Einkaufsplattform My2020 ebenfalls auf Intershop-Technologie setzen.
Zahlen
Intershop schockte mit einer Gewinnwarnung Anfang Januar seine Anleger.
Das Jenaer Unternehmen setzte im vierten Quartal 2000 mit 30,2 Millionen Euro zwar rund 56 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode um. Gegenüber dem dritten Quartal 2000 sank allerdings der Umsatz um 14 Prozent. Im Gesamtjahr stieg der Umsatz um 166 Prozent von 46,3 auf 123 Millionen Euro.
Der Nettoverlust weitete sich in den letzten drei Monaten des Jahres 2000 im Vergleich zum Vorjahresperiode von 7,4 auf 32,5 Millionen Euro aus, was einem Verlust je Aktie von 0,38 Euro (Vorjahr: -0,09 Euro) entspreche, teilte das Softwarehaus mit. Im Gesamtjahr hat sich der Nettoverlust von 18,4 auf 39,3 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Der Verlust je Aktie kletterte im Jahr 2000 von 0,23 auf 0,47 Euro.
Im laufenden Geschäftsjahr will das Unternehmen 140 bis 160 Millionen Euro umsetzen. Der Verlust soll in etwa auf dem Niveau des Jahres 2000 verharren.
Gründe für die Probleme
Im vierten Quartal hat sich für Intershop gezeigt, daß es schwierig ist, als nicht-amerikanischer Anbieter auf dem US-Markt erfolgreich zu sein. Im Zweifelsfall hatten sich die Firmen beim Kauf der Produkte für amerikanische Unternehmen entschieden. Hinzu kam die konjunkturelle Entwicklung in den USA. Sie hat dazu geführt, daß viele Investitions-Entscheidungen in Softwareprodukten länger gedauert haben oder noch einmal überdacht wurden.
Die IT-Budgets der Firmen im Bereich von Intershop gehen momentan stark zurück; das zeigen die Marktanalysen der Banken. Investitions-Entscheidungen werden deshalb gerade für den E-Commerce-Sektor zurückgestellt,. Die Planungen für den gesamten Markt sind also für Intershop nicht aufgegangen.
Außerdem hatte es das Unternehmen nicht rechtzeitg geschafft, ein Vertriebspartner-Netzwerk aufzubauen. Das hatte auch mit dem neuen Produkt Enfinity zu tun. Dafür sind völlig andere Vertriebs- und Integrationspartner gefragt als bei den vorherigen Produkten. Dafür ein Netzwerk aufzubauen, dauert eine Weile und kostet Geld. In Europa herrschte aufgrund der starken Position von Intershop sehr viel Interesse auf Seiten der Integrationspartner. In den USA war das schwieriger, da erst Referenzkunden vorzuweisen waren. Zwar wurde ein großes und teueres Marketingprogramm gestartet das Intershop bekanntmachen sollte, aber laut Aussage des Finanzvorstandes ist diese zu spät gekommen und war auch nicht gezielt genug.
Bewertung
Intershop ist ohne Zweifel ein global agierendes Unternehmen das seine guten Softwareprodukte in ca. 70 Ländern vertreibt. Die Produktpalette reicht von preiswerten Einstiegsversionen wie "ePages" bis zur leistungsstarken, java-basierten High-End-Lösung "enfinity" für Global-Unternehmen.
Zu den Kooperationspartnern von Intershop gehören renommierte Adressen, die die internationale Marktposition nachhaltig stärken. Am Beispiel von Intershop kann man allerdings sehen, dass es nicht alleine auf die Produktqualitäten ankommt. Für den Erfolg sind vielmehr auch die Vertriebswege entscheidend und da hatte es bei den Jenaern gehakt.
Wir sehen den Stellenabbau in den USA auch kritisch, da Intershop sich damit vom strategisch wichtigen US-Markt im B2C-Bereich zurückzieht, die Vereinigten Staaten aber Hauptmarkt bleiben sollen.
Das Unternehmen will sich aber künftig auf einen enger definierten Markt konzentrieren: Zulieferer im Business-to-Business. Dieser Markt ist laut Aussage des Unternehmens viel besser adressierbar als der Gesamt-Markt. Die Kunden sind bekannt. Intershop arbeitet dort mit Commerce One und Marktplatz-Betreibern zusammen; also kennen sie Lieferanten dieser Marktplatz-Betreiber. Die können gezielt angesprochen. So kann Intershop die Marketing - Ausgaben viel besser einsetzen, als sie in einem breiten Markt zu streuen.
Außerdem möchte Intershop seine Produktstrategie ändern. Für die Produktlinie Intershop4 wird nun doch kein Nachfolger auf den Markt gebracht,
Die Funktionalitäten von Intershop5, dem ursprünglichen Nachfolgemodell, würden stattdessen in der Plattform Enfinity integriert werden. Die Betreuung von Intershop4 werde aber weiterhin erfolgen, hieß es.
Der Vorteil dieser Strategie besteht darin, daß die gesamte Produktpalette dann nur noch auf einer Technologie basiert. Dadurch könnten Kosten auf der Entwicklungsseite eingespart werden.
Wir erwarten für Intershop keine signifikante Erholung im ersten Quartal. Intershops erstes Quartal wird erheblich durch Restrukturierungsmaßnahmen belastet sein.
Nun kommt noch eine Klage aus den USA und eine Sammelklage aus Deutschland dazu, daß das Unternehmen offensichtlich den Geschäftsverlauf und die Marktpositionierung falsch dargestellt habe. In den USA sind die juristischen Möglichkeiten gegen Unternehmen deutlich mächtiger als dies in Deutschland bis dato der Fall sei. Dies kann für die Jeanaer unangenehme Folgen haben.
Dies ist aber in den derzeitigen Börsenkursen unserer Meinung nach eingepreist. Mit aktuell 6,90 Euro ist die Aktie nur noch etwa 5 % der ursprünglichen Höchstkurse von 139 Euro wert, notiert aber noch etwa 100 Prozent über dem damaligen Emissionskurs.
Solange jedoch das Unternehmen die positiven Effekte und die Effizienz der Umstrukturierungsmaßnahmen nicht unter Beweis gestellt hat, raten wir vom Kauf der Aktie aufgrund der unabwägbaren Risiken ab.
H.S.
Nachdruck (auch auszugsweise), kommerzielle Weiterverbreitung und Aufnahme in kommerzielle Datenbanken nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.
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