Kommentar
14:18 Uhr, 30.10.2012

Inflation - Die Urangst der Deutschen

Geld anlegen war streng genommen noch nie eine leichte Angelegenheit. Man hat es sich nur früher leicht gemacht. Lebensversicherung, Sparbuch, Tagesgeld & Co. Irgendwie war alles „sicher“. Heute macht sich jeder Sorgen, natürlich nicht zu Unrecht. Vor allem die Inflation macht den Deutschen zu schaffen, in unserem kollektiven Wirtschafts-Genom sind die Erfahrungen unser Vorfahren mit Hyperinflation und Währungsreform fest eingewebt.

Bemerkenswert ist, dass die Inflationsangst wohl seit Gründung der BRD nie so groß war wie jetzt, obwohl über weite Teile des Bestehens der Republik die Inflationsrate deutlich höher lag als heute. Der Deutschen Lieblings-Altkanzler Helmut Schmidt trumpfte gegen Ende seiner Regierungszeit Anfang der 80er Jahre mit der Bemerkung auf, ihm seien 5% Inflation lieber als 5% Arbeitslosigkeit. Gesagt, getan, es war dem Sozialdemokraten ein Leichtes. Sehen Sie sich bitte folgende Grafik an

Man kann anhand dieser Daten sicherlich nicht behaupten, dass zu Zeiten der guten alten DM die Preise stabiler waren als heute im Euro-Regime. Allerdings gibt es gewichtige Faktoren, die heute viel stärker als früher preisdämpfend wirken und die direkte Vergleichbarkeit mit der Nachkriegszeit bis zur Etablierung des EWS (Europäisches Währungssystem) erschweren.

In ihrer preis-deflatorischen Bedeutung kaum zu überschätzen ist die Globalisierung. Die kaum mehr rückgängig machbare weltweite Konkurrenz der Hersteller ist DER entscheidende Faktor, welcher die Güter-Preise einigermaßen am Boden hält. Hinzu kommt die Unterhaltungselektronik und Computerindustrie, deren Anteil am inflationsmessenden Warenkorb stetig zugenommen hat. In diesem Bereich herrscht Dauer-Deflation. Die Geräte werden gleichzeitig besser und leistungsfähiger.

Insbesondere der Globalisierungs-Effekt ist zwar immer noch deutlich spürbar, aber eine Abflachung ist nicht zu leugnen. Der Grund ist schnell gefunden: Es gibt immer weniger extreme Billigländer, die Lohnentwicklung in der Werkbank der Welt, China, weist steil nach oben. Ein neues, noch billigeres China kann man sich aber so einfach nicht schnitzen, gleichzeitig steigt die Zahl der Aufsteiger in den Mittelstand in den bisherigen Entwicklungsländern dramatisch an. Natürlich wollen alle konsumieren, und das ist auch ihr gutes Recht. Das erzeugt tendenziell Preisdruck.

Nicht unterschätzen sollte man aber den technologischen Fortschritt, der die weltweit steigenden Löhne kompensieren könnte. Neue Produktionsmethoden, neue Werkstoffe, neue Produkte: Es geht eigentlich immer munter weiter, so lange wir einigermaßen freie Märkte haben, die kreativen und ehrgeizigen Köpfen Raum zur Entfaltung bieten. Man muss diesen Punkt immer wieder betonen, denn die Tendenz, freie Märkte nicht mehr als große Chance sondern als Risiko zu sehen, breitet sich leider wie ein tödlicher Virus aus. Es gibt aber überhaupt keine einzige größere Gefahr für den kollektiven Wohlstand der Menschen als die Rückkehr des Sozialismus. Leider bietet die Finanzkrise den Anhängern dieser grausamen Ideologie genug Täuschungsmöglichkeiten, um verängstige Bürger einzuschüchtern.

Ihr

Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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