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19:24 Uhr, 03.05.2001

Internets: Die EBITDA-Sucht ist ausgebrochen

Das Forbes Magazin schreibt in einem aktuellen Artikel über die wachsende Beliebtheit dieses Artikels in den Bilanzen der Internet-Unternehmen.

EBITDA steht für "Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization", was zu deutsch soviel bedeutet wie "Gewinn vor Abzug von Zinsaufwand, Steuern, Abschreinungen und Tilgungszahlungen".

Die Zerstörung der Tech-Aktien in den letzten Monaten lässt die Bosse dieser Unternehmen darüber nachdenken, welche Angaben sie in "pro forma" Bilanzen machen sollen und welche besser nicht.

Im letzten Jahr beinhalteten die Quartalsergebnisse der Internet-Unternehmen im Durchschnitt zu 16% eine Angabe über das EBITDA, in diesem Jahr liegt diese Ziffer bei 24%, und mehr als die Hälfte der Unternehmen muss noch seine Quartalsberichte vorlegen.

Das mit Schulden beladene Internet-Unternehmen Beyond.com wieß beispielsweise im März einen Verlust von $5.7 Mio. auf EBITDA-Basis aus, dies exkludierte $1.4 Mio. an Zinsaufwendungen. Die $1.4 Mio. entsprechen 20%. Im letzten Jahr, als die Zinszahlungen nur 2% ausmachten, wurde die EBITDA-Kennzahl nicht angegeben.

Wie die "pro forma" Erklärungen, ist auch EBITDA kein Bilanzierungs-Standard. Doch während der Boyout-Manie in den 80er Jahren wurde diese Kennzahl ein nützlicher Performance-Indikator für Telekom, Kabel- und große Medienunternehmen.

"Pro Forma" und EBITDA sind in der Hinsicht gleich, dass beide Gegenstände nicht beinhalten, welche als "non-cash" betrachtet werden. Solche Gegenstände sind zum Beispiel Abschreibungen auf den Goodwill, welcher bei Akquisitionen gezahlt wird oder Zahlungen, welche in Aktien getätigt werden. Der Hauptunterschied ist, dass das "pro Forma" Ergebnis für gewöhnlich Zinsen und Gewinne aus Investments beinhaltet.

Eine weitere Tatsache liegt nahe: Als die Dot.Com-Unternehmen mit Barbeständen überhäuft waren, wie Beyond.com vor einem Jahr, hätte das EBITDA die hohen Zinserträge nicht ausgewiesen, welches die Verluste optisch erhöht hätte. Aktuell, wo Zinserträge minimal sind und nennenswerte Gewinne aus Investments fast der Vergangenheit angehören, macht es diese Tatsache den Bossen der Inets leichter, den "anderen" Gewinn zu vernachlässigen und für kosmetische Zwecke das EBITDA zu verwenden.

Aufgrund der hohen Investments bei Telekom-Unternehmen, welche hohe Abschreibungen mit sich tragen, macht hier das EBITDA auf jeden Fall Sinn, da die hohen Abschreibungs-Aufwendungen für Jahre den Gewinn schmälern würden. Doch Internet-Unternehmen machen keine derart hohen Investments wie dies Medien, Kabel- und Telekom-Unternehmen regulär praktizieren.

Das Forbes Magazine zeichnet Prodigy Communications mit dem "EBITDA Award aus". Im Quartalsergebnis zum ersten Quartal berichtete das Unternehmen "Prodigy berichtet ein positives EBITDA das erste Mal in der Unternehmensgeschichte".

Unter den Gegenständen, welche sich unter den Term "vor Abzug" im EBITDA in Höhe von $10.5 Mio. gesellten, waren $12.8 Mio. an Marketing-Kosten. Eine solche Angabe verzerrt die wahren Verhältnisse eines Unternehmens enorm. Die Marketing-Kosten eingerechnet, lag das EBITDA bei $2.3 Mio. im roten Bereich.

Satelitten- und Festnetz-Telekom-Unternehmen weißen für gewöhnlich beide Ziffern aus, ein EBITDA ohne und ein EBITDA mit Einrechnung solcher Marketing-Kosten. Dies gibt Aufschluss über die finanzielle Performance der Netzwerk-Operationen. Doch solche Unternehmen basieren nicht ihre gesamten Präsentationen auf einer Zahl. Darüber hinaus besitzt Prodigy Communications kein eigenes Netzwerk, sondern kauft Kapazitäten von SBC Communications oder McLeodUSA.

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