Kommentar
09:46 Uhr, 28.11.2014

ING IM erwartet 2015 nachhaltigeres Wachstum der Weltwirtschaft

Die weltwirtschaftlichen Perspektiven werden vor allem von Ungleichgewichten, die aus der Vergangenheit resultieren, sowie von der Ungewissheit über das zukünftige Wachstumspotenzial belastet. Das sagte Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Multi Asset bei ING Investment Management, auf seiner Outlook-Konferenz, die am Donnerstag, den 27. November 2014, in Frankfurt stattfand. Allerdings verringern sich derzeit die konjunkturbremsenden Faktoren infolge des öffentlichen und privaten Schuldenabbaus. An den Arbeitsmärkten zeichnet sich bereits Entspannung auf breiter Front ab. Gemeinsam mit dem aktuellen Rückgang der Ölpreise könnte dies das globale Wachstum im kommenden Jahr wieder beschleunigen.

Ferner geht ING IM davon aus, dass die Unternehmen in den etablierten Märkte wieder zuversichtlicher werden: Der Fokus dürfte sich vor allem in den USA und Japan vom Schuldenabbau weg hin zu Fusionen und Übernahmen sowie weiterer Investitionstätigkeit verlagern. Ob auch Europa im kommenden Jahr wieder auf Investitionen setzen wird, hängt zum Teil von der politischen Bereitschaft ab, die veraltete Infrastruktur in der Region zu erneuern. Sofern dies gelingt, kann dies eine Reihe öffentlich-privater Vorhaben anstoßen.

Die Asset Management-Gesellschaft erwartet zudem eine anhaltende konjunkturelle Verlangsamung in den Schwellenmärkten. Reformwillige Länder, die bereit sind, ihre Corporate Governance zu verbessern, könnten indes ihr Wachstumspotenzial erneuern. Dennoch werden Emerging Markets auch weiterhin mit Hürden konfrontiert, sowohl am Weltmarkt als auch im jeweiligen Inland. Für Emerging Markets-Investoren zeigt China wegen der schwelenden Ungewissheit im Hinblick auf seinen Immobilienmarkt und dem Bankensektor den größten Grund zur Sorge.

Risikoreiche Assets bleiben attraktiv
Nach Einschätzung von ING IM werden Aktien und Immobilien im kommenden Jahr am besten abschneiden. Im Zuge der geldpolitischen Straffung durch die Fed dürften die Zinsen in den USA leicht steigen. In Deutschland und Japan soll sich ein gewisser Aufwärtsdruck auf die Anleiherenditen bemerkbar machen.

Van Nieuwenhuijzen kommentiert den Ausblick so: „Zwar belasten auch im Jahr 2015 weltweite Ungleichgewichte Wachstum und Anlegervertrauen, doch werden unkonventionelle Zentralbankmaßnahmen weiter für auskömmliche Liquidität sorgen. Sowohl die amerikanische als auch die japanische Wirtschaft werden voraussichtlich überdurchschnittlich wachsen. Durch die von der Bank of Japan betriebene quantitative Lockerung dürfte auch der japanische Aktienmarkt zusätzlichen Schwung erhalten. Japan bleibt unser präferierter Markt. Die Probleme der Eurozone werden sich zwar auch 2015 nicht abschließend lösen lassen, doch die Aktienmärkte bieten weiterhin attraktive Renditen. Zweifelsohne werden die Sorgen um die konjunkturelle Abkühlung in China und die Deflation in Europa die Anlegerstimmung dämpfen. Bei ING IM bleiben wir indes optimistisch, da die Industrieländer nun die nachhaltigste Erholung seit der Krise aufweisen. Auch die Risikoaufschläge bleiben interessant.“

Nach Auffassung von ING IM ist die Angst vor Blasen übertrieben. Überzogene Bewertungen sind eigentlich nur bei Spread-Produkten im Fixed-Income-Segment zu finden. Doch geringes Nominalwachstum und alternde Bevölkerungen treiben – bei gleichzeitig geringen Ausfallerwartungen – unter Anlegern die Jagd nach Renditen an. Andere Marktsegmente, wie beispielsweise Staatsanleihen, Immobilien oder Aktien, bieten nach wie vor Risikoaufschläge, die um den bzw. über dem langfristigen Durchschnitt liegen. Anfang 2015 wird eine Belebung der weltweiten Wachstumsdynamik risikoreiche Assets begünstigen.

Aktienmärkte weniger auf USA fokussiert

ING IM geht davon aus, dass Unternehmen aus der Eurozone und Japan amerikanischen Unternehmen in 2015 den Rang beim Gewinnwachstum ablaufen werden. Während die Gewinne in den USA langsamer steigen, werden sie ihr Wachstum in der Eurozone und Japan beschleunigen.

Dazu Van Nieuwenhuijzen: „Aufgrund des rückläufigen Gewinnwachstums sowie der geldpolitischen Straffung erwarten wir im nächsten Jahr einen weniger auf die USA fokussierten Aktienmarkt. In der Eurozone und Japan werden Aktien dagegen von der anhaltend lockeren Geldpolitik profitieren. Nicht zuletzt werden auch positive Wechselkurseffekte die Wachstumsaussichten verbessern. Allgemein verfügen die Unternehmen über ausreichend Liquidität, doch wir beobachten auch zunehmende Bewertungsunterschiede zwischen den Aktienmärkten der verschiedenen Regionen. Japan ist sozusagen unser Lieblingsmarkt, denn hier besteht ein besonders günstiges Verhältnis zwischen Bewertung und Wachstum. Die Bewertungen von US-Aktien sind eher teuer, es gibt aber keine Hinweise auf eine Blasenbildung. Weitere Aktienrückkäufe in den USA würden die geringeren Gewinnzuwächse zum Teil sogar ausgleichen.“

„Das Wohl und Wehe der Eurozone hängt wiederum davon ab, inwieweit die politisch Verantwortlichen mit ihren Maßnahmen Erfolg haben. In jedem Fall weist die Region auskömmliche Dividendenrenditen und Wachstumsraten auf. Der Ertragszyklus sowie die geldpolitischen Zyklen stützen die Bewertungen in der Eurozone und Japan“, ergänzt der Experte.

China bleibt größte Sorge an den Emerging Markets

Nach Ansicht von ING IM werden sich die Schwellenländer im kommenden Jahr erheblichen Hürden gegenüber sehen, vor allem wegen der bevorstehenden Abkühlung der chinesischen Wirtschaft. Aufgrund der Handelsverflechtungen wird dies in erster Linie andere Emerging Markets betreffen. Hinzu kommt, dass die geldpolitische Normalisierung in den USA den Kapitalstrom in die Schwellenländer zusätzlich belasten wird. Dabei werden konjunkturelle Dynamik und Markt-Performance der einzelnen Schwellenländer von ihrer Reformfähigkeit abhängen.

Van Nieuwenhuijzen erklärt dazu: „Das Wachstum in den Schwellenländern steht weiter unter Druck, trotz höherer Nachfrage aus den etablierten Märkten. Was die weitere Entwicklung betrifft, bestehen im Wesentlichen zwei globale Risiken: die Verlangsamung des Wachstums in China und die Normalisierung der US-Geldpolitik, die die Kapitalflüsse in die Emerging Markets weiter belasten wird. Daneben haben wir auch drei hausgemachte Problemfelder festgestellt: eine rapide Zunahme der Verschuldung und die daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte und systemischen Schwächen, anhaltend schwierige Finanzierungsbedingungen in den Emerging Markets sowie ein schlechtes Investitionsklima und nachlassende Wettbewerbsfähigkeit. Ohne Reformen werden weitere Abwertungen der jeweiligen Landeswährungen erforderlich sein, um Makro-Verzerrungen zu verringern und das Wachstum anzukurbeln.“

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